USA: Industriesektor geht in eine Art „Schneckentempo-Dynamik“ über - Nord LB Kolumne

Heute Nachmittag wurden neue Konjunkturdaten aus der US-Industrie gemeldet. Dabei veröffentlichte die New Yorker Fed ihre regionale Unternehmensumfrage, welche vor allem aus dem Grunde von Marktinteresse ist, da sie die erste Indikation bereits für den laufenden Monat September überhaupt liefert. Anschließend kamen von der Federal Reserve die aktuellen Daten zur US-Industrieproduktion auf den Tisch. Es wurde mit moderaten Verbesserungen gerechnet.
Der New Yorker Empire State Index wies mit 17,0 Punkten ein deutlicheres Plus als erwartet auf. Der Rückgang vom August wurde so nahezu genau wettgemacht. Angesichts des massiven Einbruchs im April auf fast -80 Punkten bleibt der „Auf-Schwung“ aber eher ernüchternd moderat. Von richtiger Aufholdynamik kann also weiterhin kaum gesprochen werden, zumal dieser Index seit dem sino-amerikanischen Handelskrieg den (adjustierten) ISM PMI zumeist auch noch outperformte.
Die Industrieproduktion verzeichnete im August mit einem Anstieg um 0,4% M/M auch keine signifikanten Luftsprünge. Den massiven Rückgängen im März und vor allem April (Rekordrückgang seit 1919) folgten nun zwar vier Monate mit Zuwächsen, doch diese machten den Einbruch vom Frühjahr noch längst nicht wieder wett: Gegenüber Februar notiert das Produktionsniveau weiterhin noch 8% niedriger! Damit muss konstatiert werden, dass trotz solider Stimmungsumfragen – so notierte der ISM PMI bereits wieder bei 56 Punkten – der Sektor noch nicht im grünen Bereich liegt!
Einen etwas deutlicheren Anstieg um 1,0% M/M wies die Produktion exklusive der volatileren Komponenten Bergbau und Kraftwerke auf, die aufgrund saisonal unspektakulärer Temperaturen um 0,4% M/M bzw. Hurrikane-bedingt um 2,5% M/M zurückgingen. Insgesamt notiert diese Produktion im verarbeitenden Sektor ebenfalls noch knapp 6% unterhalb dem Februarniveau.
Der Fahrzeugbau beendete dabei seine zuvor zu beobachtende Aufwärtsdynamik und sank um 3,7% M/M. Die geleerten Läger bei Autohändlern dürften zwar für Konsumenten, die verstärkt das Auto dem ÖPNV vorziehen dürften, noch aufgebaut werden. Unternehmen dagegen, gebeutelt von Verlusten, scheinen zunehmend die Investitionen in ihren Fuhrpark aufzuschieben.
Besonders im Blick stehen auch die Ausrüstungsinvestitionen, die zwar nur knapp 1/10 der gesamten Produktion ausmachen, aber oft als guter Indikator für den entsprechenden Wachstumsbeitrag in der BIP-Berechnung herangezogen werden. Mit dem Anstieg um 1,9% M/M werden die massiven Einbußen aus dem Frühjahr mittlerweile nur noch langsamer wieder ausgeglichen.
Die Produktionsdaten belegen einerseits ein sukzessives Abflauen der katastrophalen Situation. Andererseits scheint sich anzudeuten, dass es mit hohen Infektionszahlen und entsprechender Unsicherheit schwierig wird, mehr als eine „Schneckentempo-Dynamik“ zu entfachen.
Fazit: Die US-Industrieproduktion legte im August um nur 0,4% M/M zu. Der Aufholprozess setzt sich fort, was sicherlich besser ist als die Pessimisten zwischenzeitlich erwartet hatten. Dennoch notiert die Industrieproduktion aktuell knapp 8% unter dem Februarniveau und der erste Schwung vom Frühsommer scheint langsam abzuflauen. Der gestiegene New Yorker Empire State Survey als erster Indikator für den September gibt da nur gewisse Hoffnung. Relativ hohe Infektionszahlen sorgen weiterhin für Verunsicherungen bei Verbrauchern und Produzenten, was kein gutes Klima für Konsum und Investitionen ist. Die Erholung setzt sich also auch im III. Quartal fort (in dem wir ein BIP-Anstieg von annualisiert 22,5% Q/Q erwarten), doch sie könnte im IV. Quartal wieder ins Stocken geraten. Aber das wird vermutlich erst nach der Präsidentschaftswahl ein „reales“ Thema werden.