Zwischen Panik und Gier - Börse München

In vielen Bundesländern sind die Ferien bereits vorbei, in Bayern beginnen sie ja immer erst, wenn das Wetter schlecht wird. Wie die Stimmung allgemein. Keine Medaillen in Budapest für die deutsche Mannschaft wird als eine Art Menetekel für unsere Leistungsfähigkeit angesehen. So liest man auch über die Wirtschaft wenig Hoffnungsvolles. Selbst die Grünen wollen ihr unter die Arme greifen, dann muss es schon wirklich schlecht um sie bestellt sein (die Wirtschaft): „Grüne fordern mehr im Kampf gegen die Krise“, verlautbart die Süddeutsche Zeitung. Dabei hatte sich die Ampel-Koalition doch bereits in Meseberg für Unterstützung ausgesprochen: „Bundesregierung einigt sich auf Hilfen für die Wirtschaft“, titelt Die Welt. Die Inflation sinkt zwar, aber sehr viel langsamer als der Pegel der Isar, insofern berichtet die Börsen-Zeitung: „Inflationsdaten belasten Märkte“, nur um sich schon am Folgetag zu widersprechen: „Märkte trotzen hartnäckiger Inflation“, der Dax kletterte da wieder über die 16.000er Schwelle, zum Wochenausgang hat er sich dann doch für eine Marke deutlich darunter entschieden.
Absturzgefahr
Die drei großen Finanzmagazine changieren diese Woche zwischen Panik und Gier, genauer steht es 2:1: Focus Money und Der Aktionär gegen Börsen Online. Focus Money warnt uns also vor „Absturzgefahr“ wegen „Putins Krieg, Chinas Schwäche, Deutschlands Abstieg“, während Der Aktionär gleich alles „Auf Messers Schneide“ sieht: „Wo der Absturz droht, wo jetzt der Einstieg lohnt“, reimt er dazu. Börse Online verspricht uns dafür die „Besten ETFs der Welt“ und damit „Finanzielle Freiheit“ und das auch noch, ähnlich wie bei einer Suppenterrine „in 5 Minuten“! Euro am Sonntag lockt mit „Das Beste für Ihr Geld“, zum Beispiel mit „Aktien, die in 4 Jahren 50 % Dividende zahlen“ oder „Anleihen mit Zinsen von 5 % bis 19%“. Und weil es so hübsch anzusehen, aber schwer zu interpretieren ist, zum Schluss noch das Titelbild der WirtschaftsWoche: Der Taj Mahal (gezeichnet) auf einer weißen Wolken schwebend mit der Unterschrift: „Neue Supermacht Indien“. Ein schwebendes Grabmal als Zeichen für Stärke? Wird uns auch hier versteckt eine Absturzgefahr suggeriert? Oder ging mit dem Grafiker einfach die Phantasie durch? Warum auch nicht.
Schein
Es wird alles teurer, die Inflation sitzt uns im Nacken, oder vielleicht doch eher im Geldbeutel. Da erscheint es verlockend, dass auf manchem altbekannten Produkt ein gleichbleibender oder sogar günstigerer Preis erscheint. Aber kostet die Tüte Chips tatsächlich weniger, wenn doch alles teurer wird? „Achtung, Shrinkflation“, warnt uns die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Denn der Preis mag zwar gleich bleiben, dafür wird aber die Packung kleiner, oder, noch gemeiner, nur der Inhalt dünner. Das bezieht sich, wie man annehmen könnte, nicht auf Zeitungen, die aus Papierersparnis auch eher dünner werden (von den Inhalten sehen wir einmal ab), während wir am Kiosk nicht weniger zu zahlen haben, sondern auf Schokolade, Erdnusslocken oder Eis – also die wirklich lebensnotwendigen Dinge.
Führerschein
Angesichts der heute verlangten Anforderungen und Kosten dürfte so mancher überlegen, einen Kredit aufzunehmen, um den Führerschein finanzieren zu können. In Österreich geht man den umgekehrten Weg, dort gibt es Überlegungen, einen Führerschein einzuführen, um überhaupt einen Kredit zu bekommen. So titelt jedenfalls die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Führerschein für Kredite“. Und dabei geht es gerade nicht um „Mobilien-Kredite“, sondern um Immobilien-Kredite, und gefordert hat es der Präsident der österreichischen Nationalbank. Der Grund: In Österreich haben überproportional viele Schuldner, die Hypotheken aufgenommen haben, einen variablen Zinssatz gewählt – in Zeiten steigender Zinsen sind da Finanzierungsprobleme quasi vorprogrammiert. Insofern fehlt es wohl an der notwendigen Finanzbildung. Was passiert, wenn man durch den Kreditführerschein fällt, wurde jedoch nicht kolportiert, da bleibt dann nur die Mietwohnung?
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Bayerischen Börse AG. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!