UMT: „Dieser Deal eröffnet uns als Fintech-Unternehmen großes Ergebnispotenzial“
Der Münchner Mobile-Payment-Spezialist UMT United Mobility Technology AG wird zum wertorientierten „TechnologieHaus“ und hat im ersten Schritt die Buchberger Gruppe übernommen. „Die Transaktion ist für uns ein Gamechanger. Wir lizenzieren aber Mobile Payment weiter“, erläutert UMT-CEO Albert Wahl im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de und ergänzt: „Buchberger kommt zu unserem angestammten Geschäft ‚on top‘ und ist damit komplett additiv zu sehen.“ Als Sinneswandel sieht Wahl die Übernahme nicht. Vielmehr will UMT die Buchberger Gruppe in unternehmerischer Verantwortung in die digitale Welt begleiten und der neuen Tochter helfen, die Branche zu revolutionieren.
www.4investors.de: Herr Wahl, ehrlich gesagt: Wir haben uns am Dienstag ziemlich erstaunt die Augen gerieben, als Ihre Meldung zur Übernahme der Buchberger-Gruppe kam. UMT war Anlegern bisher als Fintech-Unternehmen bekannt, nun will man ein Unternehmen übernehmen, das nach eigenen Angaben auf seiner Homepage „von der Maurerkelle bis zum Baukran” alles für das Baugewerbe im Sortiment hat. Das wirkt reichlich erläuterungsbedürftig. Woher kommt der Sinneswandel im Ändern des Geschäftszweckes der UMT?
Wahl: Das ist keinesfalls ein Sinneswandel. Das ist der gezielte Einsatz unserer Kernkompetenzen in der Beherrschung komplexer IT-Systeme mit der Maßgabe, Geschäftsprozesse zu digitalisieren – und das immer mit dem Ziel, die Effizienz und Profitabilität in den Unternehmen nachhaltig zu steigern.
Die Buchberger Gruppe war zunächst – genauer seit Sommer 2020 – Kunde der UMT. Und zwar mit dem klaren Auftrag, zur Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit im Markt die weitgehend analogen Geschäftsprozesse zu digitalisieren und sich zudem über die Digitalisierung neue Kundengruppen zu erschließen.
Ein beeindruckendes Beispiel aus den USA – United Rentals – hat gezeigt, was Digitalisierung in dieser Branche bewirken kann: Ein Unternehmen, das ursprünglich sehr „Asset heavy“ war, in ein Unternehmen zu transformieren, welches nunmehr „Asset light“ agieren kann, gepaart natürlich mit einer enormen Verbesserung der eigenen Margensituation. Buchberger hatte ebenfalls den Anspruch, in unserer Region die Branche dahingehend zu revolutionieren und zu diesem Zweck nach einem kompetenten Partner gesucht. Somit wurde die UMT beauftragt, die Buchberger Gruppe in die neue digitale Welt zu begleiten.
www.4investors.de: Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Wahl: UMT erstellt aktuell ein völlig neues System von digitalen Services, das im zweiten Quartal vorgestellt wird und die Branche – mit „at the press of a button on your smartphone“ – in ein neues Zeitalter befördern wird. Erst die UMT-Expertise und die bestehende UMT-Plattform mit Mobile Payment ermöglichen – unter Ausnutzung der bestehenden Synergien – dieses Projektvorhaben. Im Laufe des Projektes haben wir schnell erkannt, welch großes Ergebnispotenzial in diesem Vorhaben liegt.
www.4investors.de: Und dieses Potenzial wollen Sie mit der Übernahme selbst heben?
Wahl: Korrekt. Aus diesem Grund haben wir uns auch dazu entschlossen, dieses Mal nicht nur Dienstleister zu sein, sondern auch Unternehmer. In diesem Zusammenhang haben wir den Gesellschaftern der Buchberger Gruppe ein Angebot zur Übernahme der Gesellschaft unterbreitet, nachdem wir wussten, dass Buchberger gerade im Begriff war, seine Generationennachfolge zu regeln. Aus dem Mobile-Payment-Geschäft haben wir gelernt, dass es – wenn man richtig erfolgreich sein will – maßgeblich entscheidend ist, mit auf der Unternehmerseite zu sitzen.
