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Die Krise hält an, die Nervosität an den Aktienmärkten bleibt hoch - Börse München Kolumne

16.03.2020 10:10 Uhr - Autor: Robert Ertl  auf twitter

Robert Ertl: „Historisches gab es am Montag zu den US-Anleihen, hier rentierten Anleihen aller Laufzeiten erstmals überhaupt unter der Marke von 1 Prozent.” Bild und Copyright: Bayerische Börse AG.

Panik an den Märkten: Die deutschen Aktienmärkte haben mit der vergangenen Woche eine der turbulentesten ihrer Geschichte erlebt, die Kurse sind dabei bei schwankendem Verlauf auf breiter Front eingebrochen. Nachdem bereits der Wochenauftakt von Fachmedien als „Schwarzer Montag“ beschrieben worden war, ging es am Donnerstag noch deutlicher bergab. Der Deutsche Aktienindex (Dax) verzeichnete an diesem Tag den zweithöchsten prozentualen Tagesverlust seiner Geschichte, lediglich nach dem „Schwarzen Freitag“ an der Wall Street Mitte Oktober 1989 waren die Verluste noch höher ausgefallen. Verantwortlich für die Kurseinbrüche waren einerseits einbrechende Ölpreise und Sorgen vor einem Ölpreiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland. Vor allem aber setzten die Ausbreitung des Coronavirus in Europa, die deswegen ergriffenen Maßnahmen wie Reisebeschränkungen, die Abriegelung ganzer Länder, Quarantänemaßnahmen und die immer realer werdenden Sorgen um die Auswirkungen auf die globale Wirtschaft den Märkten zu. Die Hilfszusagen von Seiten der Politik und der großen westlichen Notenbanken zeigten zuerst nur kurzzeitig Wirkung. Zu Ende der Handelswoche wuchs dann die Zuversicht der Anleger hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahmen und eine Gegenbewegung kam in Gang.

Nichtsdestotrotz stürzte der Dax im Wochenvergleich um 20,0 Prozent auf 9.232,08 Punkte ab, der Fall unter die 10.000-Zähler-Marke tat ein Übriges, um den Anlegern die Stimmung zu verderben. Spürbar geringer fielen die Verluste beim Indexwert Wirecard aus. Der Zahlungsdienstleister hatte mitgeteilt, dass die Sonderuntersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zu der in Medienberichten beanstandeten Geschäftstätigkeit in einigen asiatischen Ländern weitestgehend abgeschlossen sei und zu keinem Korrekturbedarf bei den Jahresabschlüssen des Untersuchungszeitraums geführt habe. Der MDax sackte im Wochenvergleich um 18,2 Prozent auf 20.256,48 Punkte ab. Der TecDax verlor 16,4 Prozent auf 2.360,54 Zähler. Der m:access All-Share büßte 12,0 Prozent auf 2.282,90 Punkte ein.

An den deutschen Anleihemärkten führten die Turbulenzen an den Märkten und die Unsicherheit der Anleger zu starken Schwankungen, insgesamt gaben die Kurse dabei aber nach. Zu Beginn der Handelswoche sorgten das Coronavirus und der Absturz der Ölpreise noch für erhebliche Kurssteigerungen bei den Bundespapieren, die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe markierte mit -0,91 Prozent ein neues Rekordtief. Im weiteren Verlauf sank dann allerdings die Nachfrage nach den deutschen Anleihen, selbst vom Einbruch an den Aktienbörsen am Donnerstag profitierten diese nur gering. Letztlich stieg die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe im Wochenvergleich von -0,73 auf -0,55 Prozent. Die Umlaufrendite reduzierte sich von -0,71 auf -0,68 Prozent. Historisches gab es am Montag zu den US-Anleihen, hier rentierten Anleihen aller Laufzeiten erstmals überhaupt unter der Marke von 1 Prozent.

An den US-Aktienbörsen fiel die Erholung nach einer vorangegangenen ähnlich desaströsen Entwicklung wie hierzulande am Freitag zwar spürbar umfangreicher aus – was vor allem der Ausrufung des Notstands geschuldet war, der umfangreiche Hilfen seitens der Politik ermöglicht –, dennoch hinterließ Corona auch hier deutliche Spuren. Der Dow-Jones-Index fiel im Wochenvergleich um 10,4 Prozent auf 23.185,62 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index rutschte um 8,8 Prozent ab auf 2.710,95 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100-Index reduzierte sich um 6,3 Prozent auf 7.995,26 Punkte.

