UMT: „Unser Fokus liegt auf angewandte künstliche Intelligenz in Unternehmen“
UMT will Abläufe in Unternehmen mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) spürbar verbessern. Das betont Vorstand Erik Nagel im Gespräch mit der Redaktion von 4investors.de. Im kommenden Jahr will Nagel die Kundenbasis klar erweitern, die Dynamik soll deutlich zulegen. Nagel erläutert in dem Interview, wer sein typischer Zielkunde ist und spricht über das millionenschwere Marktvolumen, das UMT bedienen kann. Das weitere geplante Wachstum wird ausführlich thematisiert, in diesem Zusammenhang dürfen die Aspekte Vertrieb und Support nicht fehlen. Angesprochen wird auch die internationale Aufstellung von UMT – nicht nur bei den Entwicklern.
4investors.de: Herr Nagel, UMT ist am deutschen Markt kaum mehr bekannt. Was machen sie?
Nagel: Wir arbeiten vor allem für kleine und mittlere Unternehmen und helfen ihnen, mit KI ihre Abläufe schneller, einfacher und sicherer zu machen. Konkret heißt das: Wir schauen uns Prozesse an, die heute viel manuelle Arbeit verursachen oder bei denen Entscheidungen unnötig kompliziert sind – und setzen dort an, um Aufwand und Risiken zu reduzieren.
Dafür analysieren wir gemeinsam mit dem Kunden die relevanten Abläufe und führen alle entscheidungsrelevanten Daten, Dokumente und Informationen zusammen, egal ob sie innerhalb oder außerhalb des Unternehmens liegen. Auf dieser Basis passen wir unsere Lösung, UMS Vision AI, gezielt an und messen die Leistung konsequent anhand klarer KPIs. So können wir manuelle Arbeit in vielen Fällen um bis zu 90 Prozent reduzieren oder Fehlerquoten deutlich senken.
Der Effekt ist, dass sich die Mitarbeiter unserer Kunden wieder auf Aufgaben konzentrieren können, die wirklich Wert schaffen. Uns ist dabei wichtig, dass wir uns immer am konkreten Nutzen für den Kunden orientieren. Wir verkaufen keine Tools, sondern fertige Ergebnisse. Abgerechnet wird über ein flexibles Abo-Modell, und aktuell konzentrieren wir uns mit unserem Angebot auf die DACH-Region und Großbritannien.
4investors.de: Lange Zeit war es sehr still um die Gesellschaft. Jetzt sah man sie wieder sowohl auf der MKK von GBC als auch auf dem Eigenkapitalforum. Fängt eine neue Zeitrechnung bei UMT an?
Nagel: Wir haben unsere Lösung gemeinsam mit mittelständischen Kunden entwickelt, weil es genau dort viele Tätigkeiten gibt, die für Unternehmen dieser Größe bisher kaum oder gar nicht automatisierbar waren. Dabei stehen kleine und mittlere Unternehmen im Kern vor denselben Herausforderungen wie große Konzerne: stark steigende Kosten, zunehmender Fachkräftemangel, mehr Bürokratie – und gleichzeitig sinkende Margen.
Was gesucht wird, sind deshalb Lösungen, die Abläufe spürbar verbessern oder Entscheidungen vereinfachen und sich trotzdem gut skalieren lassen. Genau dafür haben wir unsere Lösung aufgebaut und entwickeln sie kontinuierlich weiter. Unser Fokus liegt dabei ganz klar auf angewandter künstlicher Intelligenz in Unternehmen. Wir sind aktuell der einzige börsennotierte Anbieter in Deutschland, der sich ausschließlich auf KI konzentriert.
Wir haben heute eine funktionierende Plattform, einen sehr effektiven Vertrieb, eine wachsende Pipeline und ein Geschäftsmodell, das flexibel angelegt ist und langfristig viel Potenzial bietet. Darauf bauen wir jetzt Schritt für Schritt auf und treiben den weiteren Ausbau konsequent voran.
4investors.de: In München sagten sie auf der MKK-Konferenz, dass die bisherigen Rechtsrisiken nun beseitigt seien. Sind alle Streitigkeiten der Vergangenheit somit ad acta gelegt?
Nagel: Wir kommentieren aus nachvollziehbaren Gründen laufende Verfahren im Detail nicht. Allerdings ist festzustellen, dass der erkennende Senat des OLG München in seinem letzten, zweiten Hinweisbeschluss einen Weg aufgezeigt hat, der der Berufung der UMT AG zum Erfolg verhelfen könnte. In Anbetracht dessen haben sich die Chancen, im Berufungsverfahren zu obsiegen, deutlich verbessert.
