EZB - „Absolute Einstimmigkeit“ für Politik der ruhigen Hand - Nord LB
Die EZB hat auf ihrer heutigen Sitzung in Florenz wie erwartet beschlossen, ihre Leitzinsen die dritte Sitzung in Folge unverändert zu belassen. Mit dem heutigen Beschluss bleibt der Einlagesatz bei 2,00%. Alles andere wäre auch eine faustdicke Überraschung gewesen, sowohl Märkte als auch Analysten waren einhellig von einem unveränderten Leitzinsniveau ausgegangen. Im EZB-Rat sei diese Entscheidung nach Aussage von EZB-Präsidentin Lagarde mit „absoluter Einstimmigkeit“ gefallen.
Die Inflation bewegt sich seit einiger Zeit in der Nähe der 2%-Marke. Den für Oktober bislang vorliegenden Daten zufolge ging die Inflation im letzten Monat etwas weniger stark zurück als erwartet. Auf mittlere Sicht sind die Inflationserwartungen fest verankert und die Währungshüter gehen ebenfalls nicht von dauerhaften starken Abweichungen vom Stabilitätsziel aus. Diesbezüglich gibt es wenig Gründe, warum sich an dieser Einschätzung im Dezember mit Vorlage der neuen Projektionen fundamental etwas ändern sollte. Entsprechend zeigten sich im Vorfeld der heutigen Sitzung die meisten Ratsmitglieder zufrieden mit dem aktuellen Zinsniveau, das sie überwiegend als „derzeit angemessen“ bezeichneten.
Diese Sicht hat durch eine Reihe von neuen Datenveröffentlichungen Unterstützung erfahren. So hat sich die Konjunktur im Sommer trotz des globalen Gegenwinds als etwas resilienter erwiesen als angenommen, das reale BIP legte im dritten Quartal immerhin um 0,2% Q/Q zu. Zwar kann man noch nicht von einer „florierenden“ oder „blühenden“ Konjunktur sprechen, in Florenz dürften die Daten dennoch wohlwollend zur Kenntnis genommen worden sein.
Zudem rückt zunehmend der erwartete stimulierende Effekt der deutlich expansiveren Fiskalpolitik in den Fokus, vor allem aufgrund der fiskalpolitischen Wende in Deutschland. Auch wird im kommenden Jahr immer mehr wirksam, dass die Geldpolitik nach den vergangenen Zinssenkungen der EZB gesamtwirtschaftlich nicht mehr bremsend wirkt. Vor diesem Hintergrund hellen sich am aktuellen Rand auch die Frühindikatoren auf, und dieser positive Trend könnte sich verstetigen. Durch den Deal zwischen Trump und Xi ist zumindest eine gewisse Atempause in den globalen Handelskonflikten wahrscheinlicher geworden. Auch EZB-Präsidentin Lagarde deutete in ihrem Statement an, dass die Abwärtsrisiken nun als etwas weniger wahrscheinlich erscheinen.
Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist somit aktuell kein Druck erkennbar, der die EZB kurzfristig zu einer weiteren Zinssenkung veranlassen könnte. Die Eurostärke sowie die niedrigen Energiepreise dürften zwar zu einem vorübergehenden leichten Rückgang des Inflationsdrucks beitragen. Es bräuchte aber wohl schon neue adverse Entwicklungen, um die Währungshüter in den kommenden Monaten doch noch zu einem Umdenken beim Thema Zinssenkungen zu bewegen. Zwar bleibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit hierfür bestehen, in unserem Basisszenario gehen wir nun aber von einer längeren Phase unveränderter Leitzinsen aus.
Fazit: Die EZB hat wie erwartet auch im Oktober ihre Leitzinsen unverändert gelassen, mit „absoluter Einstimmigkeit“ unter den Ratsmitgliedern. Der Einlagesatz verharrt demnach bei 2,00%. Die Währungshüter hatten sich bereits in den vergangenen Wochen zufrieden mit dem aktuellen Zinsniveau gezeigt. Die zuletzt veröffentlichten Wirtschaftsdaten unterstützen diese Politik der ruhigen Hand. Mit einem Wachstum von 0,2% Q/Q erweist sich die europäische Wirtschaft zwar nicht gerade als „florierend“. In Florenz dürften die Daten dennoch wohlwollend zur Kenntnis genommen worden sein, deuten sie angesichts des globalen Gegenwinds doch auf eine gewisse Resilienz hin. Zudem hellen sich die Konjunkturerwartungen zunehmend auf, auch wegen der Hoffnungen auf einen spürbaren Stimulus durch höhere staatliche Ausgaben für Investitionen und Verteidigung. Die EZB dürfte somit vorerst weiter geradeaus fahren, für eine weitere Zinssenkung liefern weder Konjunktur, Arbeitsmarkt noch Inflation derzeit überzeugende Argumente.
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