Mit der Übernahme von Buchberger haben wir nun die große Chance, einen Markt mit unserer Expertise und einer mit der Übernahme einhergehenden Kredibilität maßgeblich zu verändern und einen großen Schritt in Richtung weiteres, UMT-eigenes und profitables Wachstum zu gehen. Es hat sich also in unserer Ausrichtung nicht wirklich so viel verändert, bis auf die Tatsache, dass wir zudem als Fintech-Unternehmen auch bereit sind, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen.
www.4investors.de: Was passiert mit dem bisherigen Alt-Geschäft? Machen Sie jetzt kein Mobile Payment mehr?
Wahl: Nein, wir lizensieren natürlich Mobile Payment weiter. Buchberger kommt zu unserem angestammten Geschäft „on top“ und ist damit komplett additiv zu sehen.
www.4investors.de: Unter unseren Lesern wurde die Frage gestellt, warum man für eine Ausweitung der operativen Aktivitäten in Richtung weiterer Branchen außerhalb des Payment-Geschäfts nicht schlicht neue, überzeugende Produkte für diese Branchen entwickelt und an den Markt bringt, statt als bisheriges Fintech-Unternehmen einen Händler und Vermieter von Baumaschinen zu übernehmen?
Wahl: Genau das machen wir mit unserem neuen System „Smart Rental“, welches wir gerade für Buchberger entwickeln und im zweiten Quartal vorstellen werden. Es ist eine Sache, ein neues Software-Produkt zu entwickeln. Aber erst die eigenverantwortliche Übernahme der unternehmerischen Verantwortung für die inhaltliche Ausgestaltung im operativen Betrieb macht den Unterschied in der Wahrnehmung und Kredibilität nach außen für das geschaffene Produkt aus.
www.4investors.de: UMT wird zum wertorientierten „TechnologieHaus“. Vielen Anlegern ist nach der Meldung aber völlig unklar, was UMT überhaupt zukünftig sein will? Eine Beteiligungs-Holding? Ein Software-Unternehmen und Digitalisierer? Ein Bau-Dienstleister? Oder etwas ganz anderes?
Wahl: Wir wollen bewusst neue Wege gehen. Und wir haben aus der Vergangenheit gelernt, dass insbesondere die Verbindung „Produkt gepaart mit unternehmerischer Verantwortung“ einen maßgeblichen Unterschied macht, sowohl in der Produktakzeptanz als natürlich auch in der eigenen Profitabilität. Der Ausdruck „TechnologieHaus“ setzt den Rahmen für ein Technologieunternehmen, das bereit ist, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. UMT hat dies mit der Übernahme von Buchberger erstmals gemacht und es soll idealtypisch sein für weitere Projekte. Ich komme ja ursprünglich aus dem Private-Equity-Geschäft und kenne daher die Möglichkeiten, die mit der unternehmerischen Verantwortung einhergehen, nur zu gut und kann gut einschätzen, wo deutliche Potenziale zu heben sind.
www.4investors.de: Warum ist Ihre Wahl auf die Buchberger Gruppe gefallen?
Wahl: Buchberger ist ein typischer deutscher, nachhaltig profitabler Mittelständler in einem fragmentierten Markt mit großem Digitalisierungspotenzial. Eine Idealkonstellation für ein Unternehmen wie die UMT, um mit unserer Digitalisierungskompetenz Veränderungsprozesse technologisch zu gestalten, maßgeblich Ergebnispotenziale zu heben sowie unternehmerische Verantwortung zu übernehmen.
www.4investors.de: Bei Buchberger wollen Sie mit Digitalisierung und ggf. auch Marktkonsolidierung Umsatz, Ergebnis und Cashflow dynamisieren. Welche Schritte sind unter dem Aspekt der Digitalisierung genau geplant?
Wahl: Buchberger bewegt sich in einem stark fragmentierten Segment mit mehr als 5.000 Anbietern in Deutschland und ist hervorragend im konventionellen Geschäft aufgestellt. Trotz des bislang regionalen Fokus zählt das Unternehmen bundesweit zu den oberen 15 Prozent. Das Unternehmen zeichnet sich durch ein weites, praxisgerechtes Sortiment, starke Kundenorientierung und einen hohen Qualitätsanspruch aus.
