USA: CPI-Daten schaffen noch keinen Raum für Zinssenkungen - Nord LB

Die an den internationalen Finanzmärkten momentan schon fast spürbare Angst vor einem möglichen Ausbleiben von zeitnahen Zinssenkungen durch die Fed sorgt dafür, dass die Daten zur Entwicklung der Konsumentenpreise aktuell eine ganz besondere Bedeutung haben. Die Wortmeldungen von Jerome Powell zeigen inzwischen recht klar, dass das FOMC die Leitzinsen eigentlich bald senken will. So betonte der Zentralbankchef jüngst, dass er nicht an die Notwendigkeit von baldigen Anhebungen der Fed Funds Target Rate glauben würde. Seiner Auffassung nach ist die US-Geldpolitik bereits restriktiv ausgerichtet. Man müsse nun wahrscheinlich einfach noch etwas abwarten. Die aktuellen Zahlen zu den US-Konsumentenpreisen liefern in jedem Fall keine Impulse, die in die Richtung von baldigen Zinssenkungen durch das FOMC deuten. Die Zeitreihe legte im April um immerhin 0,3% M/M zu. Damit geht eine Jahresrate von 3,4% einher. Höhere Energiekosten spielen bei der Erklärung der aktuellen Zahlen ein nicht zu unterschätzende Rolle. Hinweise in diese Richtung hatten die Angaben zu den Produzentenpreisen bereits gestern geliefert. Die Kernrate der Konsumentenpreise zogen am aktuellen Rand ebenfalls um 0,3% M/M an (und um 3,6% Y/Y). Das wichtige Segment Wohnraum bleibt weiterhin im Fokus. Hier zeigte sich im April ein Preisanstieg um 0,4% M/M und 4,5% Y/Y.
Wir gehen dennoch weiterhin davon aus, dass das FOMC im Laufe des 2. Halbjahres 2024 das Leitzinsniveau vorsichtig verringern können wird. Die Inflationsdaten sollten entsprechende Anpassungen an der inzwischen recht restriktiv ausgerichteten US-Geldpolitik ab dem Ende des III. Quartals durchaus erlauben. Aufgrund der Ziele der Fed dürften etwas weniger freundliche Zahlen vom Arbeitsmarkt bei der Entscheidung für ein niedrigeres Leitzzinsniveau ebenfalls helfen. In jedem Fall zeigen die aktuellen Äußerungen von Jerome Powell, dass er die Fed Funds Target Rate perspektivisch reduzieren will. Er wartet nur noch auf die „richtigen“ Daten, um den Anlegern diese Entscheidung als sinnvoll zu verkaufen. Die US-Geldpolitik bleibt damit auch nach der Ära Greenspan fest in der Hand der PR-Strategen!
Die geldpolitische Bedeutung der PR-Strategien dürfte derzeit unbestritten sein. Die monatlich von der New York Fed durchgeführte Verbraucherbefragung zeigt wieder einen spürbaren Anstieg der Inflationserwartungen an. Diese Entwicklung ist keinesfalls im Interesse der Notenbanker in Washington. Der frühere Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl hatte schon vor vielen Jahren einen in diesem Kontext sehr wichtigen Gedanken; seiner Auffassung nach ist die Inflation wie Zahnpasta – einmal aus der Tube befreit, bekommt man sie kaum mehr wieder zurück in das Behältnis! Hier spielen die Inflationserwartungen der privaten Wirtschaftssubjekte natürlich eine große Rolle und die US-Notenbank kämpft aktuell mit dem von Pöhl beschriebenen „Zahnpasta-Problem“. Das FOMC hat durch seine Betonung des lediglich temporären Charakters des Inflationsanstieges der jüngeren Vergangenheit eindeutig an Vertrauen verloren und benötigt nun geeignete PR-Maßnahmen, um eine baldige Zinssenkung gut vorzubereiten.
Fazit: Der Blick auf die aktuellen Daten zur Entwicklung der US-Konsumentenpreise offenbart einen Anstieg dieser Zeitreihe um immerhin 0,3% M/M. Damit notiert die Jahresrate bei einem Wert von 3,4% Y/Y. Die CPI-Kernrate zog um 0,3% M/M und 3,6% Y/Y an. Damit präsentiert sich die Inflationsentwicklung in den USA noch nicht freundlich genug, um zügige Leitzinssenkungen zu rechtfertigen. Jerome Powell wird wohl zunächst etwas auf Zeit spielen müssen, um dann mit einer sorgfältig ausgearbeiteten PR-Strategie Leitzinssenkungen erst verbal vorzubereiten – und dann auch umzusetzen. Zentral ist in diesem Kontext vor allem, dass ein nachhaltiges Anziehen der Inflationserwartungen der Wirtschaftssubjekte vermieden werden kann. Die US-Notenbank hat zuletzt viel Vertrauen verspielt und benötigt daher nun insbesondere eine glaubwürdige PR-Strategie! Zudem sollte auch die US-Handelspolitik genau im Auge behalten werden. Strafzölle könnte das Abklingen der hohen Inflationsraten in der Tat sogar noch weiter herauszögern.
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