Börse am Morgen: TotalEnergies, Vossloh, EZB, Euro/Dollar, ifo-Zahlen - Nord LB Marktbericht

Eine neue Umfrage des Ifo-Instituts bestätigt die anhaltende Investitionszurückhaltung der dt. Unternehmen. Aufgrund des Zollkonflikts rechnen die Industrieunternehmen mit einer Verschiebung der globalen Handelsbeziehungen. Der weltgrößten Volkswirtschaft USA kehrt man den Rücken zu. Fast 30% der Firmen mit Investitionsplänen in den Vereinigten Staaten haben Projekte verschoben, 15% sogar ganz gestrichen. Die Bedeutung des US-Marktes schwindet. Aber auch in Deutschland zeigen sich die Auswirkungen des Handelsstreits. Ifo: „Besonders Firmen, die negativ von den Zöllen betroffen sind, entscheiden sich dazu, Investitionen in Deutschland zu verschieben oder zu streichen“.
Auch bei der dt. Verbraucherstimmung sieht es nicht gut aus. Das GfK Konsumklima-Barometer hat sich überraschend weiter eingetrübt und sinkt den zweiten Monat in Folge (auf minus 21,5 Punkte). Konsumenten bleiben verunsichert. Zwar blicken die Deutschen zuversichtlicher auf ihre künftigen Finanzen, jedoch auch skeptischer auf den Konsum und die Konjunktur. Die Bereitschaft größerer Einkäufe fällt auf den tiefsten Stand seit Februar, parallel steigt der Sparindikator.
Während die Stimmung in der dt. Industrie und bei den dt. Verbrauchern noch mit Moll-Tönen unterlegt ist, entwickelt sich die Wirtschaft im Euroraum stetig freundlicher. Der vom Finanzdienstleister S&P Global erhobene Einkaufsmanagerindex steigt im Juli auf 51,0 Zähler (plus 0,4 Punkte) und damit auf den höchsten Wert seit rd. 12 Monaten. Zum siebten Mal in Folge bleibt das Barometer damit im expansiven Bereich (Werte oberhalb von 50 signalisieren Wachstum).
Die EZB hat auf ihrer gestrigen Sommersitzung einstimmig beschlossen, ihre Leitzinsen unverändert zu lassen. Nach sieben Senkungen in Folge war dies von der Mehrheit der Beobachter erwartet worden. Die Währungshüter können sich zurücklehnen und abwarten. Die Inflation ist im Zielbereich und die mittelfristigen Inflationserwartungen stabil bei 2% verankert. Die Wirtschaft in der Eurozone erweist sich bisher sogar als einigermaßen widerstandsfähig, um die am kurzen Ende überwiegenden Abwärtsrisiken aus dem Zollkonflikt abzufedern. Was sich darüber hinaus für die Geldpolitik ergibt, darüber tappt die EZB im Dunklen. Es bleibt beim datengetriebenen Ansatz, der von Sitzung zu Sitzung entscheidet. Unsere NORD/LB Volkswirte gehen nach wie vor davon aus, dass es in diesem Jahr eine weitere Zinssenkung geben wird, wahrscheinlich im September.
Tagesausblick
Zum Ausklang der Woche blicken Marktteilnehmer mit den ifo-Umfrageergebnissen für Juli auf den wichtigsten der monatlichen Stimmungsindikatoren in Deutschland. Mit den recht freundlichen Vorgaben vom vorausgegangenen sentix und ZEW-Konjunkturindex haben im Grunde die meisten Ökonomen eine Verbesserung der Einschätzungen zur Geschäftsperspektive auf dem Zettel. Etwas Wasser in den Wein gossen allerdings gestern die frischen Daten zur Befragungsrunde der Einkaufsmanager in Deutschland. Die Geschäftstätigkeit im Juli ist insgesamt nur geringfügig gewachsen.
Renten- und Aktienmärkte
Am europ. Rentenmarkt hält der Verkaufsdruck an. Aktienmärkte schlossen uneinheitlich. Die Zollpolitik bleibt Faktor Nummer 1.
Unternehmen
Vossloh sieht sich weiter auf einem anhaltenden Wachstumskurs. Unternehmensangaben zufolge sind die Auftragsbücher gut gefüllt. Der Zulieferer für Bahninfrastrukturen profitiert von den weltweiten Investitionen in diesem Sektor. Das oper. Ergebnis (EBIT) legte in Q2 auf EUR 37,6 Mio. zu (plus EUR 6,0 Mio.). Die Jahresziele wurden bekräftigt (Umsatz: EUR 1,25 bis 1,33 Mrd.; EBIT: EUR 110 bis 120 Mio.). Insbesondere in CN, DE & USA wird in den nächsten Jahren ein deutliches Wachstum antizipiert.
Aufgrund der rückläufigen Öl- und Gaspreise (Brent hat sich im Jahresvergleich rd. 20% verbilligt) muss der franz. Ölgigant TotalEnergies im HJ2 einen Gewinneinbruch verkraften. Das bereinigte Nettoergebnis sinkt zweistellig (23%) auf USD 3,6 Mrd. Im Raffinerie- und Chemiegeschäft fällt der Gewinn sogar um 39%; in der Sparte Flüssigerdgas (LNG) um rd. 10%. TotalEnergies verzeichnet damit das schwächste Ergebnis seit vier Jahren. Einziger Lichtblick am Horizont bleibt die Stromerzeugungsparte. Hier konnte der Gewinn auf USD 574 Mio. (+14%) zulegen.
Devisen
Der Euro hat ggü. dem Dollar seit Jahresbeginn rd. 12% aufgewertet. Dies ist auch der EZB nicht entgangen. Laut Christine Lagarde verfolge man zwar kein Wechselkursziel, für die Inflationsprognose ist die FX-Entwicklung aber von Bedeutung.
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