USA: Harmonie im FOMC - Ausrichtung aber ungewisser - Nord LB
Die Verkündung der Entscheidung über die Fed Funds Target Rate ist nun schon drei Wochen her und dennoch vermochte das gestern veröffentlichte Protokoll des FOMC die Märkte noch immer zu bewegen. FED-Beobachter versuchen stets aus diesem umfangreichen Schriftstück Rückschlüsse über die künftige Richtung des FOMC zu ziehen. Die Fakten offenbarten zunächst keine größeren Überraschungen gegenüber der Pressekonferenz vom 01. Mai und nachfolgender Reden hochrangiger Notenbanker, allerdings hatte eine Randnotiz über die Richtung des Leitzinses doch etwas „Verstörungspotential“.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Zinsfestsetzung und die weiteren geldpolitischen Interventionen ohne Gegenstimmen erfolgten. Der grundsätzliche Kurs des FOMC scheint also im Sinne aller Direktoriumsmitglieder zu sein. Das „Verstörungspotential“ für die Märkte lag sicherlich vor allem darin begründet, dass durch verschiedene FOMC-Mitglieder Offenheit darüber Ausdruck verliehen wurde, dass die Leitzinsen auch angehoben werden könnten, „sollten sich Inflationsrisiken dergestalt materialisieren, dass Zinsanhebungen gerechtfertigt würden“. Hinter dieser etwas verklausulierten Ausdrucksweise verbirgt sich eigentlich dies: Sollte die Inflation signifikant steigen, so könnte man sogar auch weitere Leitzinsanhebungen vornehmen. Es wurde von manchen Marktteilnehmern nach der Veröffentlichung verschiedener Indikatoren zwischenzeitlich kolportiert, ob man nicht sowieso auch wieder mit Zinsanhebungen rechnen sollte – ziemlich diametral zu der Meinung zum Beginn dieses Jahres. Dass diese Feststellung in dem Protokoll aber im Großen und Ganzen keine wirkliche Überraschung gewesen sein sollte, legten die jüngsten Wirtschaftsdaten ohnehin nahe.
Die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung ist aktuell aber wohl gering. Powell bekräftigte bei einem Auftritt, dass er eine Senkung des Leitzinses für wahrscheinlicher hält. Waller sagte bei einer Rede am vergangenen Dienstag, dass er eine Anhebung sogar als „sehr gering“ ansieht, man „Zinssenkungen in diesem Jahr aber nicht zwangsläufig durchführen müsse“. Wir gehen weiterhin davon aus, dass in diesem Jahr noch Zinssenkungen erfolgen dürften. Dies liegt einerseits darin begründet, dass die Inflation sicherlich weiter sinken wird. Ausschlaggebend wird aber wohl auch sein, dass die Wirtschaft schlicht zu große Einbußen hinnehmen muss. Das FOMC hat nämlich das Mandat bei der Preisstabilität von 2% (der Inflationsrate) im Rahmen seiner Möglichkeiten auch für „maximale Beschäftigung“ zu sorgen, also das Preisniveau nicht auf Kosten des Arbeitsmarktes herbeizuführen. Letzterer sah bei der jüngsten Veröffentlichung allerdings zunehmend „gerupft“ aus. Dass die Wirtschaft zunehmend ins Straucheln gerät, signalisieren auf breiter Front auch andere Indikatoren. Als mitunter Wichtigste seien die Befragungen der Einkaufsmanager, der potentiellen Hauskäufer und Umsätze bei den Einzelhändlern genannt, bei denen kontraktive Tendenzen bzw. Umsatzeinbrüche zu verbuchen waren.
Fazit: Das gestern veröffentlichte Protokoll zur Zinsentscheidung vom Anfang des Monats gibt keine grundlegend anderen Implikationen als ohnehin schon bekannt sind. Der Grad der Unsicherheit über den weiteren Kurs des FOMC ist aber etwas gestiegen. War man sich im Markt gemeinhin sicher, dass dieses Jahr mit Zinssenkungen zu rechnen sei, so werden andere Optionen innerhalb dieser „Minutes“ wieder präsenter. Die Inflation ist zum Dafürhalten der Notenbanker einfach zu hoch und – fast noch schlimmer – auch der Aufwärtsdruck nimmt wieder zu. Dennoch halten wir weiterhin Zinssenkungen in diesem Jahr für das wahrscheinlichste Szenario, vor allem auch vor dem Hintergrund deutlicher Abkühlungserscheinungen in der US-Wirtschaft. Eine Zinssenkung würde im Übrigen nicht nur der Wirtschaft helfen können, sondern auch die langfristige Finanzierbarkeit des Staatshaushaltes günstig beeinflussen.
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