US-Notenbank: Auf die Kunst der rechtzeitigen Reaktion wird es ankommen! - Nord LB
Die gestrige Sitzung der Federal Reserve wurde angesichts aufgehellter Konjunkturerwartungen, gestiegener Inflationssorgen und höherer Zinsen mit Spannung erwartet. Die US-Notenbanker halten ihre expansiven Maßnahmen dennoch bei. Davon war ausgegangen worden. So blieben die obere Bandbreite der Target Rate bei 0,25% und die Anleiheaufkäufe bei monatlich USD 120 Mrd.
Im FOMC-Statement gab es die erwarteten Anpassungen: Wurde noch im Januar angegeben, dass der „Erholungsprozess in den letzten Monaten etwas langsamer ausgefallen“ sei, wurde nun angemerkt, dass „nach einer Phase einer geringeren Erholung die Konjunkturindikatoren zuletzt wieder stärker aufwärts zeigten“. Allerdings seien „Sektoren, die besonders von der Pandemie betroffen sind, weiter schwach“. Ansonsten blieb es bei den erst im Dezember adjustierten Aussagen, dass die Wertpapierkäufe im Umfang von monatlich USD 120 Mrd. fortgesetzt würden, „bis substanzielle weitere Fortschritte" auf dem Weg zu Vollbeschäftigung und Preisstabilität erreicht seien.
Im Fokus standen wieder die Projektionen – hierbei vor allem jene zu der Fed Funds Target Rate. Auffallend war vor allem, dass nun sieben Mitglieder (Dezember: fünf Mitglieder) von einer Zinsanhebung bereits in 2023 ausgehen, was den Median aber bei unveränderten 0,25% beließ. Für bereits 2022 tendieren vier Mitglieder (bisher zwei) für eine straffere Zinspolitik. Die Notenbanker unterlassen damit, einen ersten kleinen Schritt beim Signalling einer Veränderung der Zinspolitik zu vollziehen, wohingegen am Markt bereits Zinsanhebungen zumindest in 2023 eingepreist sind. Immerhin hat die Notenbank ihre Projektionen für die Inflationsrate (PCE) für 2021 von 1,8% auf 2,4% angepasst – danach erwartet sie diese aber bei der unbedenklichen 2%-Marke. Das erklärt auch ihre abwartende Haltung bei den Zinsaussichten! Die Projektionen für das BIP-Wachstum in 2021 wurden von 4,2% auf 6,5%, für die Arbeitslosenquote von 5,0% auf 4,5% angepasst.
In der Pressekonferenz betonte Jerome Powell, dass die Zinsen erst dann angehoben würden, wenn sich die US-Wirtschaft vollständig von der Pandemie erholt zeige. Allein eine Aufhellung in den Prognosen erlaube keineswegs ein Handeln! Derzeit werde nicht einmal nachgedacht über Zinsanhebungen nachzudenken! Falls es kurzfristig im Rahmen der Wiederöffnung der Wirtschaft zu einem Anstieg der Inflationszahlen komme, werde die Federal Reserve dies als vorübergehendes Phänomen ansehen. Zum staatlichen Ausgabenpaket hielt er sich bedeckt. Offenbar will die Fed jede Unsicherheit in der Öffentlichkeit über einen potentiellen restriktiveren Schwenk der Notenbank vermeiden, um nicht die nun vorhandene Chance einer wirtschaftlichen Erholung noch zu gefährden. Damit riskiert sie (kurzfristig), hinter der Kurve zu geraten. Das Risiko geht sie ein!
Heute Morgen zog die Rendite 10J US-Treasuries mit über 1,70% auf den höchsten Stand seit Januar 2020 an. Zu diesem (Markt-)Thema hielt sich die Federal Reserve reserviert. Sie muss die Risiken einerseits einer unterlassenen Wirtschaftshilfe sowie andererseits einer überzogenen expansiven Geldpolitik eingehen und jederzeit im Blick behalten. Rechtzeitig richtig zu reagieren wird die Kunst sein! Zunächst einmal wird sie unverändert eine sehr expansive Geldpolitik verfolgen. Ein Tapering ist unseres Erachtens frühestens in 2022 angesagt – die Diskussionen darüber könnten aber je nach Konjunkturverlauf natürlich auch bereits im 2. Halbjahr 2021 an Fahrt aufnehmen.
Fazit: Auch nach ihrer gestrigen Sitzung hält die Federal Reserve ihre expansiven Maßnahmen komplett bei. Davon war auszugehen. So blieben die obere Bandbreite der Target Rate bei 0,25% und die Anleiheaufkäufe bei monatlich USD 120 Mrd. Die Zinsen würden erst dann angehoben, wenn sich die US-Wirtschaft vollständig von der Pandemie erholt zeige. Zwar wurden die Wachstumsprojektionen für 2021 auf 6,5% angehoben, dennoch geht das FOMC (im Median) weiterhin davon aus, dass die erste Zinsanhebung erst in 2024 ansteht. Allein eine Aufhellung in den Prognosen erlaube keineswegs ein Handeln! Über eine temporär höhere Inflationsrate im Zuge einer Wiedereröffnung der Wirtschaft werde hinweggesehen. Ein Tapering dürfte frühestens in 2022 angesagt sein – die Diskussionen darüber könnten aber unseres Erachtens je nach Konjunkturverlauf bereits im 2. Halbjahr 2021 beginnen.