DAX: Wetten auf den Handelsdeal zwischen Washington und Peking - Nord LB Kolumne
Mit der jüngsten Eskalation des Handelskonfliktes zwischen den USA und China sind die Kurse an den internationalen Aktienmärkten zwischenzeitlich deutlicher unter Druck geraten. Es kam zwar nicht zum Crash, dennoch muss wohl schon von einer recht nachhaltigen Schwäche gesprochen werden. Im Rahmen der globalen Abwärtsbewegung der Preise von Dividendenpapieren ist der deutsche Leitindex DAX sogar unter die psychologisch wichtige Marke von 12.000 Punkten gefallen. Presseberichte, die in Richtung einer Verschiebung der Einführung von neuen US-Zöllen auf Kraftfahrzeuge aus der EU deuten, sind an der Börse dann gestern regelrecht gefeiert worden. Offenbar will Donald Trump die Entscheidung über die zusätzlichen Abgaben um bis zu sechs Monate nach hinten verschieben. Diese Meldung war nicht nur hilfreich für die deutsche Automobilindustrie – sie hat auch den DAX gestern beflügelt – und wieder über die „magische“ Schwelle von 12.000 Zählern springen lassen.
Der durch die Gnadenfrist für die EU-Automobilindustrie ausgelöste neue Optimismus an den Aktienmärkten ist unserer Auffassung nach durchaus begründet. Der Handelskonflikt zwischen Washington und Brüssel ist zunächst zwar nur verschoben (und damit noch nicht beigelegt), die jüngste Nachricht aus den USA hat aber auch Implikationen für die Gespräche der Vereinigten Staaten mit China. Ganz offenkundig scheut Donald Trump den Handelskrieg an zwei Fronten. Das Timing der sich nun abzeichnenden Verschiebung der Einführung der neuen Autozölle zeigt somit an, dass der US-Präsident im Konflikt zwischen Peking und Washington auf eine recht zügige Einigung zu hoffen scheint. Dieses Faktum spricht für mehr Risikofreude bei den Investoren und ist damit ohne jeden Zweifel positiv für die Asset-Klasse Aktien.
Die Finanzmärkte werden nun mit besonderem Interesse auf die Gespräche der USA mit China zu blicken haben. Ein wichtiger Punkt wird in diesem Kontext die noch anzuberaumende Reise von US-Finanzminister Steven Mnuchin nach Peking sein. Aufgrund der jüngsten Entwicklungen dürfte „der Deal“ nun aber wohl zunehmend zur Chefsache werden. In der Tat könnte der G20-Gipfel in Japan eine sehr geeignete Bühne für eine medienwirksame Einigung zwischen Donald Trump und Xi Jinping darstellen.
Fazit: Die internationalen Finanzmärkte setzen wieder verstärkt auf eine Einigung im Handelskonflikt zwischen Washington und Peking. Der DAX hat auf dieses veränderte Umfeld bereits angemessen reagiert. Deutsche Aktien sind damit nicht mehr übermäßig günstig bewertet. Kurzfristig kann ein Investment in die Asset-Klasse Dividendenpapiere als Wette auf einen konstruktiven US-Handelsdeal mit China allerdings schon noch attraktiv sein. Jedoch bestehen weiterhin große politische Risiken. So dürfte Washington nach einer Einigung mit Peking beginnen, Brüssel stärker ins Visier zu nehmen. Für ein Investment in Aktien spricht weiterhin vor allem das niedrige Zinsniveau. Die Rendite von deutschen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren ist weiterhin negativ. Auch aus der Perspektive von US-Investoren, die für den europäischen Aktienmarkt ebenfalls von großer Bedeutung ist, hat der Rentenmarkt an Attraktivität verloren. Die Verzinsung von US-Treasuries im Laufzeitbereich 10 Jahre hat sich zuletzt deutlicher von der Marke 3% entfernt. Angesichts des aktuellen Bewertungsniveaus werden renditehungrige Anleger perspektivisch aber auch nach Alternativen zur Aktie suchen müssen.