Ausblick
Die Krise hält an, die Nervosität an den Märkten bleibt hoch und das Coronavirus das entscheidende Thema – so viel lässt sich mit Gewissheit über die aktuelle Woche an den deutschen Aktienbörsen sagen. Hinsichtlich der kurzfristigen Entwicklung gehen die Meinungen dagegen auseinander. Optimistischer gesinnte Beobachter glauben, dass es zu einer zumindest kurzzeitigen Gegenbewegung nach den dramatischen Kursverlusten der Vorwoche kommen könnte. Skeptischere Experten rechnen dagegen nicht damit, dass ein nennenswerter Anteil der Investoren rasch wieder zu den Dividendentiteln greifen wird. Und generell herrscht die Ansicht, dass es selbst nach einer möglichen Gegenbewegung erst einmal weiter nach unten gehen dürfte, eine anhaltende Aufwärtsbewegung werde auf sich warten lassen. Eine solche dürfte realistisch erst nach Abebben oder bei erfolgreicher Eindämmung der Pandemie, und damit nicht in den nächsten Tagen oder auch Wochen, zu erwarten sein.

Kurzfristig dürften die Nachrichten zur weiteren Ausbreitung der Erkrankung und den Reaktionen der Politik die Stimmung an den Märkten bestimmen. Dass letztere das öffentliche Leben in mehr und mehr europäischen Ländern praktisch zum Erliegen bringen, könnte die Unsicherheit der Anleger ebenso erhöhen wie die Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung. Auf der anderen Seite könnten Ankündigungen politischer Maßnahmen auch zu wachsender Zuversicht der Marktteilnehmer führen, dass die ökonomischen Folgen der Coronakrise weniger dramatisch ausfallen werden als von einigen befürchtet. Inwieweit hierzu bereits der Schritt der US-Notenbank Fed, die am Sonntag den Leitzins nochmals und erstmal seit der Finanzkrise von 2008 außerhalb eines regulären Treffens ihrer Mitglieder gesenkt hat, beitragen wird, muss abgewartet werden.

Konjunkturdaten stehen in den kommenden Tagen natürlich ebenfalls an, auch solche, die unter normalen Umständen die Märkte spürbar beeinflussen dürften. Dazu zählen vor allem die ZEW-Konjunkturerwartungen aus Deutschland, die Einzelhandelsumsätze sowie die Industrieproduktion in den USA und die Industrieproduktion in China. All‘ diese Zahlen können sich zwar auch in dieser Woche der Aufmerksamkeit der Anleger gewiss sein, allerdings dürften sie mit Zahlen zu den Corona-Infizierten kaum konkurrieren können.

Bei Unternehmensnachrichten dürften die Investoren derzeit vor allem auf die Auswirkungen der Krise auf diese achten. Bei der Lufthansa, die ihren Geschäftsbericht am Donnerstag vorstellt, sind diese in Teilen bereits bekannt, das Luftfahrtunternehmen hatte schon am vergangenen Freitag die Aussetzung der Dividende verkündet.

Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 16.03.: New York Empire State Produktionsindex (USA); Industrieproduktion in China
Dienstag, 17.03.: ZEW-Konjunkturerwartungen (Deutschland); Lohnkosten in der Eurozone; Einzelhandelsumsätze in den USA; Industrieproduktion in den USA; Immobilienmarktindex der National Association of Home Builders (USA)
Mittwoch, 18.03.: Großhandelspreise in Deutschland; Handelsbilanz der Eurozone; Verbraucherpreise in der Eurozone; Ergebnis der Ratssitzung der US-amerikanischen Nationalbank; Hausbaubeginne und -genehmigungen in den USA
Donnerstag, 19.03.: Philadelphia Fed Herstellungsindex (USA)
Freitag, 20.03.: Erzeugerpreise in Deutschland; Leistungsbilanz der Eurozone; Verkäufe bestehender Häuser in den USA

Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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