Krisensichere Vervielfacher - Börse München
Sollte der Dax sich tatsächlich zu einer Jahresendrallye aufschwingen wollen, wird es höchste Zeit, dass er vom Trabbi in den Formel-1-Rennwagen umsteigt. Immerhin, aktuell geht es inzwischen voran.
Ein Löwenherz für Deutschland
Wir versuchen es dieses Mal mit guten Nachrichten: Zumindest ein moderates Wachstum für Deutschland im kommenden Jahr sagt die OECD voraus. Und nicht einmal eine Null steht vorne, sondern es soll ein glattes Prozent werden! „OECD sieht deutsche Wirtschaft ab 2025 langsam im Aufwind“, nennt es die WirtschaftsWoche. Und noch eine positive Meldung: Nachdem es lange Zeit immer hieß, dass der hauptsächliche Rohstoff Deutschlands in der Bildung liege – eine zunehmend versiegende Quelle allerdings – sollen jetzt die umfangreichen Lithiumvorkommen im Oberrheingraben ausgebeutet werden: „Zuschlag für deutsche Lithium-Förderung: Mit dem Löwenherz raus aus der Rohstoffkrise“, freut sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Damit uns dies alles nicht zu Kopf steigt, sei noch der BDI zitiert: „Industriepräsident sieht Standort Deutschlands im freien Fall“, berichtet Die Welt. Und in der Bundesregierung streiten jene, die ihre Rente noch lange nicht vor sich haben mit jenen, die statt der Rente noch arbeiten: „Finale im Kampf um das Rentenpaket“, kündigt die Süddeutsche Zeitung an. Aber dann gibt es doch noch die „Kanzlermehrheit“. „Bundestag stimmt für Rentenpaket mit Kanzlermehrheit“, berichtet das Handelsblatt.
An das Beste glauben
Mehr Optimismus, ja Euphorie, geht kaum, wenn wir die aktuellen Finanzmagazine betrachten. Augenreibend blicken wir auf die Kurse und tatsächlich übersteigt der Dax heute endlich wieder die 24.000er Punktemarke, haben sie also recht? Die Titelbilder präsentieren uns: „Unsere Besten“ (Focus Money), „Immer Gewinner“ (Börse Online) und „Wachstum, Wachstum, Wachstum“ (Der Aktionär). Im Lorbeerkranz bietet Focus Money eindrucksvolle Prozentzahlen, wie z.B. 1.260 Prozent in fünf Jahren. Denn die Redaktion nennt „20 Aktien, an die wir glauben und in die wir unser eigenes Geld investieren“! Nicht wir, sondern die Redakteure. Eine Krone setzt Börse Online den Gewinnern auf, bei denen es sich um „8 krisensichere Marktführer, immer im Plus seit Covid, über 100% Performance“ handelt. Mit Wachstum fährt Der Aktionär auf, denn „aus diesem Stoff sind Vervielfacher gemacht – 5 Top-Aktien für jedes Depot“. Und selbst Euro am Sonntag, durchaus auch einmal als skeptischer Spielverderber aktiv, gibt sich zuversichtlich: „Historische Aktienchance – Der Wiederaufbau der Ukraine – eine einmalige Gelegenheit“. Die Basis bildet eine Friedenstaube, gebastelt aus 50-Euro-Scheinen. Sie müsste sich nur noch niederlassen, die Friedenstaube, in der Ukraine…
Keine Post vom Nikolaus
Heute ist Nikolaus – ein untrügliches Zeichen, dass auch Weihnachten nicht mehr weit ist. Bekanntlich werden dann gerne auch Briefe an das Christkind versendet von Kindern aus aller Welt. Sie kommen in Himmelpforten, Himmelstadt oder Engelskirchen an. Briefe sind ein Kulturgut. Viele Biographien lassen sich vor allem durch Briefe rekonstruieren, wobei es eifrigere und weniger eifrige Briefschreiber gegeben hat. Gerne wurden Briefe auch in Form eines Romans veröffentlicht, man denke nur an den Werther von Goethe (für Deutschlehrer: Die Leiden des jungen Werthers (sic in der Urfassung) von Johann Wolfgang Goethe – das „von“ hat er erst später bekommen). Ach, und mit welch zitternden Knien hat man so manchen Liebesbrief im nächtlichen Postkasten versenkt, um die mutige Tag direkt nach dem Einwurf zu bereuen, folgender schlafloser Nächte gedenkend? Nach dieser etwas längeren Einleitung kommen wir endlich zum Punkt: Ausklingen aus dieser Tradition des Briefeschreibens, Versendens und Erhaltens wird sich zum Jahresende Dänemark. Denn das dänische Postunternehmen Postnord, an dem auch der dänische Staat beteiligt ist, stellt dort die Briefzustellung ein und baut die Briefkästen ab, die dann wahrscheinlich neben Telefonzellen auf dem Friedhof der abgelegten Kommunikationsmittel ihre letzte Ruhestätte finden, vielleicht liegt noch ein Nokia-Handy dazwischen. „In Dänemark wird es ab 2026 schwerer, einen Brief zu verschicken“, schreibt etwa Der Spiegel. Wahrscheinlich muss man ihn persönlich transportieren und überreichen – wobei man da den Brief dann ja auch gleich weglassen könnte. Dabei waren Hans Christian Andersen, Henrik Ibsen oder Sören Kierkegaard so eifrige wie begnadete Briefeschreiber…
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!
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