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Wirecard: Die „Perlen aus Aschheim” - Zocken mit den Übernahmegerüchten

29.06.2020 08:22 Uhr - Autor: Michael Barck  auf twitter

Wer das Gesamtbild im Blick hat, der merkt: Bei Wirecard wird für Aktionäre nach der Insolvenz wohl nichts übrig bleiben. Bild und Copyright: Wirecard.

Den Job bei Wirecard dürfte sich James Freis, seit einigen Tagen CEO des DAX-Konzerns, ganz anders vorgestellt haben. Eigentlich sollte der US-Amerikaner erst im Juli zu dem Zahlungsverkehrs-Dienstleister aus Aschheim stoßen und dann als Verantwortlicher Vorstand für den Bereich Compliance das ramponierte Image in Sachen Corporate Governance und Transparenz wieder auf Vordermann bringen. Dann aber begannen die Dinge einen ganz anderen Lauf zu nehmen - spätestens Ende April, als das Ergebnis des KPMG-Audits selbst neutralen Beobachtern des Konzerns das Blut in den Adern gefrieren ließ und Wirecards Wirtschaftsprüfer EY unter Druck setzte. Das Ende ist bekannt: EY gab kein Testat für Wirecards Bilanz des Jahres 2019, weil 1,9 Milliarden Euro an Treuhandvermögen sich nicht auffinden ließen. COO Jan Marsalek musste daraufhin gehen und CEO Markus Braun, als „Macher” von Wirecard von vielen gefeiert, ging freiwillig - womit Freis nicht nur früher in Wirecards Vorstand kam, sondern auch gleich den CEO-Job übernehmen musste.

Dass Freis mit dem Insolvenzantrag für Wirecard in der vergangenen Woche nach nur wenigen Tagen im Amt nun für eine Transparenz über den Zustand von Wirecard in besonderer Form sorgte, spricht Bände. Kaum waren Braun und Marsalek von Bord und eine von den früheren Vorgängen unbelastete Person im Amt, stürzte das Kartenhaus ein. Selbst die Bankengruppe, die immerhin eine zum großen Teil von Wirecard ausgeschöpfte Kreditlinie in Höhe von 1,85 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hatte, war vom Zeitpunkt des Insolvenzantrags überrascht. Man tendierte wohl dazu, wie zu hören ist, die eigentlich Ende Juni fälligen Kredite noch einmal um drei Monate zu verlängern, um Wirecard die Chance zur Stabilisierung zu bieten.

Freis überrascht selbst Wirecards Banken mit dem Insolvenzantrag

Dass Freis bei Wirecard die Notbremse in Form des Insolvenzantrags trotzdem direkt selbst gestellt hat, zeigt das desaströse Bild, das die Company auf den neuen Manager abgegeben haben muss. Es ist etwas, was man im Kopf behalten muss, wenn man die aktuell grassierenden Übernahmegerüchte zur Kenntnis nimmt. Ziemlich unkonkret heißt es da in einigen Schlagzeilen, dass es Übernahmeinteressenten für Wirecard geben soll. Das überrascht: Was sehen Außenstehende in dem Gesamt-Konzern (!), wie diese Schlagzeilen suggerieren, was selbst Freis, dem alle internen Infos zur Verfügung stehen, in der Gesellschaft aktuell nicht sieht?

An der Börse zockt man schon mit den Übernahmegerüchten. Aktuell liegt Wirecards Aktienkurs bei Indikationen um 1,60/1,64 Euro, nachdem der immer noch im DAX-notierte Titel den Handel am Freitag bei 1,281 Euro (-63,74 Prozent) beendet hatte.

Allerdings sollte man sich von den Schlagzeilen nicht blenden lassen und ins Detail gehen. Den Gesamt-Konzern (!) interessiert in dieser Situation unter potenziellen Aufkäufern niemand. Es geht um einzelne Tochtergesellschaften, die „Perlen” des Unternehmens, dessen Geschäft mindestens zu einem Teil auf schlichter Bilanzmanipulation aufgebaut scheint - falls der Bilanzskandals nicht so groß ist, dass selbst die Perlen der Süddeutschen nur noch Glasmurmeln sind.

Am Ende wird für Aktionäre von Wirecard wohl nichts übrig bleiben

So wird Wirecard seit dem Insolvenzantrag genau aus diesem Grund nicht müde zu erwähnen, dass die Wirecard Bank nicht Teil der Insolvenz sei. Die wichtige Tochtergesellschaft (unter anderem Herausgeber des Angebots „boon.planet”), bei der unter anderen die Banklizenz der BaFin und die Kreditkartenlizenzen von Mastercard und Visa liegen, hat Aufpasser von der BaFin zur Seite gestellt bekommen und könnte eines der Assets sein, dass sich noch in klingende Münze verwandeln lässt - wahrscheinlich aber nur zu Ausverkaufspreisen, wie üblich in Insolvenzverfahren. Weniger Glück hatte die Wirecard Card Solutions Limited: Die britische Tochtergesellschaft des Unternehmens ist von den Behörden des Landes erst einmal quasi stillgelegt worden, was auch „boon.”-Kunden spüren: Die können derzeit ihre boon.-Guthaben nicht nutzen, da Wirecard Card Solutions keine genehmigungspflichtigen Geschäfte mehr tätigen darf - dazu gehört auch die Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Man befindet sich in Gesprächen. Möglich, dass sich hier noch etwas tut und die britische Tochter ebenfalls zu einem möglichen Verkaufskandidaten wird.

Ist das Hoffnung für Aktionäre? Angesichts der Gesamtlage des Konzerns wohl kaum. Nicht nur dass 1,9 Milliarden Euro Treuhandvermögen wohl nicht existieren, ebenso mehr oder weniger große Teile des Geschäfts, auf Wirecard wartet auch noch eine milliardenschwere Prozesslawine. Am Ende heißt es dann wohl für die Aktionäre, die ganz am Ende der Verwertungskette stehen: Pech gehabt, es bleibt nichts übrig.

Lesen Sie mehr zum Thema Wirecard im Bericht vom 26.06.2020

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