STRATEC: „Vier bis fünf neue Produkte bis Ende 2017“
Die Aktie des TecDAX-Konzerns STRATEC Biomedical ist nach der Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal unter Druck geraten. Eine rückläufige EBIT-Marge und ein ausbleibendes organisches Wachstum sollten aber schon bald der Vergangenheit angehören, so STRATEC-CEO Marcus Wolfinger im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de. Mehrere Markteinführungen in 2017, Skalierungseffekte in der Fertigung, die schrittweise Angleichung der neuen Töchter Diatron und STRATEC Consumables an das Margenniveau der restlichen STRATEC-Gruppe sowie die neue Plattformstrategie sollen für positive Impulse sorgen. Und auch die dreizehnte Dividendenanhebung in Folge erscheint trotz der jüngsten Investitionen und Übernahmen „eher wahrscheinlich“.
www.4investors.de: Die STRATEC-Aktie hat nach Veröffentlichung der Zahlen zum dritten Quartal fast zehn Prozent an Wert eingebüßt. Können Sie die Reaktion der Anleger nachvollziehen?
Wolfinger: Wenn man rein das dritte Quartal betrachtet, kann ich durchaus nachvollziehen, dass Investoren eine höhere Erwartungshaltung hatten, was das organische Wachstum anbetrifft. Inklusive Akquisitionen sind wir um knapp 18 Prozent gewachsen und wir sind zuversichtlich, dank einer vollen Fertigungspipeline ab dem vierten Quartal auch rein organisch wieder zufriedenstellende Wachstumsraten zeigen zu können. Zudem erwarten wir für 2017 weitere positive Impulse durch mehrere Markteinführungen. Unsere Entwicklungspipeline ist sehr gut gefüllt und lässt uns optimistisch auf die kommenden Jahre blicken. Insofern sollte die kurzfristige Reaktion der Anleger nur eine Momentaufnahme sein, die nicht den Trend für die nächsten Monate vorgibt.
www.4investors.de: Eine stärkere operative Entwicklung in den ersten neun Monaten wurde u. a. durch eine seit Anfang des Jahres anhaltend schwächere Absatzentwicklung eines einzelnen Kunden verhindert. Wo sehen Sie die Gründe dafür und wie begegnen Sie dieser Entwicklung?
Wolfinger: Obwohl eines unserer Kernprodukte rund zehn Prozent geringere Verkäufe aufwies, lagen wir organisch fast auf Vorjahresniveau. Dies zeigt, dass wir an anderer Stelle u. a. mit neuen Produkten gewachsen sind und kein generelles Absatzproblem vorliegt. Die angesprochene schwache Absatzentwicklung ist begründet durch einen einzelnen Kunden, der einen hohen Umsatzanteil mit unserem Produkt in China erzielt hat, dort jetzt aber für seine Tests auf einen stärkeren lokalen Wettbewerb trifft. Außerhalb von China entwickelt sich der Absatz für dieses Produkt jedoch weiterhin stabil bis wachsend. Zudem sind wir zuversichtlich, dass wir diese geringe Wachstumsdelle im China-Geschäft durch neue Produkte, die sich in der Zulassung oder bereits seit Kurzem am Markt befinden, in den nächsten Quartalen mehr als ausgleichen können.
www.4investors.de: Ein weiterer Bremseffekt kam durch „länger als geplant andauernde regulatorische Vorgänge“. Ist dies ein genereller Trend, dass Produktzulassungen zeit- und kostenintensiver werden? Was heißt dies für STRATEC?
Wolfinger: Ja, dieser Trend ist generell zu beobachten. Wir können darauf reagieren und durch geeignete Prozesse und Maßnahmen dieser Entwicklung begegnen. Die Problematik liegt vielmehr auf Seite unserer Kunden, für diese wird die Zulassung ihrer Tests zeitaufwändiger und auch teurer. In der Folge verläuft die sogenannte Ramp-up-Kurve bei der Einführung neuer Gerätegenerationen weniger steil als in der Vergangenheit. Die initiale Phase nach Vermarktungsbeginn, in welcher der Kunde sukzessive mehr Tests auf das Gerät bringt, dauert länger und kann sich nun im Einzelfall auch über drei bis vier Jahre erstrecken. Über die gesamte Lebensdauer des Gerätes ist dies allerdings ein Nullsummenspiel, da sich im Gegenzug auch der Produktlebenszyklus verlängert.
www.4investors.de: Die Beteiligungen Diatron-Gruppe und STRATEC Consumables werden seit dem 1. April bzw. 1. Juli 2016 konsolidiert. Wie zufrieden sind Sie bisher mit den Fortschritten bei der Integration der neuen Tochtergesellschaften?
Wolfinger: Die Integration läuft bestens. Wir haben einige Integrationsmaßnahmen bereits vollständig abgeschlossen, weitere befinden sich in der Umsetzung und andere, wie z. B. ein langfristiges Projekt auf IT-Seite, stehen noch auf der Agenda. Wir bewegen uns bei der Integration im Kosten- und Zeitrahmen unserer Planungen, hatten weder unvorhergesehene Kostenblöcke noch besondere Ressourceneinsätze, die nicht eingeplant waren.
www.4investors.de: Die EBIT-Marge war in den ersten neun Monaten 2016 rückläufig, u. a. aufgrund der geringeren Profitabilität der neuen Töchter. Wie profitabel war dabei das bisherige Kerngeschäft?
