Bank of Japan: Warten auf Godot (oder das Jahr 2023) - Nord LB
Einmal mehr wurde von der Bank of Japan beschlossen, keine Anpassungen an der Ausrichtung ihrer Zinspolitik zu implementieren. Folglich verharren der traditionelle Leitzins und die Zielrendite von Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren im Land der aufgehenden Sonne erwartungsgemäß auch weiterhin auf dem inzwischen „bewährten“ Niveau. Diese heutige Entscheidung ist wieder einstimmig getroffen worden. Damit stellt sich die Notenbank in Tokio auch weiterhin gegen den Trend hin zu einer weniger laxen Geldpolitik, der bei vielen anderen Zentralbanken aufgrund von Problemen mit hohen Inflationsraten massiv an Popularität gewonnen hat. Diese Tatsache lastet schon seit geraumer Zeit auf dem Yen.
Inflation ist aktuell kein großes Problem für die Notenbank in Tokio. Die Konsumentenpreise sind im September zwar um immerhin 3,0% Y/Y gestiegen, diese Nachricht sorgt aber noch für keinen Handlungsdruck bei den Zentralbankern. Ein Grund für den Preisauftrieb ist natürlich die schwache heimische Währung. Hier könnte die Bank of Japan ohne jeden Zweifel wirkungsvolle geldpolitische Gegenmaßnahmen ergreifen. Während in Deutschland eine massive Angst bezüglich zu hoher Inflationsraten tief im Bewusstsein der Wirtschaftssubjekte verankert ist, gibt es in Japan eine ähnliche große Sorge vor der Deflation. Folglich will die Notenbank keinesfalls zu früh die Leitzinsen anheben, um einer Rückkehr der gefürchteten „fallenden Preise“ keinen Vorschub zu leisten. Diese Tatsache ist sicherlich ein wichtiger Einflussfaktor, der den momentanen Hang der Bank of Japan zur geldpolitischen Prokrastination erklärt. Wirtschaft ist eben immer auch Psychologie!
Die Schwäche des Yen bereitet dem japanischen Finanzministerium bekanntlich bereits seit einiger Zeit größere Sorgen. Die Verantwortlichen dort glauben, dass der Abwertungsdruck auf die japanische Währung die Konsumneigung der privaten Haushalte deutlicher beeinträchtigen könnte. Daher setzt man auf Intervention am Devisenmarkt. Diese dürften auch weiterhin auf der Agenda der japanischen Wirtschaftspolitiker bleiben. Zumindest signifikante Anpassungen am Prozedere bei der Yield-Curve-Control sollten nötig werden, um den massiven Abwertungsdruck auf den Yen etwas zu verringern. Dazu ist die Bank of Japan aktuell aber noch nicht bereit, was wohl auch damit zu tun haben dürfte, dass man vor „den Spekulanten“ nicht einknicken will.
Der Zentralbankchef Haruhiko Kuroda wollte sich anlässlich der Pressekonferenz im Anschluss an die Notenbanksitzung nicht explizit zu den FX-Interventionen äußern. Er gab aber erwartungsgemäß zu Protokoll, dass man den Devisenmarkt genau beobachten würde. Seiner Meinung nach könnten abrupte und einseitige Bewegung im FX-Segment nicht positiv für die Wirtschaft sein. Der für die aktuelle Schwäche des Yen maßgeblich verantwortliche Fokus des Devisenmarktes auf Zinsdifferenzen müsse nach seiner Auffassung als zu eindimensional bezeichnet werden. Kuroda sagte auch, dass die Maßnahmen zur Yield-Curve-Control die Abwertungstendenzen bei der japanischen Währung nicht auslösen würden. Diese interessante Einschätzung dürfte aber wohl keinesfalls die herrschende Meinung am Devisenmarkt reflektieren. Mit Blick auf die Inflationsentwicklung betonte der Notenbankchef, dass man sich den Zielen annähern werde. Die Marktteilnehmer sollten nach seiner Meinung auf absehbare Zeit besser keine höheren Leitzinsen erwarten!
Fazit: Die Bank of Japan hat erwartungsgemäß abermals keine Veränderungen an ihrer Zinspolitik vorgenommen und zudem signalisiert, dass es perspektivisch wohl nicht zu Leitzinsanhebungen kommen dürfte. Warten auf Godot – oder auf das Jahr 2023, welches das Ende der Amtszeit Kurodas bringen wird, könnte somit zum Motto der japanischen Geldpolitiker werden. Spätestens dann ist zumindest fest mit Anpassungen am Prozedere bei der Yield-Curve-Control zu rechnen. Ob zeitgleich auch schon der traditionelle Leitzins in Bewegung kommen wird, kann aber bezweifelt werden. Hier spielt nämlich wieder die Psychologie und die in Japan vorherrschende Angst vor „der Deflation“ eine große Rolle.
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