4investors.de: KI, die Künstliche Intelligenz, ist bei vielen Unternehmen vor allem ein Buzzword. Wie sieht das bei UMT aus?
Wenn man das aus Sicht eines Unternehmens betrachtet, dann sorgt unsere Lösung für ziemlich spürbare Entlastung im Alltag – vor allem in Bereichen, die man bisher kaum oder nur sehr eingeschränkt automatisieren konnte. Und das ist am Ende auch ganz einfach zu rechnen: Wenn wir einem Unternehmen 350.000 Euro oder mehr pro Jahr an Aufwand abnehmen, dann zahlen sie auch ohne große Diskussion 5.000 Euro im Monat. Nicht, weil sie ‚KI kaufen wollen‘, sondern weil es sich wirtschaftlich rechnet. Und wenn so ein Prozess einmal sauber läuft, kommt meistens direkt die nächste Frage: Können wir das auch noch verbessern?
Genau da zeigt sich dann auch der Unterschied. Unternehmen, die bei KI nur an der Oberfläche bleiben, werden es auf Dauer schwer haben, wenn andere KI deutlich tiefer in ihre Abläufe integrieren. Wir vereinfachen keine Theorie, sondern reale Vorgänge. Wir verkaufen unseren Kunden kein Softwareprodukt, sondern immer ein Ergebnis. Das heißt: Wir zwingen niemandem eine starre Logik auf, sondern lösen jeweils ein ganz konkretes Problem und binden uns so in bestehende Prozesse, Daten und Systeme ein, dass es für dieses eine Unternehmen wirklich passt. Wir greifen dabei bewusst tief in die Struktur ein und werden Teil der Systemebene beim Kunden.
Unser eigentliches Kern-Know-how liegt darin, verschiedene KI-Sprachmodelle gezielt für bestimmte Aufgaben einzusetzen und diese Bausteine dann sinnvoll miteinander zu kombinieren. Die Modelle selbst sind für uns Werkzeuge – notwendig, aber nicht der entscheidende Punkt. Die eigentliche Intelligenz entsteht erst, wenn wir sie miteinander verbinden und mit unternehmensspezifischen Daten und proprietärem Wissen anreichern. Deshalb legen wir uns auch nie auf ein einzelnes Modell fest, sondern wählen je nach Aufgabe das passende Modell aus oder kombinieren mehrere. Daraus entstehen dann das, was wir intern ‚KI-Kollegen‘ nennen – also digitale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die beim Kunden entweder einzelne Aufgaben übernehmen oder im Zusammenspiel ganze Abläufe abdecken.
Und genau deshalb ist KI aus unserer Sicht nur dann ein Buzzword, wenn sie für Dinge genutzt wird, die im Grunde wenig verändern – etwa für Chatbots, Präsentationen oder isolierte Tools ohne echten Eingriff ins Geschäft. In dem Moment, in dem KI konkret in Prozesse eingreift, manuelle Arbeit ersetzt und messbare Effekte erzeugt, wird sie zu einem betriebswirtschaftlichen Werkzeug. Dass KI einmal so etwas wie ein Betriebssystem für Unternehmen sein kann, steht noch am Anfang – aber am Ende wird genau dieser Einsatz darüber entscheiden, wer wettbewerbsfähig bleibt.
4investors.de: Wie ist die Reaktion des Marktes auf ihr Angebot?
Nagel: Wir haben sehr gutes Feedback. Wenn man auf unseren Markt schaut, dann reden wir ganz bewusst über den Mittelstand. Unser typischer Zielkunde ist kein Großkonzern, sondern ein Unternehmen mit einer ungefähren Untergrenze von 15 Mitarbeitenden und etwa 1,5 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Genau diese Unternehmen haben genug Komplexität, um unter manuellen Prozessen zu leiden – sind aber gleichzeitig zu klein für große ERP-Einführungen.
Der relevante Markt ist entsprechend sehr groß. Allein im Bereich Transport, Logistik und angrenzender Prozesse gibt es in Europa mehrere hunderttausend solcher Unternehmen. Auf Europa bezogen – also Logistik und Zoll – sprechen wir von einer Marktgröße von rund 9 Milliarden Euro bis 12 Milliarden Euro. Unser realistischer Fokus liegt zunächst auf der DACH-Region und Großbritannien, das entspricht einem Marktvolumen von etwa 500 Millionen Euro bis 700 Millionen Euro.
Das Entscheidende ist für uns aber weniger die Größe auf dem Papier, sondern die Struktur des Marktes: sehr viele mittelständische Unternehmen mit ähnlichen Problemen, wiederkehrenden Abläufen und hohem Kostendruck. Genau deshalb lässt sich unser Ansatz skalieren – nicht über ein einzelnes Großprojekt, sondern über viele vergleichbare Anwendungsfälle im Mittelstand.
