Börse am Morgen: Covestro, Nordex, US-Dollar, Ölpreis - Nord LB Marktbericht

Für die Europäische Union ist die am Sonntag erzielte, vorläufige Einigung mit den USA ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der transatlantischen Handelsbeziehungen. Mit der Einigung ist das drohende Eskalationsszenario ab dem 1. August erst einmal vom Tisch, auch wenn zunächst wohl noch einige Unklarheiten bestehen bleiben und damit auch ein gewisses Maß an Restunsicherheit verbleibt. Aus Sicht Washingtons ist dies der bis dato wichtigste Deal und die EU-Mitgliedstaaten sind nun erst einmal aus dem Zollkarussell entlassen. Für zentrale Güter wie Flugzeuge, bestimmte Chemikalien und Agrarprodukte entfallen die Zölle vollständig. Im Gegenzug hat die EU zugesagt, ihre Energieimporte aus den USA deutlich um USD 750 Mrd. zu erhöhen und Investitionen im Volumen von USD 600 Mrd. zu mobilisieren. Direkt nach dem Treffen traten jedoch bereits Unterschiede in der Interpretation auf. Während offenbar Trump Pharmazeutika zunächst vom Deal ausgenommen sah, nannte von der Leyen einen Zollsatz von 15%, was später auch von US-Seite bestätigt wurde. Die weiterhin geltenden 50%-Zölle auf Stahl und Aluminium bedeuten für die deutsche Industrie – insbesondere für Unternehmen mit starkem US-Geschäft – keine spürbare Entlastung. Immerhin sendet das Abkommen neben ein bisschen mehr Sicherheit ein wichtiges Signal für die Automobilbranche, die damit nicht weiter gegenüber Japan zurückfällt.
Tagesausblick
Am heutigen Tag gibt der reguläre ökonomische Kalender eher wenig her, wobei geneigte Marktbeobachter dennoch das Verbrauchervertrauen des Conference Board im Auge behalten sollten. Besonders die Inflationserwartung der Befragungsteilnehmer ist aktuell von großem Interesse. Nachdem vorgestern der Handelsdeal zwischen den USA und der EU beschlossen wurde, ist neben den Regelterminen durchaus auch auf den diesbezüglichen News Flow zu achten. Durch fortschreitende Interpretationen der Inhalte und weitere Verhandlungen könnten sich in den nächsten Tagen und Wochen wirklich spannende Handlungsimpulse ergeben.
Renten- und Aktienmärkte
Europäische Staatsanleihen legten am Montag eine kleine Kursrallye hin. Dabei outperformten sie neben britischen Gilts auch ihre US-amerikanischen Pendants. Auslöser war das Ergebnis des EU-US-Trade Deals. Auf den ersten Blick zeigten sich die Kapitalmärkte zwar zum Handelsstart erleichtert, im Verlauf des Tages manifestierte sich aber die Erkenntnis, dass das Ergebnis eher US-freundlich und zum wirtschaftlichen Nachteil Europas ausgestaltet ist. Der deutsche Leitindex verlor über 250 Punkte und konnte die 24.000er-Marke nicht halten.
DAX -1,02%; MDAX -1,45%; TecDAX -0,38%; Dow -0,14%; S&P 500 +0,02%; Nasdaq Comp. +0,33%.
Unternehmen
Der Windturbinenbauer Nordex hat in Q2/25 einen zweistelligen Gewinnzuwachs erzielt. Das EBITDA explodierte um fast zwei Drittel (+64,3%) auf EUR 108.2 Mio.; das Konzernergebnis legte auf EUR 31 Mio. zu. Für die Zukunft bleiben die Hamburger optimistisch. Eine anhaltend hohe Kundennachfrage beflügelt. Ende Juni 2025 belief sich der Auftragsbestand auf EUR 14,3 Mrd. (zum Vergleich: noch im Vorjahr lag dieser bei rd. EUR 11,0 Mrd.).
Die EUR 16 Mrd. schwere Übernahme von Covestro durch den Ölkonzern Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten löst eine nähere Untersuchung durch die EU-Kommission aus. Grund sind Sorgen über gewährte Subventionen und dessen Auswirkungen auf den Wettbewerb im europ. Binnenmarkt.
Devisen und Rohstoffe
Die erste Grundsatzvereinbarung im Zollabkommen beim Handelsstreit zwischen der EU und den USA hinterließ am Ölmarkt zunächst keine nennenswerten Spuren. Zwar gibt es jetzt mehr Klarheit in Europa und Japan, Lösungen mit China und anderen Nationen stehen aber weiterhin aus. Aussagen über ein beginnendes, nachhaltiges Weltwirtschaftswachstum zu treffen, ist derzeit wohl doch noch etwas verfrüht. Die weltweite Rohölnachfrage ist nach den „ersten drei großen Trump-Deals“ (UK, JP, EU) jedenfalls noch nicht erkennbar angesprungen. Zum Ende des Tages zogen die Preise für Brent dann im Schatten einer verkürzten Deadline im Ukraine-Krieg sogar um fast 3% an.
Ähnlich sensibel bewegte sich in dieser Gemengelage zu Wochenbeginn der Wechselkurs der europäischen Gemeinschaftswährung ggü. dem US-Dollar. Der Euro gab mehr als einen Cent nach und durchbrach die 1,16er-Marke. Immer mehr Stimmen wurden laut, dass der Deal insgesamt zum Vorteil der Vereinigten Staaten abgeschlossen wurde und die EU klein beigegeben hat.
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