Die Maßnahmen zur Digitalisierung werden dem Unternehmen Zugang zum deutschen Gesamtmarkt und darüber hinaus ermöglichen. Das verspricht entsprechende Umsatzpotenziale, wobei ein hoher Automatisierungsgrad auch höhere EBITDA-Margen erwarten lässt. Als erster Schritt ist bereits die Buchberger Digital GmbH gegründet worden, in der die neuen Aktivitäten gebündelt werden.
www.4investors.de: Die neuen digitalen Services umfassen sowohl den Handel als auch die Vermietung?
Wahl: Ja, besonders die Anmietung von Baumaschinen mit einer neu entwickelten „Smart Rental App“ wird einfacher und schneller denn je und bietet bei all dem das hohe Qualitätsniveau, das Buchberger erfolgreich gemacht hat. Beim Handel steht die schnelle Lieferung von Geräten und Bauelementen zu günstigen Konditionen im Fokus. Eine branchenspezifische e-Commerce-Lösung mit dediziertem Katalog ermöglicht besonders schnelle Bestellprozesse. Hier fließen die jahrzehntelange Branchenerfahrung von Buchberger ebenso ein wie das Technologie- und Prozess-Know-how der UMT.
www.4investors.de: Es herrscht am Markt große Skepsis, der Aktienkurs ist abgestürzt. Hätten Sie mit einer so heftig negativen Reaktion der Börse angesichts des radikalen Strategie-Umbruchs und der massiven Verwässerung der Altaktionäre nicht rechnen können?
Wahl: Nein, ich selbst hatte gedacht, dass der Markt das durchaus positiv aufnehmen würde. Die Reaktion zeigt mir allerdings jetzt deutlich, dass wir es wohl in der Kommunikation bislang nicht vermocht haben, die Ratio so zu erklären, dass der Markt es auch versteht. Hier müssen wir weiter erklären und schlicht Ergebnisse liefern. Die Transaktion ist für uns ein Gamechanger und ich selbst bin sehr froh, dass wir Buchberger übernehmen konnten.
www.4investors.de: Ist die Sacheinbringung mit einem fairen Wert für die UMT erfolgt? Wie hoch war die Bewertung für den Baumaschinenhandel und ist der durch eine Due Diligence verifiziert? Wer hat das Gutachten erstellt?
Wahl: Ja, unbedingt! Das Gutachten hat einen Mindestwert für Buchberger von 23,5 Millionen Euro ausgewiesen, welches den Wert der Sacheinlage ausmacht. Die Einbringung erfolgte zum Börsenkurs, um jedem Aktionär die Möglichkeit zu geben, zu gleichen Konditionen mitzuziehen, nachdem durch die Sacheinlage naturgemäß das Bezugsrecht ausgeschlossen war. Das Gutachten ist von einem vom Amtsgericht München beauftragen neutralen Gutachter erstellt worden und war Grundlage der Transaktion.
www.4investors.de: Der Aktienkurs von UMT liegt nach dem Sturz vom Dienstag weit unter dem Kurs von 8 Euro, der für die Sachkapitalerhöhung zur Übernahme der Buchberger-Gruppe vereinbart wurde. Gefährdet der starke Kurssturz die geplante Transaktion oder könnte dies zu einer noch größeren Sachkapitalerhöhung führen, weil der Ausgabepreis nach unten angepasst werden muss?
Wahl: Nein, das hat keine Auswirkungen auf die Transaktion.
www.4investors.de: Welche neuen Risiken entstehen für die UMT durch die Sacheinbringung?
