Brain Biotech und der 128-Millionen-Euro-Deal - der „Big Deal“ hat sein „Kleingedrucktes“

Brain Biotech verkauft ihre Lizenzrechte an dem Wirkstoff-Projekt Deucrictibant an Royalty Pharma. Den Erlös beziffert die Gesellschaft auf bis zu 128,88 Millionen Euro. Es sieht nach einem „Big Deal“ für ein Unternehmen aus, das am Freitag den XETRA-Handel mit einer Marktkapitalisierung von gerade einmal 32 Millionen Euro und einem Aktienkurs von 1,47 Euro beendet hatte.
Nachdem die Meldung am Abend nach XETRA-Schluss kam, vollzog die Brain Biotech Aktie (WKN: 520394, ISIN: DE0005203947, Chart, News) dann auch eine große Kursparty mit einem massiven Kurssprung. Zuletzt notierte der Aktienkurs im Tradegate-Handel bei 2,82 Euro mit fast 85 Prozent im Plus, das Tageshoch lag bei 3,19 Euro.
War die Kursparty am Freitag berechtigt?
Die Frage zum Kurssprung ist: War dieser berechtigt? Das Unternehmen meldet zum Vertragsabschluss: „Der Wert dieser einzelnen Transaktion ist mehr als viermal so hoch wie die gesamte Marktkapitalisierung von Brain Biotech vor der Ankündigung der Transaktion“, sagt Michael Schneiders, CFO des Unternehmens aus Zwingenberg.
Der „Big Deal“ hat aber sein branchenübliches „Kleingedrucktes“, das Aktionäre von Brain Biotech und solche, die es noch werden wollen, beachten müssen. Sicher ist ein Großteil der gestaffelten Zahlungen - wie üblich in der Branche - nämlich nicht. Vorab werden von Royalty Pharma laut der Brain-Meldung nur 18,41 Millionen Euro an Brain Biotech gezahlt - soviel zu den sicheren Einnahmen aus diesem Kontrakt.
Alle weiteren Zahlungen der Gesamtsumme von 128,88 Millionen Euro sind, wie aus der Brain-News hervor geht, abhängig davon, ob vereinbarte Ziele erreicht werden. Weitere 18,42 Millionen Euro könnten den Vereinbarungen zufolge aus regulatorischen Meilensteinzahlungen an Brain Biotech fließen, für die erst einmal die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden müssen.
Zum größten Teil rekrutiert sich die Maximalsumme mit mehr als 92 Millionen Euro allerdings aus potenziellen langfristigen und vor allem umsatzbezogenen Meilensteinzahlungen, die entsprechend unsicher sind, sowohl was ihr Zustandekommen als auch eventuelle Höhen anbelangt.
Der Grund für die Unsicherheiten bei regulatorischen und umsatzbezogenen Meilensteinzahlungen: Deucrictibant ist bisher weder für den Markt zugelassen noch fertig entwickelt. Aktuell befindet sich der Wirkstoff bei der Pharvaris Netherlands NV in der klinischen Entwicklung und soll zur Behandlung des seltenen Hereditären Angioödems (HAE) eingesetzt werden - so die Entwicklung erfolgreich beendet werden kann und eine Zulassung erfolgt. Eine zulassungsrelevante Phase-3-Studie zur HAE-Prophylaxe soll den letzten Angaben von Pharvaris zufolge Ende 2024 starten.
Entsprechend ist die maximale Summe, die Brain Biotech für den Deal meldet, von sehr vielen bisher nicht erfüllten Voraussetzungen abhängig. Die aus dem Vertrag mit Royalty Pharma anfallenden Erlöse wolle man für die künftige Wachstumsfinanzierung, hier wohl vor allem für die Aktivitäten im Markt für industrielle Enzyme, sowie die Rückzahlung von Darlehen nutzen, so Brain Biotech.
Planen kann man da erst einmal aber „nur“ mit den mehr als 18 Millionen Euro aus der Vorauszahlung. Weitere 9 Millionen aus kurzfristigen Meilensteinzahlungen sollen bei Brain Biotech bleiben. Bei knapp 62 Millionen Euro Marktkapitalisierung auf Basis des Tradegate-Schlusskurses ist das zwar auch nicht wenig, aber doch eine deutlich andere Relation als die 128 Millionen Euro zu 32 Millionen Euro Marktkapitalisierung.
Allerdings hofft Brain Biotech auf weitere Treffer bei ihren BioIncubator-Projekten. „Wir haben immer an den signifikanten Wert unserer BioIncubator-Projekte geglaubt und beginnen nun, die starken Pipeline-Investitionen der Vergangenheit zunehmend zu monetarisieren“, so CEO Adriaan Moelker.