Schmerzliche Zölle - Börse München
Anfang der Woche stand das Abkommen zwischen den USA und der EU, oder besser zwischen Ursula von der Leyen und Donald Trump, im Zentrum des Geschehens. Allerdings brauchten die Märkte eine Zeit für die richtige Einschätzung, wobei sich die Pendelschläge nach oben und unten im Rahmen hielten. Aber je länger sich die Woche zog, desto tiefer bergab ging es.
Echte Verlierer?
„Eine echte Lose-Lose-Situation“, so kommentiert die Börsen-Zeitung das Handelsabkommen und die Süddeutsche Zeitung zitiert – vielleicht unwissentlich – Hans Magnus Enzensberger: „Ach Europa“. Sind es bei Enzensberger noch „Wahrnehmungen aus sieben Ländern“, betrifft das Zollabkommen jedoch die gesamte EU. Und dort hält die Phase der Ernüchterung an: „Zolldeal bereitet Wirtschaft arge Schmerzen“, legt die Börsen-Zeitung nach und die Süddeutsche Zeitung erinnert daran, dass damit keinesfalls alles ausgestanden ist: „Nach dem Deal ist vor dem Streit“. Die deutsche Wirtschaft scheint bereits vorab zu reagieren: „Deutsche Wirtschaft schrumpft wieder“, schreibt die Süddeutsche Zeitung, während die Frankfurter Allgemeine einräumt: „Die Rezession war viel stärker als gedacht“. Auch ohne Zölle kommt der Bundeshaushalt ins Wanken, trotz Rekordsteuereinnahmen fehlen in der Finanzplanung des Bundes plötzlich 172 Mrd. Euro. Wo sind sie hin? Oder waren sie nie da? „Bundeshaushalt 2026: Wo die Merz-Regierung Milliarden einsparen muss“, weiß der Münchner Merkur.
In Ewigkeit
Mit der Ewigkeit setzen sich vor allem die Kirche und Finanzmagazine auseinander, so unsere wahrscheinlich etwas eindimensionale Erkenntnis. Wobei angesichts klammer werdender Kassen sich die Kirchen vielleicht mehr mit Finanzmagazinen befassen sollten. Aber das steht auf einem anderem Blatt, auf dem Titelblatt von Focus Money wiederum werden uns „20 Aktien für die Ewigkeit“ geboten, darunter abgebildet ein brüllender Stier aus Marmor: „Unverwüstlich und unschlagbare Rendite“, heißt es dazu in nicht wirklich unverwüstlicher Grammatik. Börse Online macht vor weißem Hintergrund in schwarz-rot-gold auf: „Tech-Giganten Made in Germany“ bietet der Inhalt an. „Bis zu 45 Prozent mit diesen Superaktien“, präzisiert das Blatt. Sieben Stück machten die Redakteure aus, wie wir beim Blättern erfuhren. Nur „5 heiße Turnaround-Chancen“ hat Der Aktionär ausgegraben: „Hier stehen die Zeichen auf Trendwende – so vervielfachen Anleger ihr Geld“. Heiß wäre auch das richtige Stichwort für den Euro am Sonntag-Aufmacher: „Fusionsfieber an der Böse“, herrscht dort.
Buy Buy
Was wir schon immer ahnten, hat jetzt die GEMA, auch bekannt als Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, mit einer Studie belegt: Nicht nur Sex, auch Music sells. Wir kaufen mehr im Supermarkt ein, wenn wir mit Musik berieselt werden. Wobei Pop und Schlager am besten wirken, insbesondere von Taylor Swift oder Ed Sheeran, so zitiert zumindest die Süddeutsche Zeitung aus der Studie unter der Überschrift: „Kauf mich, Baby, one more time“. Wobei die Auswahl der Songs stark vom Geschmack des Filialleiters abhängt. Auch die Belegschaft soll sich bei Musik wohler fühlen – solange die Musikgeschmäcker nicht zu sehr divergieren, wagen wir anzumerken. Jetzt müsste noch untersucht werden, welche Musiktitel besonders verkaufsfördernd wirken und welche die Kundschaft eher aus dem Warentempel heraustreiben – aber die Geschmäcker sind ja eben verschieden. Was dem einen sein Mozart, ist dem anderen seine Helene Fischer. Und in der Weihnachtszeit tönt dann eh „Last Christmas“ aus allen Lautsprechern, während wir verzweifelt nach den letzten Geschenken suchen und uns einen Raum der Stille wünschen.
Ewige Rentner
Manchmal fällt es uns schwer, der Politik stringentes Handeln zu attestieren. Es darf nicht mehr für Zigaretten geworben werden, Alkohol wird als so ungesund dargestellt, dass die ersten Winzer aufgeben und nur so wenig Bier wie seit 1993 getrunken wird, Zucker sollte möglichst ganz vermieden werden und selbst am Münchner Ring, bisher kaum als Hort für Frischluftfanatiker bekannt, darf nur noch mit 30 geschlichen werden, damit die Luft sauberer und der Lärm nachhaltig erfahrbarer wird. Und der Erfolg? Wir leben immer länger und die Schere zwischen Arbeitszeit und Rente dehnt sich somit immer weiter. Statt dass wir uns nach einem arbeitsreichen Leben und kurzem Zwischenaufenthalt im Krankenhausbett flugs ins Jenseits begeben und dort der weiter oben angesprochenen Ewigkeit frönen, versuchen wir diese als Rentner möglichst schon zu Lebzeiten weitestgehend auszudehnen. Mit den bekannten Folgen für die Rente, die niemand mehr bezahlen kann. Weshalb jetzt im Handelsblatt auch Professor Niklas Potrafke für eine längere Lebensarbeitszeit eintritt: „Bravo, Frau Reiche!“, ist der Beitrag überschrieben, weil er die Idee der Ministerin, länger zu arbeiten, als Notwendigkeit einschätzt.
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!
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