4investors.de: Im ersten Halbjahr haben sie einen Umsatz von rund 60.000 Euro erwirtschaftet. Das ist für eine Aktiengesellschaft ein marginaler Betrag. Wie soll sich der Umsatz im kommenden Jahr entwickeln?
Nagel: Man muss den Umsatz im ersten Halbjahr wirklich im Zusammenhang sehen. Die letzten zwölf Monate waren für uns eine Phase, in der wir unser Geschäftsmodell noch einmal neu aufgebaut haben. Wir haben UMS Vision AI nicht einfach fertig entwickelt und dann verkauft, das geht auch nicht am „grünen Tisch“, sondern die Lösung gemeinsam mit Kunden Schritt für Schritt aufgebaut, getestet und verbessert – direkt in realen Prozessen. Dazu mussten wir diese Kunden auch erst einmal dafür gewinnen.
In so einer Phase ist Umsatz ehrlich gesagt nicht das primäre Ziel. Uns ging es darum, dass die Technologie stabil läuft, dass sie im Alltag der Kunden funktioniert und dass wir verstehen, wo sie echten Mehrwert schafft. Dazu gehört auch, die Branche zu verstehen. Parallel dazu haben wir den Vertrieb neu aufgesetzt und eine Pipeline aufgebaut, die jetzt langsam trägt.
Deshalb erwarten wir für 2026 eine deutlich andere Dynamik als bisher. Jetzt geht es darum, das, was wir gemeinsam mit Kunden erarbeitet haben, zu skalieren und daraus Wachstum zu generieren.
4investors.de: Wie sieht ihre aktuelle Verschuldungssituation aus?
Nagel: Sie finden alle relevanten Informationen zur Kapitalstruktur und Verschuldung in unseren veröffentlichten Abschlüssen. Wir bevorzugen eine nachhaltige Bilanzstruktur, eine geringe Fremdkapitalquote und werden dies auch weiter tun. Dies kommt im Halbjahresabschluss der UMT AG auch zum Ausdruck.
4investors.de: Welche Summe benötigen sie monatlich für die laufenden Geschäfte?
Nagel: Wir haben unsere Kostenstruktur bewusst sehr schlank aufgebaut. Ein Großteil unserer Entwicklung und unseres Vertriebs läuft über externe, gut skalierbare Strukturen, dazu kommen insgesamt geringe Infrastrukturkosten. Das gibt uns eine hohe Flexibilität.
Ganz wichtig ist für uns dabei: Wir bauen Kosten nicht auf Vorrat auf. Zusätzliche Ausgaben entstehen bei uns erst dann, wenn sie direkt mit konkretem Geschäft verbunden sind – also wenn neue Kunden da sind oder weiteres Wachstum realistisch absehbar ist.
Dadurch bleibt der monatliche Mittelbedarf überschaubar und gut kontrollierbar. Wir können wachsen, ohne dass die Fixkosten sofort explodieren, und genau das ist aus unserer Sicht eine gesunde Basis für nachhaltiges Wachstum.
4investors.de: Sie sind derzeit stark auf den Logistikmarkt fokussiert. Wird es dabei bleiben?
Nagel: Aktuell konzentrieren wir unsere Vertriebsaktivitäten auf den Logistiksektor, weil dort eine sehr große Anzahl von Unternehmen vor ähnlichen Herausforderungen gestellt ist und sehr viel manuelle Prozesse zu finden sind. Zudem kennen wir das Thema jetzt sehr gut und wollen uns nicht verzetteln. In Zukunft werden wir uns aber breiter aufstellen und sowohl andere Branchen als auch mehr Bereiche im Unternehmen adressieren.
4investors.de: Wie viele Kunden haben sie aktuell, wie viele sollen es in einem Jahr sein?
Nagel: Wir kommen aktuell aus einer Phase, in der wir sehr bewusst mit wenigen Kunden gearbeitet haben. Diese Kunden waren eng in die Entwicklung eingebunden, und unser Fokus lag darauf, die Plattform so aufzubauen, dass sie im Alltag stabil funktioniert und skalierbar ist. Entsprechend ist die Kundenzahl heute noch überschaubar – das ist für diese Phase völlig normal.
