Ende der Flaute? - Börse München

Die Eskalation im Nahen Osten durch die Beteiligung der USA hatte die Märkte nur sehr kurz bewegt. Die Hoffnung, dass dieser Schlag eher der Beginn eines Friedensprozesses als der Anfang eines Krieges ist, hatte sich offensichtlich durchgesetzt. Der NATO-Gipfel hat sich angesichts der geopolitischen Gesamtlage auf ein Ausgabeziel von 5 Prozent des BIP geeinigt – die Rüstungsaktien jubilierten.
Krieg und Frieden
„USA greifen Irans Atomanlagen an“, schreibt die Süddeutsche Zeitung nüchtern und das Handelsblatt überlegt: „Was der amerikanische Kriegseintritt für die Finanzmärkte bedeutet“. Wenig, wagen wir zu sagen, zumindest Stand heute, wo die Kurse weiter nach oben gehen. Wir sammeln auch gerne positive Nachrichten ein: „Zeichen für die Konjunktur stehen auf Wachstum“, schreibt das Handelsblatt mit Bezug auf das DIW-Konjunkturbarometer. Die Welt bekräftigt: „Hoffnung auf Ende der Wirtschaftsflaute wächst“. „Deutschland soll USA 2026 beim Wachstum überholen“, jubiliert das Handelsblatt, dieses Mal beruft es sich auf das gewerkschaftsnahe Institut MKK.
Sicher ein Aufschwung
Ein gewisser Optimismus lässt sich bei den aktuellen Finanzmagazinen nicht bestreiten: Der Aktionär macht mit großer Schrift vor rotem Grund mit „Wachstumsgiganten“ auf. Dazu gibt es vor explodierendem Hintergrund „Börse und Krieg – so reagieren Dax, Gold und Öl“. Auf dem Focus Money Titel sprengt die Deutschlandfahne pfeilförmig aus einer Art Gesteinsbrocken wie weiland Phönix aus der Asche: „Aufschwung jetzt! – 10 Aktientipps aus Deutschland“. Börse Online verschließt ein Geldscheinbündel per Vorhängeschloss und ruft „die 10 sichersten Investments der Welt“ auf. Gemeint: „Gold, Bitcoin, krisenfeste Aktien: So schützen Sie jetzt Ihr Vermögen“. Euro am Sonntag trifft unseren Nerv: „Schlanker, schneller, profitabler“ – das wären wir nur allzu gern. Ein schlanker Herr in Anzug und Krawatte sprintet vor drei dicken Herren in Anzug und Krawatte: „US-Champions vor Effizienz-Boost“, heißt es dazu und wir verraten nicht, an wen uns die Physiognomie der dicken Herren erinnert.
Berliner Luft I
Eine große Freifläche in der Stadt hat etwas für sich, so lockt die Theresienwiese, wenn sie nicht monatelang vor und nach dem Oktoberfest geschlossen ist, alle möglichen Arten von Freizeitsportlern an. Ein noch größeres Feld und ganz ohne Oktoberfest bietet Berlin auf: Tempelhof. Der ehemalige Flughafen darf nach einem Volksentscheid von 2014 nicht bebaut werden. Das Problem: Seitdem ist die Wohnungsnot dank Zuzug stark gestiegen, weshalb ein „Ideenwettbewerb“ ausgelotet wurde. 160 Vorschläge wurden eingereicht, sechs Konzepte ausgesucht. Nur zwei davon sehen eine Wohnbebauung im Randbereich vor, erläutert die Börsen-Zeitung: „Trauerspiel Tempelhof“. Denn wirkliche Ideen gegen die Wohnungsnot sind nicht zu entdecken, wesentliche Treiber in Berlin, Architects for Future, der Berliner Naturschutzbund Nabu und der Berliner Landesverband BUND, lehnen jegliche Wohnbebauung ab, offensichtlich sitzen ihre Mitglieder überwiegend in günstigen Altbauten. Dazu passt, dass jetzt gerichtlich entschieden wurde, dass ein Volksbegehren gestartet werden darf, das Berlin autofrei machen soll. Immerhin, zwölf Mal im Jahr soll man es noch bewegen dürfen – vielleicht ist das tatsächlich die beste Art, die Wohnungsnot in Berlin zu lindern, zum Ortswechsel reicht die einmalige Nutzung.
Berliner Luft II
Ja, sie hat den gewissen Duft, die Berliner Luft, und das nicht nur in den parkähnlichen Grilloasen. Die Ursache: Müll. „Die Hauptstadt ist dreckig. Das ist allgemein bekannt“, schreibt Die Welt unter der Überschrift: „Umfrage deckt Berliner Verwaltungsversagen auf“. Denn, die Stadtverwaltung hinterfragt das Offensichtliche im wörtlichen Sinne: Die Senatsverwaltung befragt online die Bürger über die „Stadtsauberkeit“. Zu gewinnen gibt es keinen Staubsauger, sondern eine Führung durchs Rote Rathaus – ob vor oder nach dem Zeitpunkt, an dem der Putztrupp durchgewischt hat, war nicht zu eruieren. Man kann sich beispielsweise entscheiden, ob man Menschenkot oder Drogenbesteck schmutziger findet, Autowracks oder Hundekot. Man darf aber nur eine Art von Dreck wählen, ein mit Kot unterschiedlicher Lebewesen verziertes Autowrack mit Drogenbesteck auf dem Sitz gilt also nicht. Für die eigene Straße kann man als Worst-Case-Szenario ankreuzen: „Viele Müllhaufen ohne Abstand, am Straßenrand liegt durchgehend Müll und dieser reicht bis auf den Fußweg“. Klingt nicht unbedingt nach Wohlfühloase und man fragt sich, „Warum ist dort das Heimatland / Der echte Berliner Pflanzen?“
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!
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