USA: Der Aktienmarkt feiert den Handelsdeal mit Japan - Nord LB

Nach offenbar schwierigen Verhandlungen konnte im Oval Office mittlerweile ein Handelsdeal zwischen den USA und Japan vereinbart werden. Grundsätzlich stellt diese Nachricht allenfalls vom Timing her eine Überraschung dar. Tokio hat diesen Deal ohne jeden Zweifel sehr dringend benötigt. Neben sicherheitspolitischen Überlegungen dürfte auch der Druck, den die japanische Automobilindustrie auf die heimische Regierung ausgeübt hat, maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass man noch vor dem Ablauf der von Donald Trump verkündeten Frist eine Einigung mit den USA erzielen konnte.
Entsprechend dürfte die zentrale Nachricht auch sein, dass Japan im Automobilsektor die Umsetzung eines sektoralen Zollsatzes in Höhe von immerhin 25% verhindern konnte. Auch für Kraftfahrzeuge gilt nun der allgemeine und reziproke Zollsatz von 15%. Dieses Verhandlungsergebnis dürfte für die Regierung in Tokio von zentraler Bedeutung sein. Noch fehlen dezidierte Informationen zu vielen Details. Klar scheint zu sein, dass sich Japan zu einem großen Investitionsprogramm in den Vereinigten Staaten verpflichtet zu haben scheint. Versprochen wurde an dieser Stelle ein Umfang von immerhin 550 Mrd. USD. Aus welchen Quellen in Japan sich dieses Programm letztlich speisen wird, ist derzeit aber noch unklar. Zudem scheint Tokio die heimischen Märkte stärker für US-Produkte öffnen zu müssen. In diesem Zusammenhang werden vor allem Kraftfahrzeuge und Agrarprodukte genannt. Insbesondere der Markt für Reis hat in Japan auch eine hohe politische Relevanz.
Der Aktienmarkt in Japan konnte von den aktuellen Nachrichten aus Washington profitieren. Der Nikkei 225 schloss deutlich im Plus und konnte sich damit nun klar oberhalb der auch psychologisch wichtigen Marke von 40.000 Zählern stabilisieren. Vor allem die Automobilindustrie des asiatischen Landes scheint von dem Handelsdeal zu profitieren. Die Vereinbarung zwischen Tokio und Washington hat zudem auch Implikationen für den globalen Aktienmarkt. So ist der DAX in Deutschland aktuell circa 200 Punkte im Plus. Einige Marktteilnehmer sehen in dem neuen Handelsdeal eine Art Blaupause für einen erfolgreichen Abschluss der Gespräche zwischen Brüssel und Washington.
Auch der Yen präsentiert sich inzwischen eher gestärkt. Gegenüber der Währung der Vereinigten Staaten pendelt dieser aktuell unterhalb der Marke von 147,00 JPY pro USD. Im FX-Segment hatte es allerdings Spekulationen über einen möglichen Rücktritt des Regierungschefs Shigeru Ishiba gegeben, was von einigen Devisenhändlern tendenziell als störend wahrgenommen wurde. In der Tat deuteten Meldungen in der japanischen Presse in diese Richtung. Ishiba hat entsprechende Gerüchte nun jedoch dementiert. Aufgrund der für ihn sehr unerfreulichen Ergebnisse der jüngsten Wahlen zum Oberhaus dürfte der japanische Regierungschef aber weiterhin unter großem Druck stehen.
Die zusätzliche Unsicherheit für die japanische Wirtschaft, die von der neuen Handelspolitik Washingtons ausgelöst wurde, war ein wichtiger Grund für die nur sehr zögerliche Neuausrichtung der Geldpolitik in Tokio. Mit dem neuen Deal dürften der Bank of Japan Leitzinsanhebungen sicherlich deutlich leichter fallen. Kurzfristig wird man wohl noch Details genauer analysieren wollen – und daher zurückhaltend agieren; im Laufe des Jahres sollten vorsichtige Zinserhöhungen möglich sein.
Fazit: Der Handelsdeal mit Washington ist vor allem für die japanische Automobilwirtschaft eine gute Nachricht. Die aktuell beobachtbaren Bewegungen an den globalen Aktienmärkten passen sehr gut zu dieser Einschätzung. Viele Marktteilnehmer sehen in der Vereinbarung mit Tokio offenbar auch eine Blaupause für einen Deal der USA mit der EU. Brüssel kommt folglich wohl unter zusätzlichen Handlungsdruck. Mit Blick auf ihre Wettbewerbsposition benötigt die deutsche Automobilwirtschaft nun eigentlich auch eine hinreichend vorteilhafte Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten. Washington dürfte sich dieser Tatsache allerdings mehr als bewusst sein, was die Gespräche dann vielleicht sogar wieder schwieriger werden lassen könnte.
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