Valneva Aktie: Die Rettung im Juni?
Börse kann seltsam sein. Schon seit gestern ist klar, dass Valneva beim Ringen um die Zulassung für den COVID-19 Totimpfstoff VLA2001 einen wichtigen Schritt weiter ist. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA selbst hatte da mitgeteilt, dass der zuständige wissenschaftliche Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) nun mit der Beurteilung des Antrags auf eine bedingte Zulassung des Impfstoffs COVID-19 von Valneva begonnen habe. Wir hatten dies gestern am frühen Nachmittag kurz nach der Mitteilung der Behörde gemeldet. Die Reaktion der Valneva Aktie (WKN: A0MVJZ, ISIN: FR0004056851, Chart, News) war allerdings eher mau, an der Euronext Paris blieb der Biotech-Titel zum Beispiel unter dem Tageshoch vom Dienstag und das Kursplus bescheiden.
Heute kommt von Valneva - wieder einmal mit reichlich Zeitverzögerung nach der Mitteilung einer Behörde zum COVID-19 Totimpfstoff - eine Stellungnahme zum Fortschritt im EMA-Zulassungsprozess. „Die Annahme des Zulassungsantrags für VLA2001 durch die EMA ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Produktzulassung. Wir sind weiterhin fest entschlossen, gemeinsam mit den Aufsichtsbehörden, den europäischen Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission daran zu arbeiten, den Menschen in Europa eine traditionellere und bewährte COVID-19-Impfstofftechnologie zur Verfügung zu stellen”, sagt Thomas Lingelbach, Chief Executive Officer von Valneva.
Neuigkeiten also: Fehlanzeige, alles schon seit gestern bekannt. Und doch kommt die Valneva Aktie ausgerechnet jetzt auf Trab, steigt im Tradegate-Handel heute bis auf 11,55 Euro, verliert aber auch schnell wieder an Terrain. Der letzte Tradegate-Kurs liegt bei 10,69 Euro, immerhin knapp 6 Prozent höher als Tags zuvor der Schlusskurs.
Was heute die kurze positive Reaktion nach der gestrigen fast schon Ignoranz der News ausgelöst hat, könnte eine Fehlinterpretation der Valneva-Stellungnahme einiger Anleger sein. Dass das CHMP den Zulassungsantrag akzeptiert hat, bedeutet nicht zugleich die Zulassung des COVID-19 Totimpfstoffs. Wahrscheinlich im Juni wird von dem EMA-Gremium eine Empfehlung ausgesprochen, ob man das Vakzin zulassen sollte oder nicht. Die endgültige Entscheidung liegt dann im Anschluss bei der Europäischen Kommission, die die Zulassung vergibt - oder eben nicht.
Ausgerechnet die Europäische Kommission hatte Anfang der Woche Valneva stark unter Druck gesetzt mit der Drohung, den Liefervertrag für VLA2001 zu kündigen - es ist der einzige wirtschaftlich signifikante Vertrag mit hohem Umsatzvolumen, den das Unternehmen bisher für seinen COVID-19 Totimpfstoff aushandeln konnte. Im Kontrakt war festgelegt, dass dieser nur in Kraft tritt, wenn der Impfstoff bis Ende April zugelassen wird. Das Ziel hat Valneva klar verpasst. Die Gesellschaft hat seit der Ankündigung der Europäischen Kommision nun 30 Tage Zeit, entweder die Marktzulassung durch die EMA doch noch zu erreichen oder anderweitig nachzubessern. Ob die EU-Kommission auf eventuelle Vorschläge eingehen wird, bleibt abzuwarten. Der Fortschritt beim EMA-Entscheidungsprozess ist daher eine wichtige Entwicklung für das französisch-österreichische Biotech-Unternehmen.
Aber eben noch nicht der Durchbruch. Stellt sich das CHMP quer, nachdem dies zuletzt einige Fragen an Valneva zum Impfstoff hatte, gibt es keine Zulassung. Laut EMA-Terminkalender tagt das Gremium das nächste Mal planmäßig vom 20. bis 23. Juni, mögliche Sondersitzungen sind bisher nicht bekannt. Dass das terminlich knapp wird aufgrund der nur 30-tägigen Nachbesserungsfrist aus dem Vertrag mit der EU, kommt hinzu, die paar Tage müssen aber nicht unbedingt ein Hindernis sein, wenn eine Einigung zwischen der Kommission und Valneva zustande kommen kann - zu welchen Konditionen, bleibt abzuwarten. Die Unsicherheiten weichen bisher also nicht - trotz Zulassungen für VLA 2001 in Bahrain, Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.