Wirecard Aktie nach dem „FT”-Crash: Vertrauen wächst langsam

Noch knapp drei Wochen, dann ist die Börse in Sachen Wirecard Aktie schlauer. Am 25.4. Wird das Unternehmen die Bilanz für 2018 vorlegen. In einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv hat Wirecard-Chef Markus Braun zusätzliche Transparenz für die Bilanzpressekonferenz versprochen. Man darf gespannt sein, was das Unternehmen darunter versteht, da Braun hierzu keine Details nannte und sich auch sonst vor allem in Allgemeinplätze flüchtete - seine meistgebrauchten Aussagen betrafen ein starkes operatives Geschäft sowie die Behauptung, dass die Ende Januar durch die Berichte in der „Financial Times” aufgekommenen Probleme abgehakt seien.

Nun, das sagte Braun allerdings auch schon Anfang Februar in einer Telefonkonferenz und der Blick auf die Wirecard Aktie zeigt, dass bis dato nichts abgehakt ist. Tatsächlich notiert die Wirecard Aktie trotz des Gutachtens der Anwaltskanzlei Rajah & Tann, das Wirecard partiell von den Vorwürfen entlastet, derzeit sogar tiefer als zu der Zeit der Telefonkonferenz am 4.2. Das liegt nicht zuletzt an ständig auftauchenden neuen Enthüllungen im Zuge der problematischen Asien-Geschäfte des Wirecard-Konzerns. Zudem hat es das Unternehmen mit seiner Kommunikationsstrategie bisher nicht geschafft, an der Börse das verloren gegangene Vertrauen wieder herzustellen.

Immerhin: Vom Crash-Tief bei 86 Euro hat sich Wirecards Aktienkurs erholt, pendelte gestern ruhig um die 110 Euro, liegt damit aber auch weit unter dem Niveau, das vor der Berichterstattung der „Financial Times” zu sehen war. Ende Januar wurden rund 170 Euro für den DAX-Titel bezahlt. Das Allzeithoch wurde im September des Vorjahres bei 199 Euro notiert.

Allerdings muss man den Kurssturz, der seit September 2018 das Geschehen bei der Wirecard Aktie dominiert, relativieren. Zum einen bleibt abzuwarten, was von den Berichten der „Financial Times” am Ende wirklich hängen bleibt. Hier sei an frühere Shortseller-Attacken und Vorwürfe erinnert, die sich in Luft auflösten. Zum anderen wurde mit der Baissebewegung von 199 Euro im September 2018 auf 86 Euro Anfang Februar 2019 gerade einmal die Aufwärtsbewegung seit Februar 2018 egalisiert - davor war die Wirecard Aktie von 111 Euro auf 85,40 Euro (!) gefallen. Zwei Jahre zuvor hatte eine Shortseller-Attacke den Aktienkurs von Wirecard sogar auf 29,40 Euro fallen lassen, der Ausgangspunkt der langen Hausse liegt sogar noch viele Jahre davor. Viele langfristig orientierte Investoren liegen bei der Wirecard Aktie also weiterhin meilenweit in der Gewinnzone.

Frühere Shortattacken zeigen: Erholungsbewegungen brauchen ihre Zeit

Schon der Crash nach der Shortseller-Attacke im Jahr 2016 zeigte allerdings, dass Vertrauen nicht über Nacht zurück kommt. Nach dem Einbruch von 47,60 Euro auf 29,40 Euro im März 2016 brauchte die Wirecard Aktie bis September 2016, um wieder 47 Euro zu erreichen. Der Ausbruch über 47,60 Euro erfolgte sogar erst im März 2017. Die Entwicklung nach Shortseller-Attacken bei anderen Aktien wie Aurelius oder Ströer zeigen Ähnliches. Sollte Wirecard die Vorwürfe der „Financial Times” also endgültig ausräumen können, könnte bei den Aktionären des Konzerns weiterhin Geduld gefragt sein, bis der Kurssturz egalisiert wird. Vertrauen an der Börse ist eben schnell verspielt, aber wächst nur langsam.

Aktuell tut sich bei Wirecards Aktienkurs wenig. Am Freitagmorgen liegen die Indikationen bei 110,20/110,65 Euro, gestern ging es mit 110,10 Euro und einem Kursgewinn von 1,85 Prozent aus dem Handel. In der technischen Analyse für die Wirecard Aktie bleiben damit die zuletzt genannten Signalmarken relevant. Hier noch einmal die einzelnen Szenarien für den DAX-notierten Fintech-Wert.

Das bullishe Szenario: Gelingt der Wirecard Aktie ein Ausbruch über die Widerstandszone oberhalb von 113,80 Euro mit der Kernzone bei 114,40/115,50 Euro, wären Hindernisse in einer Zone von 123,50/124,10 Euro über 127,70/128,80 Euro bis auf 130,35 Euro die nächsten möglichen Ziele. Übergeordnet träfe eine weitergehende Erholungsbewegung anschließend um 148,00/149,50 Euro auf starken Widerstand. Vorher wären allerdings noch kleinere Widerstandsbereiche um 134,15/136,50 Euro und um 141,75/142,70 Euro zu überwinden.

Das bearishe Szenario: In den letzten Tagen hat die Wirecard Aktie die sich überlappenden Unterstützungen bei 107,00/108,80 Euro (Gap) und um 106,10/107,85 Euro deutlich bestätigen können. Ein Verkaufssignal an dieser Marke würde nächste charttechnische Unterstützungsmarken um 103,15/104,85 Euro sowie 99,20/101,00 Euro und 93,10/95,30 Euro in den Fokus schieben. Übergeordnet bleibt ein Test des Crash-Tiefs bei 86,00 Euro und damit der hier liegenden starken Unterstützungszone um 85,40/86,00 Euro ebenfalls weiterhin nicht ausgeschlossen.