Fünf Fragen an… Thomas G. Winkler, CEO der UBM Development AG

Die Branche blickt auf eine herausfordernde Zeit zurück. Gerade Projektentwickler standen in den vergangenen Jahren unter hohem Druck. Haben wir einen Wendepunkt erreicht?
Winkler: Vielleicht haben wir noch keinen Wendepunkt erreicht, aber wir haben definitiv den Tiefpunkt durchschritten. Ein Frühindikator sind die guten Verkaufszahlen im Wohnungs-Einzelvertrieb. Institutionelle halten sich weiter zurück oder haben als Fonds ihre eigenen Probleme aufgrund von Mittelabflüssen. Die Börsennotierung der UBM hat sich in der Krise als echter Wettbewerbsvorteil erwiesen – auch weil man ehrlicher mit sich selbst sein muss.
Sie waren einer der ersten Projektentwickler, die stark auf das Thema Holzbau gesetzt haben und haben sich zum Ziel gesetzt, einer der größten Holz-Hybridbau-Entwickler in Europa zu werden. Warum hat UBM diesen Weg eingeschlagen?
Winkler: Als größter Hotelentwickler in Europa vor der Pandemie war ein Strategiewechsel ohne Alternative. Für den Holzbau spricht neben der Nachhaltigkeit die damit verbundene Notwendigkeit ganz neu an die Sache heranzugehen: Mehr Fabrik, weniger Baustelle – mehr standardisieren, weniger improvisieren. Das hat in jeder anderen Branche zu massiven Kosteneinsparungen geführt. Mit über 300.000 m2 in Holzbauweise sind wir jedenfalls ganz gut unterwegs.
Erst kürzlich haben Sie erfolgreich einen Green Bond platziert, wodurch mehr als 80 % ihrer Anleihen-Finanzierungen Nachhaltigkeitsbezug aufweisen. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung von nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten in der Immobilienbranche?
Winkler: Die Finanzströme sind irreversibel in Richtung Nachhaltigkeit umgeleitet worden. Gebäude produzieren in Errichtung und Betrieb knapp 40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. NetZero ohne die Immobilienwirtschaft ist unmöglich – Banken haben das schon länger auf dem Radar. Der Nachhaltigkeitsbericht wird mit dem Finanzbericht von der Wichtigkeit gleichziehen. Es gilt hier der Rat: If you cannot beat it, join it.
Im Kirchhoff-Stimmungsindikator werden die zunehmenden ESG-Anforderungen als eine der größten Hürde für die Branche genannt. Wie sehen Sie die stetig steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen? Sind sie eine bürokratische Hürde oder auch eine oft verkannte Chance?
Winkler: Wie bei jeder neuen Sache droht auch ESG über das Ziel hinaus zu schießen. Es muss hier zu Korrekturen kommen und es wird sich einpendeln. Fest steht allerdings auch, dass ESG zu einer weiteren Markt-Konzentration beiträgt - neben dem aktuellen Shakeout durch die Immobilienkrise. Wer überlebt, wird davon profitieren. Wir produzieren ja keine Einspritzdüsen für Dieselmotoren. Wir „produzieren“ etwas, das dringend gebraucht wird und wo die Nachfrage ungebremst ist. Das gilt aus meiner Sicht übrigens nicht nur fürs Wohnen sondern auch für das „neue Arbeiten“. Beim „neuen Arbeiten“ gilt es wiederum nicht nur für das Büro sondern auch für Light Industrial. Im Zuge einer teilweisen Rückholung von Schlüsselproduktionen müssen sich Unternehmen auch die Frage stellen, wie sie Facharbeitern etwas bieten in Sachen Arbeits-Atmosphäre und -Umgebung.
Analysten und Unternehmensvertreter äußern sich in der aktuellen Ausgabe sehr optimistisch hinsichtlich der Entwicklung von Immobilienaktien. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Winkler: Fundamental spricht vieles dafür, dass Immobilienwerte „ausgebombt“ sind. Die Abschläge zu den Net Asset Values sprechen hier eine deutliche Sprache. Kurzfristig neigt der Kapitalmarkt regelmäßig zu Übertreibungen. Der Weg zur Erholung ist aber ein langer und trotz fallender Zinsen sind Rückschläge nicht auszuschließen. Die Zahl der Immo-Pleiten ist ungebrochen und alle Kapitalmarktteilnehmer lesen Zeitung …
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