Wirecard Aktie: Hammer-Wende im „Fall Financial Times”?
Eine der erstaunlichen Begleiterscheinungen im Fall „Wirecard gegen Financial Times” waren die Verkaufswellen, die mit auffälliger zeitlicher Genauigkeit mit den sehr kritischen Berichten der britischen Zeitung zusammen fielen - wir berichteten dies bereits. Nun könnte der Fall eine dramatische Wende nehmen: Laut einem heute veröffentlichten Bericht der „Frankfurter Allgemeine Zeitung” sollen Shortseller vorab über die bevorstehenden Berichte der „Financial Times” zu Wirecard informiert gewesen sein.
Die FAZ beruft sich bei dem Bericht auf Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft. Demnach solle eine Zeuge zugegeben haben, vorab informiert worden zu sein, wann die „Financial Times” Berichte über Wirecard publizieren würde. Von den Ermittlungsbehörden gibt es keinen weiteren Kommentar zu dem Bericht. Wirecard selbst hatte Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Verdachts der Kursmanipulation gestellt.
Interessant in diesem Zusammenhang: Schon früher wurden von FT-Journalist Dan McCrum auf dem FT-Blog „ftalphaville” belastende Berichte über Wirecard veröffentlicht, die aber allesamt im Sande verliefen - die Vorwürfe wurden niemals bestätigt.
Zuvor bestimmten im Handel am Mittwoch Schlagzeilen zu Sammelklagen in den USA gegen Wirecard das Bild. Anwaltskanzleien suchen offenbar Investoren, die Schadenersatz aufgrund von Verstößen gegen Börsengesetze einklagen wollen. In den USA ruft zum Beispiel die Anwaltskanzlei Hagens Berman Sobol Shapiro Anleger auf, sich bei ihr zu melden. Voraussetzung: Man habe Wirecard Aktien zwischen dem 1. April 2018 und dem 1. Februar 2019 erworben und damit Verluste erlitten. Bei dem Aufruf bezieht sich die Anwaltskanzlei auf die jüngsten Berichte in der „Financial Times”. Grundlage scheint eine vor dem U.S. District Court for the Central District of California eingereichte Klage zu sein.
Wir hatten heute Morgen bereits berichtet, dass eine solche Entwicklung erstaunlich ist angesichts der Tatsache, dass derzeit nicht einmal klar ist, ob die reihenweise in der „Financial Times” erhobenen Vorwürfe von Unregelmäßigkeiten im Asien-Geschäft überhaupt zutreffend sind. In Singapur laufen die Ermittlungen der Polizei, zuletzt wurden Büroräume des DAX-notierten Unternehmens durchsucht, Ergebnisse gibt es bisher keine. Wirecard selbst hat die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen, unter anderem in einer eigens hierfür einberufenen Telefonkonferenz in der vergangenen Woche.
Wirecard selbst sieht auch keine Grundlagen für solche Sammelklagen, wie die Nachrichtenagentur dpa-AFX im Tagesverlauf berichtet. „Da die Vorwürfe keine Grundlage haben, gibt es auch keine Grundlage für potenzielle Klagen in dieser Angelegenheit”, zitiert die Nachrichtenagentur einen nicht namentlich genannten Sprecher.
Die Wirecard Aktie hat den heutigen XETRA-Handel bei 96,88 Euro mit fast 5 Prozent im Minus beendet. Aktuelle Indikationen liegen um 98 Euro.