Wahl: Wir schätzen die Risiken gering ein. Insbesondere bedeutet die Einbringung des Buchberger-Geschäftes ein zweites Standbein zum weiteren Ausbau der nachhaltigen Profitabilität der UMT Gruppe. Die Buchberger Gruppe ist seit Generationen profitabel und unter den Top 100 in ihrer Branche mit einer Eigenkapitalquote von 90 Prozent. Die Strahlwirkung im Markt und die Möglichkeit, über unsere Digitalisierungskompetenz an der Ergebnisentwicklung mit zu partizipieren, überwiegen die Risiken bei weitem. Buchberger gibt uns die Möglichkeit, unser Know-how maßgeblich neu zu positionieren.
www.4investors.de: Mit der angekündigten Kapitalerhöhung übernimmt die B2Btech GmbH als Zeichner der Kapitalerhöhung die Mehrheit an der „neuen” UMT. Über dieses Unternehmen ist Anlegern kaum etwas bekannt. Wer steckt hinter dieser Firma? Und was sind die Ziele des neuen Großaktionärs?
Wahl: Die B2Btech ist eine sogenannte Kaufgesellschaft, welche die Buchberger Gruppe komplett übernommen hat. Kaufgesellschaften bzw. SPVs (Special Purpose Vehicles) sind im Private-Equity-Geschäft ein marktübliches Instrumentarium zur Durchführung von Transaktionen. Der Gesellschafter in der B2Btech bin ich selbst, also „Dr. Wahl und seine Investorengruppe“.
Die Transaktion ist wertgleich zur Einbringung erfolgt, also auch zu 23,5 Millionen Euro.
www.4investors.de: Verlieren die bisherigen Kernaktionäre nicht jegliche Kontrolle an den neuen Großaktionär?
Wahl: Nein, wie bereits ausgeführt, bin ich ja selbst der Großaktionär und behalte damit die Kontrolle im Unternehmen und sorge für die notwendige Kontinuität im Unternehmen. Buchberger ist UMT+ und eröffnet uns klar weiteres Potenzial zu dem Bestehenden.
www.4investors.de: Soll die angekündigte „Buy & Build”-Strategie komplett auf ähnlichen Transaktionen gegen Ausgabe neuer Aktien aufgebaut werden? Und in welche Richtung sollen zukünftige Akquisitionen gehen?
Wahl: In diesem Zusammenhang werden wir naturgemäß die Möglichkeiten der UMT im Kapitalmarkt situationsbezogen erörtern und entscheiden, was für die jeweilige Transaktion in der Finanzierung der „Buy-and-Build“-Strategie am besten geeignet erscheint.
www.4investors.de: Wie sieht generell die Strategie bei Buchberger und auch künftigen Beteiligungen aus? Wollen Sie sich als Holding positionieren oder die Firmen nach einer gewissen Zeit wieder veräußern? Wie lange ist die Ziel-Haltedauer, welchen Branchenfokus haben Sie?
Wahl: Die Akquisition der Buchberger Gruppe ist der erste Schritt in der Umsetzung unserer „Buy-and-Build“-Strategie. UMT hat starke Wurzeln im e-Commerce sowie umfangreiche Expertise insbesondere im Handel und wird den mit Mobile Payment begonnenen Weg der „Digitalization in Commerce“ fortsetzen.
Wie ich bereits ausgeführt habe, versteht sich die UMT als „TechnologieHaus“, das bereit ist, neben der Produktverantwortung auch unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. UMT hat dies mit der Übernahme von Buchberger erstmals gemacht und das soll idealtypisch sein für weitere Projekte.
Die Bauindustrie als noch recht „analoge“ Branche mit hohem Fragmentierungsgrad bietet hier sicherlich ein weites Betätigungsfeld. Allerdings wollen wir uns zukünftig nicht allein darauf beschränken, sondern wie Sie uns kennen, werden wir sich uns bietende Chancen ergreifen. Generell wird sich die UMT strategisch nicht nur finanziell, sondern immer auch mit ihrem Know-how beteiligen, sich operativ einbringen und Verantwortung für nachhaltiges Wachstum übernehmen. Ein schneller Exit wird daher sicherlich nicht das erste Ziel sein.
www.4investors.de: Wenn wir in die nähere Zukunft blicken und wir davon ausgehen, dass Ihre Pläne aufgehen, wo sehen Sie UMT in drei Jahren?
Wahl: Als etabliertes „TechnologieHaus“ im besagten Sinne mit nachhaltiger Dividendenpolitik.