Euroland: Inflation im Zielbereich, EZB legt aber Zinspause ein - Nord LB
												Die Inflationsrate im Euroraum ist im Berichtsmonat Juni wie erwartet leicht gestiegen. Im Vormonatsvergleich legte das Preisniveau um 0,3% M/M zu. Mit 2,0% im Vorjahresvergleich liegt die Teuerungsrate aber exakt im Zielbereich der EZB. Die Währungshüter hatten erst gestern das (symmetrische) mittelfristige Stabilitätsziel von 2,0% im Rahmen ihrer Strategieevaluation bekräftigt. Die Kernrate ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak verharrte mit 2,3% Y/Y auf dem niedrigsten Stand seit Anfang 2022. 
Aus mehreren Mitgliedsstaaten waren bereits vorab neue Daten zur Preisentwicklung veröffentlicht worden, die auf einen minimalen Anstieg im vergangenen Monat hingedeutet hatten. Während die Inflation in Deutschland leicht auf 2,0% Y/Y zurückging, stagnierte sie in Italien (1,7% Y/Y) und zog in Frankreich (0,8%), Spanien (2,2%) und Portugal (2,1%) leicht an. Die Spannweite im Euroraum ist noch immer relativ groß und reicht von 0,5% Y/Y in Zypern bis 5,2% Y/Y in Estland. 
Im Euroraum liegen die Energiepreise weiterhin unter dem Vorjahreswert, wenngleich sich der Abstand etwas verringert hat (-2,7% Y/Y). Durch die schnelle Beruhigung der militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran konnte ein nachhaltiger Preisschub bei Rohöl und weiteren Energiepreisen vermieden werden. Die Preise für verarbeitete Nahrungsmittel zogen mit 2,7% im Jahresvergleich etwas langsamer als im Vormonat. Bei unverarbeiteten Lebensmitteln hat sich der Preisdruck mit 4,6% Y/Y sogar wieder etwas erhöht. Insofern konnte der etwas nachlassende preisdämpfende Effekt von den Energiepreisen nicht ganz kompensiert werden. 
Die erneute Beschleunigung des Preisauftriebs bei Dienstleistungen dürfte von der EZB mit besonderem Interesse verfolgt werden. Zwar legte die Jahresrate nur minimal auf 3,3% Y/Y zu und notiert damit weiter deutlich unter den hohen Werten im vergangenen Jahr. Allerdings zeigt sich hier der Preisauftrieb zumindest im Juni hartnäckiger als manche gehofft hatten. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass der starke Rückgang im Mai zum einen auf die Gegenbewegung nach den Osterverzerrungen zurückzuführen ist, zum anderen auch ein günstiger Basiseffekt die Jahresrate zusätzlich gedrückt hatte. 
Es wird sich in den kommenden Monaten herausstellen, ob der Junianstieg der Dienstleistungsinflation mehr ist als nur eine Randnotiz. Für eine Fortsetzung des seit dem Jahresbeginn anhaltenden disinflationären Trends spricht die deutlich rückläufige Lohndynamik. Die Nominallöhne im Währungsraum scheinen sich nun wieder stärker an dem Inflationsziel und den Produktivitätsfortschritten zu orientieren, nachdem in den vergangenen beiden Jahren Kompensationen für erlittene Kaufkraftverluste in der Hochinflationsphase im Fokus standen. Verbesserungen bei den Dienstleistungspreisen sind aber auch notwendig, da die Inflation derzeit nur dank der Eurostärke und im Jahresvergleich niedrigen Energiepreisen bei 2,0% liegt. Zudem bestehen mit den geo- und handelspolitischen Konflikten auch potenzielle Aufwärtsrisiken für die Inflation. Auf der nächsten Ratssitzung im laufenden Monat wird die EZB daher zunächst eine Zinspause einlegen. Jedoch halten sich viele Ratsmitglieder die Option für eine nochmalige Zinssenkung im weiteren Jahresverlauf offen. So verweist Bundesbankpräsident Joachim Nagel auf neue Projektionen im September, um die Angemessenheit des geldpolitischen Kurses zu bewerten.
Fazit: Die Inflationsrate ist im Euroraum im Juni wie erwartet leicht gestiegen, bleibt mit 2,0% Y/Y aber im Zielbereich der EZB. Der inflationsdämpfende Effekt der Energiepreise lässt etwas nach, während die Kernrate mit 2,3% Y/Y leicht erhöht bleibt. Der rückläufige Trend der Dienstleistungsinflation hat sich im Juni nicht fortgesetzt, allerdings war hier der Rückgang im Mai wegen Sonderfaktoren besonders stark ausgefallen. Mittelfristig spricht die nachlassende Lohndynamik für eine Abschwächung des binnenwirtschaftlichen Inflationsdrucks. Die externen Risiken für die Inflation mahnen zur Vorsicht, weshalb die EZB im Juli eine Zinspause einlegen wird. Im weiteren Jahresverlauf dürfte sich das Fenster für eine letzte Zinssenkung jedoch noch einmal öffnen.
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