Nord LB – USA: Größeres Handelsbilanzdefizit wird BIP-Wachstum in Q3 bremsen
Heute Nachmittag sind vom amerikanischen Census Bureau Daten zur US-Handelsbilanz veröffentlicht worden. Demnach kam es im Berichtsmonat August zu einer deutlichen Ausweitung des Defizits von 41,8 auf 48,3 Mrd. USD. Das lag grundsätzlich im Rahmen der Erwartungen.
Beim Blick auf die Details fällt auf, dass die Bilanz von beiden Seiten in die Zange genommen worden ist: So gingen auf der einen Seite die Exporte um 2% M/M zurück. Diese Entwicklung dürfte tendenziell sowohl der schwächeren globalen Nachfrage, dem relativ starken US-Dollar als auch dem Ölpreisrückgang geschuldet gewesen sein. So sackte der Ölpreis vor allem im August deutlich ab, was auch den Export von Vorleistungsgütern belastete.
Auf der anderen Seite der Bilanz zogen die Importe um 1,2% M/M an, was wiederum überwiegend der robusten Nachfrage der privaten Verbraucher zuzuschreiben ist. Diese spüren im Zuge niedriger Zinsen, eines starken US-Dollars und eines niedrigen Ölpreises natürlich einen merklichen Rückenwind zum zusätzlichen Shoppen. Die Binnenwirtschaft bleibt damit unter Dampf!
Die Handelsbilanzzahl ist traditionell von größerem Interesse, da sie einen wichtigen Pfeiler bei der Prognose zum BIP-Wachstum darstellt. Insbesondere der Wert aus dem mittleren Monat des jeweils vergangenen Quartals kann wichtige Hinweise zur Entwicklung des Außenbeitrags in der BIP-Abgrenzung liefern. Die heutige Zahl impliziert, dass der zu erwartende Gegenwind für das BIP-Wachstum im III. Quartal aufgrund eines nun vermutlich negativen Außenbeitrags größer gewesen sein muss. Nun gehören wir mit unserer BIP-Prognose von 1,6% Q/Q (ann.) ohnehin nicht gerade zu den großen Optimisten für das vergangene Quartal, aber das Prognoserisiko (nach unten) wird damit sicherlich eher größer.
Als Besonderheit muss erwähnt werden, dass seit mittlerweile drei Monaten im voraus ein sogenannter Advance Report zu den Handelsergebnissen veröffentlicht wird. Dieser zeigte bereits eine deutliche Ausweitung an. Daher sollten die heutigen Daten zum Defizit auch nicht zu sehr überraschen – das Risiko einer negativen Überraschung war durchaus bereits absehbar.
Perspektivisch dürfte es nun dazu kommen, dass verstärkt (oder gar nur noch) auf diese Vorabbekanntgaben zum Außenhandel geachtet wird – da sie sich zudem offenbar als äußerst treffsicher erweisen. So ergibt eine lineare Regression beider differenzierten Zeitreihen zwischen Januar 2008 und heute ein R2 von beachtlichen 0,96.
Der Advance Report steht zudem mit einem deutlichen zeitlichen Vorlauf von bisweilen mehr als einer Woche zur Verfügung! So kamen bisher die Handelsbilanzdaten des letzten Monats aus dem vergangenen Quartal immer erst nach der ersten Veröffentlichung zum BIP-Wachstum auf den Tisch. Nun aber steht der nächste Advance Report am 28. Oktober sogar einen Tag vor der Veröffentlichung der BIP-Zahlen für Q3 an. Diese technische Anpassung dürfte sich als extrem marktrelevant erweisen, da mit den dann bereits für September vorliegenden Daten zur Handelsbilanz ein fundierterer Ausblick für die zu veröffentlichenden BIP-Wachstumszahlen und damit auch für Marktreaktionen möglich ist. Zumindest dann 24 Stunden im voraus!
Fazit: Das US-Handelsbilanzdefizit hat sich im August deutlich auf 48,3 Mrd. USD ausgeweitet. Während das Umfeld mit einem stärkeren US-Dollar und niedrigerem Ölpreis die Exporte belastete, trugen die gleichen Faktoren zu einem robusten privaten Verbrauch und damit höheren Importen bei. Das dürfte ein schwächeres BIP-Wachstum im III. Quartal implizieren, wovon wir ohnehin ausgegangenen sind. In Zukunft dürfte man verstärkt (oder gar nur noch) auf die Vorabveröffentlichung des Advance Reports zur Entwicklung der Handelsbilanz schauen: Diese liegt bereits frühzeitiger vor und liefert sogar vor der ersten Bekanntgabe des BIP-Wachstums einen Wert für den letzten Monat des jeweils abgelaufenen Quartals. Willkommen in der schönen Welt weiterer US-Indikatoren!