Wolfinger: Im angestammten Geschäft, sprich ohne die beiden jüngsten Akquisitionen, hat STRATEC in den ersten neun Monaten 2016 wie geplant eine operative Marge von rund 16 Prozent erzielt. Dabei muss man berücksichtigen, dass wir zuletzt auch kräftig in die Infrastruktur investiert haben und die neuen Kapazitäten aktuell noch gar nicht vollständig auslasten. Demzufolge verfügen wir in diesem Bereich über weiteres Margenpotenzial, wenn ab 2017 die Skalierungseffekte in der Fertigung einsetzen.
www.4investors.de: Ist es realistisch, die neuen Töchter Diatron und STRATEC Consumables mittelfristig auf das Margenniveau der restlichen STRATEC-Gruppe zu heben?
Wolfinger: Absolut. Diatron steuert begünstigt durch neue Produkte in Kombination mit Skalierungseffekten bereits im laufenden vierten Quartal auf Quartalsbasis auf die Höhe der Gruppenmarge zu. STRATEC Consumables hat sich, wie der Name schon sagt, rein auf Consumables spezialisiert, dementsprechend handelt es sich dabei um ein klassisches Skalierungsgeschäft. Wenn man sich den Businessplan von STRATEC Consumables ansieht, wird es noch etwas dauern, bis auch diese Tochter das hohe Margenniveau der Gesamtgruppe erreicht. Kurzfristig wird es also noch einen leichten Verwässerungseffekt durch diese Akquisition geben, langfristig erwarten wir vom Consumables-Geschäft jedoch sogar einen positiven Effekt auf die Gesamtmarge.
www.4investors.de: Die Ziele für 2017 haben Sie bestätigt, u. a. werden mehrere Markteinführungen für das kommende Jahr erwartet. Welche Impulse versprechen Sie sich davon?
Wolfinger: Auf Basis unserer aktuellen Entwicklungspipeline sowie der bereits laufenden Produktzulassungen erwarten wir bis Ende 2017 vier bis fünf neue Markteinführungen. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass einige dieser Produkte im Peak 10 Millionen Euro bis 15 Millionen Euro an Umsatzerlösen beisteuern können, werden die Impulse deutlich, die aus diesen Markteinführungen mittelfristig für den STRATEC-Konzern entstehen. Damit ist die Basis für eine neue Wachstumsdynamik in den kommenden Geschäftsjahren gelegt.
www.4investors.de: STRATEC ist auch bei Test zum Nachweis des Zika-Virus beteiligt. Sehen Sie in diesem Bereich eine Sonderkonjunktur?
Wolfinger: Unser Partner Hologic, einer der größten STRATEC-Kunden, hat als Pionier auf dem Gebiet des Nachweises des Zika-Virus für Blutbanktests in diesem Jahr mehr Geräte abgesetzt als ursprünglich geplant. Dies ist zugleich eine gute Basis für unser geplantes organisches Wachstum im laufenden vierten Quartal. Ich würde in diesem Zusammenhang nicht von einer Sonderkonjunktur sprechen, sondern von einer Unterstützung des weiteren Wachstums.
www.4investors.de: Sie sprechen das weitere Wachstum an, die Entwicklung eigener Plattformen schreitet ebenfalls erfolgreich voran. Welche Bedeutung könnten diese Plattformen mittelfristig für STRATEC erlangen?
Wolfinger: Diese Plattformen werden aktuell bereits von einigen Kunden evaluiert und die ersten Rückmeldungen sind extrem positiv ausgefallen. Wir gehen davon aus, dass wir pro Plattform mittelfristig rund 20 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erzielen können, entsprechend groß ist die Bedeutung dieser Plattformstrategie für das weitere Konzernwachstum.
www.4investors.de: Die im Rahmen der Akquisitionen aufgenommene Brückenfinanzierung wollen Sie im Laufe des vierten Quartals in eine langfristige Anschlussfinanzierung überführen. Welche Finanzierungsart favorisieren Sie dabei?
Wolfinger: Bei der aktuellen Zinssituation macht eine Fremdkapitalfinanzierung am meisten Sinn. Dies streben wir auch an und favorisieren dabei eine Ausgestaltung mit variablen und fixen Zinssätzen. Wir gehen davon aus, dass wir eine langfristige Finanzierung mit einem Zinssatz von unter einem Prozent abschließen können.
www.4investors.de: STRATEC hat sich mit zwölf Dividendenanhebungen in Folge einen Namen als verlässlicher Dividendenwert gemacht. Werden Sie diese Ausschüttungspolitik auch nach den jüngsten Akquisitionen aufrechterhalten können?
Wolfinger: Der sehr gute operative Cashflow der Gesellschaft ermöglicht auch unter Berücksichtigung der jüngsten Zukäufe eine Fortsetzung unserer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Dividendenpolitik. Selbstverständlich müssen alle Gremien dem auch zustimmen, an der Finanzierung wird es dabei allerdings auf keinen Fall scheitern. Die dreizehnte Dividendenanhebung in Folge würde ich aktuell eher als wahrscheinlich ansehen.