In der Krise einsteigen - Börse München
Was für eine Woche. Als gäbe es nicht schon ausreichend Belastungsfaktoren kam jetzt noch der unmenschliche Terrorangriff auf Israel hinzu. Und die Sorge, der Konflikt könnte sich zum Flächenbrand ausbreiten. Erinnerungen an 1973 und die Ölkrise in Folge des Jom-Kippur-Krieges kamen auf, dafür reagierte die Börse sogar noch recht gelassen. Keinesfalls auf leisen Sohlen kam der Börsengang von Birkenstock daher, doch das Börsenparkett erwies sich für die Sandalen als einigermaßen rutschig: „Birkenstock-Desaster verdirbt die IPO-Stimmung vollends“, merkte die Börsen-Zeitung an und kommentierte auch noch „Ausgelatschte Preisvorstellung“. Sandalen sind eben doch keine High Heels.
Wilde Zeiten
Beruhigen uns in diesen unruhigen Zeiten die Finanzmagazine, trösten mit Gewinnversprechungen über die triste Gegenwart an den Börsen hinweg? Der Aktionär kleidet sich auf dem Cover ganz in Lila – diese Verbindung aus rot und blau steht ja für Balance zwischen Körper und Geist – und lobt „7 Top-Aktien supergünstig“ aus. „Big Deals an der Börse – jetzt zugreifen, bald kräftig abkassieren“. Also für jetzt zugreifen sind wir immer dankbar an der Börse. Focus Money verheißt uns „3 Strategien für wilde Zeiten“ und sogar „Mehr Rendite, weniger Stress: Jetzt die Top-Aktien aus den Top-Branchen kaufen!“ Einigermaßen verhalten gibt sich hingegen Börse Online, dafür ist ein wahrer Geldregen auf dem Cover abgebildet mit dem Versprechen: „Ihr lebenslanges Dividendeneinkommen“, präzisiert: „Jedes Jahr mehr aufs Konto…lukrativer als der Dax…mit genialem Risikopuffer“. Bei AnlegerPlus reimt quasi ein Bulle: „Bekannte Branchen. Frische Chancen“. „Interessante Investments zur Depotbeimischung“ aus den Branchen Maschinenbau, Solarindustrie, Biotechnologie verspricht uns der Heftinhalt, falls sich jemand einen Reim drauf machen möchte. Und weil alles gerade alles andere als friedlich ist, macht die Novemberausgabe des EURO auf mit: „Die 100 sichersten Aktien der Welt“. Ja dann…
Aberglauben
Heute ist einmal mehr Freitag, der 13. Der Feiertag aller Pessimisten. Noch immer gibt es in vielen Hotels kein 13. Stockwerk (vor allem in ebenerdigen) und keine 13. Reihe in Flugzeugen. Passiert aber an solchen Freitagen wirklich mehr als an „normalen“? Eine Branche ist geradezu prädestiniert, dies richtig einzuschätzen: „Versicherer glauben nicht an Freitag, 13.“, erklärt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Aber was heißt glauben? Erhöhte Schadensaufkommen, wie es auf Versicherungsdeutsch heißt, könnten nicht festgestellt werden. Im Gegenteil, am letzten Freitag, den 13. im Januar wurden sogar weniger Schadensfälle gemeldet als gewöhnlich an einem Freitag. Das erscheint uns nachvollziehbar, vor lauter Aberglaube sind wir an solchen Tagen eben besonders vorsichtig und meiden alles, was glatt, hoch oder spitz ist. Am meisten Unfälle passieren laut Zeitungsbericht im Übrigen am Mittwoch – geschwächt von der Arbeitswoche und noch weit entfernt vom rettenden Wochenende sind wir da wohl am unvorsichtigsten.
Gaunereien
Der Hype um Abnehmspritzen oder Tabletten ist bekannt und machte sich auch an der Börse durch Kurssprünge (von Zunehmen wollen wir in diesem Umfeld lieber nicht sprechen) bemerkbar. Das Gute: Man muss nichts tun, keinen Sport treiben und auch die Nahrung nicht umstellen oder gar gesund leben und nimmt trotzdem ab. Das Schlechte: Wo große Gewinne zu verzeichnen sind, sind auch Gauner meist nicht weit, ob dick oder dünn. „Sorge vor gefälschtem Ozempic-Mittel“, berichtet deshalb Die Welt. Ozempic, ursprünglich gegen Diabetes auf den Markt gebracht, ist jenes Wundermittel gegen ausufernde Beleibtheit und in stetiger Beliebtheit (zu was ein Buchstabendreher alles nützt). Vorsicht also vor günstigen Spritzen aus dem Internet: Sie haben einen stark abnehmenden Nutzen, nutzen aber nicht zum Abnehmen!
Geschwindigkeitsrausch
Aus einem Artikel mit der etwas kryptischen Überschrift „Interessante Prioritäten“ aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben wir einmal mehr einen Beleg über die EU-Regulierungswut erhalten und ein neues Wort erfahren: Reitermäher. Stellen Sie sich nur einmal vor: Sie hetzen noch schnell bei Rot über die Straße und werden von einem mit fast 20 Stundenkilometern heranrauschenden Reitermäher – auch Aufsitzrasenmäher – überfahren und landen schlimmstenfalls als Häcksel in seinem Grasbeutel. Nun, dann wird Ihnen vermutlich egal sein, dass dieser Rasenmäher „nur“ über die normale Haftpflichtversicherung mitversichert ist und keine eigene Kfz-Haftpflicht vorweisen kann. Das soll, nein, muss sich laut EU schleunigst ändern und alle Fahrzeuge zwischen 6 und 20 Stundenkilometern Geschwindigkeit (Langsamkeit träfe es eher) sollen künftig zwingend eine eigene Haftpflichtversicherung abschließen. Was nicht einmal die Versicherungsbranche erfreut. Einzige Ausnahme: Wenn Sie Ihren Rasenmäher ausschließlich im eigenen Garten bewegen. Ob als nächstes Bobbycars versicherungspflichtig werden, sobald sie den heimischen Garten verlassen, bleibt abzuwarten.
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!