Entscheidend ist aus meiner Sicht aber nicht die aktuelle Zahl, sondern das, was wir jetzt in der Hand haben: eine funktionierende Plattform, klar definierte Use Cases, eine wachsende Pipeline und ein Vertriebsmodell, das nachweislich funktioniert. Technisch sind wir heute in der Lage, unsere Lösung bei sehr vielen mittelständischen Unternehmen auszurollen. Die Grenze liegt weniger im Produkt als in der Geschwindigkeit, mit der wir Vertrieb und Onboarding hochfahren.
Wenn sich die bisherigen Conversion-Raten und die Qualität unserer Pipeline so fortsetzen, halten wir es für realistisch, im kommenden Jahr eine deutlich höhere Kundenzahl zu erreichen – mit entsprechendem Effekt auf unser wiederkehrendes Umsatzvolumen. Deshalb erweitern wir den Vertrieb durch Direktansprache erheblich, erhöhen die Marktdurchdringung und werden damit beginnen, self-service onboarding zu ermöglichen, insbesondere für kleinere Kunden, was der Skalierung weiter helfen wird. Hinzu kommen Vertriebspartner und Branchenpakete, beispielsweise für den Handel oder für Versicherungen, und das jeweils nicht nur in Deutschland, sondern beispielsweise auch in Großbritannien, wo wir das Problem der Zollkomplexität mit Partnern beheben. Wir geben keine formale Guidance: Unser Ziel ist ein sauber wachsendes ARR mit Kunden, die unsere Lösung produktiv einsetzen und langfristig bleiben.
4investors.de: Für das weitere Wachstum benötigen sie frisches Kapital. Wie sieht hier der Plan aus?
Nagel: Um das Wachstum gezielt zu beschleunigen, planen wir aktuell Finanzierungs- und Kapitalmaßnahmen - zur Stärkung des organischen Wachstums sowie zur Umsetzung strategischer Beteiligungen.
4investors.de: Muss für das weitere Wachstum der Vertrieb gestärkt werden?
Nagel: Die letzten Monate haben ziemlich deutlich gezeigt, dass unser Vertrieb funktioniert. Das sehen wir an der Qualität der Pipeline und daran, dass aus Gesprächen auch tatsächlich produktive Implementierungen bei Kunden werden. Insofern haben wir heute die Sicherheit, dass unser Angebots- und Vertriebsmodell grundsätzlich trägt.
Gleichzeitig ist aber auch klar: In einem skalierbaren Plattformgeschäft wirkt sich jeder zusätzliche Vertriebsimpuls direkt auf das Wachstum aus. Deshalb bauen wir den Vertrieb jetzt gezielt weiter aus und stärken den Support, weil Wachstum nicht nur bedeutet, neue Kunden zu gewinnen, sondern sie auch schnell und stabil in den operativen Betrieb zu bringen. Gerade in einem Abo- und Pay-per-Use-Modell ist das entscheidend für nachhaltigen ARR-Aufbau.
4investors.de: Welche Summen stecken sie in die Forschung?
Nagel: Wir betreiben keine klassische Forschung mit separatem Budget. Unser Know-how entsteht in konkreten Kundenprojekten, in denen wir Lösungen gemeinsam mit den Kunden entwickeln und direkt produktiv einsetzen. Die dafür eingesetzten Mittel sind Teil unseres operativen Geschäfts und fließen unmittelbar in marktfähige Lösungen, die anschließend skalierbar sind.
4investors.de: Ihre Entwickler sitzen in Indien und in den USA. Haben sie dadurch derzeit irgendwelche Probleme?
Nagel: Nein, im Gegenteil. Die internationale Aufstellung ist bewusst gewählt und entspricht dem heutigen Standard in der Entwicklung. Unsere Teams in den USA und Indien arbeiten sehr effizient zusammen – unterstützt durch KI-basierte Entwicklungsprozesse. Das erhöht unsere Geschwindigkeit und Qualität.
4investors.de: Wie soll sich UMT im kommenden Jahr entwickeln?
Nagel: Im kommenden Jahr wollen wir die Skalierungsphase weiter vorantreiben. Die Plattform ist stabil, die Anwendungsfälle sind definiert und werden gezielt erweitert – jetzt geht es darum, sie breiter auszurollen.
Dafür stärken wir den Vertrieb, sowohl direkt als auch über Partner, vereinfachen die Einführung für neue Kunden und bauen Supportstrukturen aus, die mit der Nachfrage mithalten können. Parallel sehen wir Upselling Potenzial bei bestehenden Kunden.
Wir positionieren uns als einer der wenigen börsennotierten Anbieter mit reinem Fokus auf angewandte KI in einem der am stärksten wachsenden Märkte des nächsten Jahrzehnts. Wir werden das nutzen, die Organisation so aufzustellen, dass wiederkehrende Umsätze planbar und skalierbar aufgebaut werden können.
