Volle Fahrt rückwärts - Börse München
Stell Dir vor, da schrei(b)t jemand Zölle und keiner hört hin? So in etwa könnte man die Woche beschreiben, nachdem es wieder einmal böse Nachrichten aus Washington gab. Die Kurse zappelten kurz, und das war es dann auch schon.
Streiterei
Weiter geht diese Woche der Streit zwischen Donald Trump und Jerome Powell, ein Ende scheint nicht absehbar. Die WirtschaftsWoche nimmt kein Blatt vor den Mund: „Das unmögliche Schmierentheater um die US-Notenbank“, und die Börsen-Zeitung legt nach: „Schlagzahl im Kampf um Unabhängigkeit der Fed steigt“. Immerhin, laut Manager Magazin gibt sich der US-Präsident zuversichtlich im Handelsstreit zwischen den USA und der EU: „Trump sieht Fortschritte bei Zollgesprächen mit der EU“. Nun ja, er hat ihn ja auch vom Zaun gebrochen. Die Bundesbank warnt: „Wirtschaft verliert laut Bundesbank an Fahrt – US-Zölle belasten“, meldet das Handelsblatt. Wobei, wenn wir den Artikel richtig interpretieren, verliert die deutsche Wirtschaft nicht an Fahrt, sondern legt den Rückwärtsgang ein. Und weil Streiten in ist, geht es hierzulande noch darum, dass jene, die am längsten in die Rentenversicherung eingezahlt haben, von dem (wenigen), was sie rausbekommen, noch etwas abgeben sollen, oder: „Heftige Kontroverse über den ‚Boomer-Soli‘ für die Rente“, so Die Welt. Und was Fußballvereinen nur einmal passieren kann, das trifft einen deutschen Autokonzern gleich zweimal: „Porsche ist stark abstiegsgefährdet“ und „Porsche droht gleich zweimal aus dem Dax zu fliegen“, klärt uns die Börsen-Zeitung auf.
Aufholjagd der Rekorde
Wenn wir als Brachialpsychologe das Börsengeschehen zwischen Panik und Gier verorten, dann herrscht auf den Titelseiten der Finanzmagazine derzeit die reine Gier. „Rekorde, Rekorde, Rekorde“, verspricht Focus Money, von einer „Bitcoin-Rally“ schwärmt Börse Online, nur Der Aktionär hechelt mit seiner „Aufholjagd“ etwas hinterher. „15 Top-Aktien“ serviert uns Focus Money: „Das können Sie jetzt noch kaufen“, heißt es dazu – wir als Börse können garantieren: Sie können das auch noch später kaufen. Börse Online klärt zu Bitcoin auf: „Was Anleger jetzt wissen müssen“, das erfahren sie nur im aktuellen Heft. Der Aktionär nimmt einen Staffelstab zur Hilfe und kennt „5 Aktien, die jetzt Gas geben – so sind 170 Prozent drin“. Vorsichtiger agiert nur die WirtschaftsWoche mit einem interessanten Bild: Aus einem abgebrannten Streichholz wächst ein kleiner grüner Ast. Hintergrund ist kein zündendes Wunder, sondern „die Resilienz-Formel“. Ob das auch mit einem Feuerzeug gelingt?
70er
Über das Beamtendasein und den Stressfaktor im Amt gibt es ausreichend Witze, wir wollen ihren Wahrheitsgehalt hier nicht weiter untersuchen und auch keinen hinzufügen. Dass sie weder um ihren Job fürchten noch Sozialabgaben leisten müssen, privilegiert sie in diesen Zeiten im besonderen Maße. Weshalb es vielleicht vernünftig erscheint, was einer von ihnen in der Zeit fordert: „Beamte sollten bis 70 arbeiten. Auch ich!“, lautet die Überschrift. 500 bis 1.000 Euro Unterschied bei gleicher Leistung kommt etwa bei einem Lehrer heraus, so der Bericht, und bei den Pensionen ist der Unterschied noch krasser. Bezahlt werden diese bekanntlich aus Steuermitteln, denn eingezahlt in die Rentenkasse hat der Beamte ja nichts. 55 Mrd. Euro zahlt der Staat jährlich für seine pensionierten Beamten. Der Staat sind aber irgendwie wir Angestellten und Selbstständigen, denn der Staat an sich hat kein eigenes Geld, das er um so lieber ausgibt. Da die meisten Beamten – Soldaten und Feuerwehrleute einmal ausgenommen – eine eher sitzende Tätigkeit ausüben, sei ihnen das Arbeiten bis 70 durchaus zuzumuten. Dem können wir uns nur anschließen, allerdings sprechen die aktuellen Zahlen eine andere Sprache: Nur 20 Prozent der Beamten gehen nach Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand, 59 Prozent müssen bzw. wollen früher gehen und 18 Prozent gehen wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand. Da müssen wir Udo Jürgens (falsch) zitieren: „Mit 66 Jahren ist dann doch meist Schluss“.
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!
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