ARI Motors Industries: IPO - „It´s probably overpriced”
Börsianer sind ja durchaus ein Völkchen mit Humor. Beispiel gefällig? Börsengänge bzw. genauer: IPO. „It´s probably overpriced”, feixt man unter Investoren ganz gerne mal als Anspielung auf das eigentlich so ganz anders gedachte Akronym. Der Witz trifft natürlich nicht immer zu, wie hierzulande unter anderem der Porsche-Börsengang gezeigt hat. Andere Aktien, die neu an die Börse kamen, haben dagegen ihren Käufern weniger Glück gebracht.
Vor allem wenn es Unternehmen aus Hype-Sektoren sind, ist oftmals Vorsicht geboten. Elektroautos sind Zweifels ohne ein Hype, zum Beispiel wenn die Marke Tesla heißt und man sich die Bewertung anschaut, die der Musk-Konzern von Börsianern zugestanden bekommt. Die Politik pusht das Segment und der Trend zum E-Auto scheint kaum aufzuhalten.
Davon will auch ein Börsenneuling aus Borna südlich von Leipzig profitieren: ARI Motors Industries notiert ab dem heutigen Donnerstag am Primärmarkt der Düsseldorfer Börse. 10 Millionen Aktien sind ausgegeben und werden in den Handel eingeführt. Und bei ARI Motors Industries hat man deutliche Vorstellungen zur Bewertung: 40 Millionen Euro respektive 4 Euro je ARI-Aktie sind initial aufgerufen.
Kapitalerhöhung: Neue ARI-Aktien zu 3,50 Euro
Während der Start des ostdeutschen Elektrobauers ins Börsenleben per Notierungsaufnahme vonstatten geht, läuft eine begleitende Kapitalerhöhung bereits seit dem 1. Juli. Bis zu 2 Millionen neue ARI-Aktien sollen aus dem doppelt so hohen Genehmigten Kapital 2023/I emittiert werden. Platzieren will das Unternehmen die neuen Aktien laut dem Wertpapier-Informationsblatt bis Ende des Jahres zu einem Preis von 3,50 Euro je Aktie.
Nimmt man die erwarteten dann 12 Millionen ARI-Aktien und die initial vom Unternehmen angesetzten 4 Euro je Aktie, läge man bei 48 Millionen Euro Börsenwert, 42 Millionen Euro wären es auf Basis des Platzierungspreises zur Kapitalerhöhung.
Dass die fundamentalen Daten der Gesellschaft eine solche Börsenbewertung hergeben, darf allerdings durchaus bezweifelt werden. Das Elektroauto-Unternehmen wirbt zwar mit hohem Wachstum, doch um die Expansion überhaupt finanzieren zu können, ist man auf das neue Kapital angewiesen, das man über den Börsengang einwerben will. Dies räumt das Unternehmen selbst ein: „Ziel ist es, Kapital zu generieren, um das überdurchschnittliche Wachstum der ARI Motors GmbH zu finanzieren”, so ARI Motors Industries am Mittwoch. Der Blick in die Bilanzen der Gesellschaft und ihrer einzigen operativen Tochtergesellschaft, der ARI Motors GmbH, bestätigt den Eindruck.
Interessant in diesem Zusammenhang: Laut Exposé von ARI Motors Industries zum Börsengang wurde die GmbH erst Mitte März dieses Jahres in die nun an die Börse gehende SE eingebracht, gegen Sacheinlage sämtlicher Anteile und gegen Ausgabe von 9,88 Millionen neuen Aktien der ARI Motors Industries. Zum gesamten bisherigen Grundkapital des Unternehmens trägt bisher noch eine Bareinlage in Höhe von 0,12 Millionen Euro per Mitte Januar 2023 bei.
Der Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Bewertungs-Vorstellungen des ostdeutschen Unternehmens nicht gerade auf Understatement hindeuten. Die operativ tätige ARI Motors GmbH hat 2022 gerade einmal 3,17 Millionen Euro Umsatz erzielt, der Gewinn vor Zinsen und Steuern für das vergangene Jahr liegt bei ganzen 0,07 Millionen Euro und der Gewinn unter dem Strich bei 0,02 Millionen Euro. 2021 hatte die GmbH noch leichte Verluste bei einem Umsatz von 2,91 Millionen Euro geschrieben. Auffällig in den Zahlen für 2022 der Gesellschaft ist zudem die Aktivierung einer selbst geschaffenen Software als Immaterielle Vermögensgegenstände in Höhe von knapp 0,69 Millionen Euro.
Große Versprechen - aber auch erfüllbar?
Doch man will, so verspricht man es zumindest, nun stark wachsen. 7 Millionen Euro Umsatz stellt ARI Motors Industries für 2023 in Aussicht und 1,5 Millionen Euro Gewinn vor Steuern. Allein 20 Prozent könne man organisch wachsen, wenn man Spontankäufe bedienen könnte – so behauptet es das Unternehmen.
„Die Geschäftsführung von ARI geht davon aus, dass ARI nicht mehr nur als Nischenanbieter wahrgenommen wird”, heißt es. Die Elektrofahrzeuge des Unternehmens kosten zwischen einem mittleren vierstelligen und einem mittleren fünfstelligen Betrag - je nach Größe und Ausstattung. Die Fahrzeugplattformen werden von chinesischen Herstellern geliefert. Man bewege sich im Markt der leichten Nutzfahrzeuge, „auf dem jedes Jahr allein in Deutschland mehr als 250.000 Fahrzeuge verkauft werden”, so ARI im Exposé, und verspricht sich „ein enormes Marktpotenzial”. Zudem sei man 2023 mit dem ARI 902 in das Segment der Personenkleinstwagen eingestiegen.
„Sowohl Handwerker und Dienstleister als auch Großbetriebe und Kommunen fragen unsere Modellpalette stark nach, so dass unsere Auftragsbücher im Moment fast schon aus den Nähten platzen und unser Umsatz sich enorm gesteigert hat”, sagt ARI-Mitgründer und CFO Thomas Kuwatsch. Hört sich natürlich gut an, ist für den Anleger aber in der Höhe kaum greifbar: Konkrete Zahlen zur Auftragslage, mit denen man die Situation zum vergangenen Jahr vergleichen könnte, nennt ARI nämlich nicht. Ob hinter den Zahlen also mehr steckt als gute PR für den Börsengang und die laufende Kapitalerhöhung, bleibt abzuwarten.