Wirecard-Pleite: Wie geht es für die Bank- und boon-Kunden nun weiter?
Update vom 26. Juni 2020 um 12:25 Uhr: Die britische Financial Conduct Authority hat Auflagen gegen den boon.-Betreiber Wirecard Card Solutions Limited erlassen, die für Kunden des Unternehmens Auswirkungen haben. So wurde verfügt, dass die Wirecard Card Solutions Limited keine Vermögenswerte oder Gelder veräußern dürfe, keine regulierten Tätigkeiten ausüben dürfe sowie auf ihrer Website eine Erklärung abgeben und den Kunden mitteilen müsse, dass es nicht mehr erlaubt sei, regulierte Aktivitäten durchzuführen, wie die Financial Conduct Authority mitteilt.
Die Wirecard-Pleite hat nicht nur an der Börse für einen Kurssturz der Wirecard Aktie gesorgt, sondern hinterlässt auch bei privaten Kunden des Finanzkonzerns große Unsicherheit. Für viele Bankkunden der Wirecard-Gruppe ist nun vor allem die Frage nach der Sicherheit ihrer Guthaben von Interesse. „Die Wirecard Bank AG ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens der Wirecard AG. Die BaFin hat für die Wirecard Bank AG bereits einen Sonderbeauftragten eingesetzt. Die Freigabeprozesse für alle Zahlungen der Bank werden zukünftig ausschließlich innerhalb der Bank und nicht mehr auf Gruppenebene liegen”, teilt Wirecard am Donnerstagnachmittag mit.
Laut Neunmonatsbericht hatte Wirecard mehr als 1,7 Milliarden Euro an Kundeneinlagen akquiriert, unter anderem mit Zinsversprechen von vergleichsweise hohen 0,75 Prozent auf Kontoguthaben bis zu 10.000 Euro. Die Wirecard Bank („boon.planet”) ist durch die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken geschützt, das Schutzvolumen beträgt bis zu 100.000 Euro pro Einleger. Zusätzlich besteht Schutz über den Einlagensicherungsfonds der privaten Banken.
Auffällig und wenig verständlich: Auf der boon-Internetseite ist zum aktuellen Zeitpunkt bisher keinerlei Hinweis auf die Insolvenz der Konzernmutter Wirecard und daraus möglicherweise doch noch folgender Probleme zu sehen. Auf den diversen Social-Media-Accounts von boon herrscht seit dem 15. Juni zudem komplette Funkstille.
Am heutigen Nachmittag hatte Wirecard zusätzliche Informationen zum heute morgen bereits gemeldeten Insolvenzantrag vorgelegt. Bei den Verhandlungen um fällige Kredite mit einem Bankenkonsortium, dem unter anderem die Commerzbank und die Deutsche Bank angehören, gab es bisher keine Einigung. Am 30. Juni wären demnach 800 Millionen Euro fällig geworden, einen Tag später weitere 500 Millionen Euro. „Der Vorstand ist zu der Überzeugung gelangt, dass in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit eine positive Going Concern Prognose nicht gestellt werden kann. Damit ist die Fortführbarkeit des Unternehmens nicht sichergestellt”, so Wirecard. Das Unternehmen sieht sich als überschuldet und mit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit konfrontiert an. Es könnten weitere Gesellschaften der Wirecard-Gruppe folgen - und damit unter anderem auch für Wirecard Card Solutions Ltd, die „boon.” gemäß der Lizenz von Mastercard International herausgibt: „Es wird geprüft, ob auch Insolvenzanträge für Tochtergesellschaften der Wirecard-Gruppe gestellt werden müssen”, so das Unternehmen.