Ekotechnika: Talsohle ist weitgehend durchschritten
In diesen Tagen haben die Anleihegläubiger von Ekotechnika die Möglichkeit, ihre Papiere in neue Aktien der Gesellschaft umzutauschen. Mitte Dezember wird dann die Erstnotiz von Ekotechnika in Düsseldorf erfolgen. Im Exklusivinterview mit der Redaktion von www.4investors.de erläutert Wolfgang Bläsi, Finanzvorstand von Ekotechnika, die Hintergründe der Tauschaktion. Er geht auf die Lage in Russland ein und blickt dabei auf die westlichen Sanktionen gegenüber russischen Banken. Die Mitbewerber hat Bläsi genau im Auge, einen Grund zur Sorge sieht er dabei nicht. Positive Impulse hat seine Gesellschaft von einer Landwirtschaftsmesse in Hannover mitgenommen.
www.4investors.de: Die russische Wirtschaft ist in der Krise, der Rubel schwach und die politischen Beziehungen Russlands zur EU und den USA sind heftig abgekühlt. Angesichts dieser Umstände mutet es auf den ersten Blick etwas erstaunlich an, dass sie ausgerechnet jetzt an die Börse gehen wollen. Was ist der Grund hierfür?
Bläsi: Was wir tun, ist ja kein klassischer Börsengang, den wir strategisch geplant hatten. Die Maßnahme der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und die Börseneinführung sind notwendige Bestandteile der finanziellen Sanierung des Unternehmens.
www.4investors.de: Wie weit sind sie in ihrem Sanierungskonzept fortgeschritten?
Bläsi: Wir stehen kurz vor Abschluss der Restrukturierungsmaßnahmen. Der auf der Anleihegläubigerversammlung beschlossene Debt-to-Equity-Swap, eine Barkapitalerhöhung sowie der Formwechsel in die Aktiengesellschaft wurden in den letzten Wochen bereits erfolgreich umgesetzt. Seit Montag, den 23. November, läuft die Erwerbsfrist für die Ekotechnika-Aktien. Bis spätestens zum 9. Dezember haben die Anleihegläubiger die Möglichkeit, neue, bevorrechtigte Aktien der Ekotechnika AG zu beziehen. Ab Mitte Dezember wird die Aktie dann im Freiverkehr der Börse Düsseldorf handelbar sein.
www.4investors.de: Die Umtauschfrist für Ekotechnika-Anleihen in Aktien läuft bereits seit dem 23. November. Wie ist die bisherige Resonanz der Anleihegläubiger auf dieses Angebot?
Bläsi: Wir haben noch keine Wasserstandsmeldung. Im Normalfall melden die Depotbanken erst zum Ende der Erwerbsfrist. Wir sind selbst gespannt, wie viele Anleihegläubiger von ihrem Erwerbsrecht Gebrauch machen.
Bläsi: „Wir rechnen mit einer ordentlichen Nachfrage nach den Aktien“
www.4investors.de: Aktien, die nicht von den Gläubigern der Anleihe erworben werden, sollen verwertet werden. Wie wird dies vonstatten gehen nach Aufnahme der Börsennotierung und ist hieraus nicht mit einem möglicherweise großen Druck auf den Aktienkurs zu rechnen, insbesondere wenn nur wenige Anleihegläubiger ihr Erwerbsrecht ausnutzen?
Bläsi: Wir rechnen mit einer ordentlichen Nachfrage nach den Aktien. Wer als Anleihegläubiger kein Interesse an neuen Aktien hat, der hätte vermutlich schon früher seine Anleihe verkauft, als dies noch möglich war, zumal die Barabfindung gering ausfallen könnte. Aber wir können natürlich einen Kursrückgang während der Verwertungsphase wie auch generell nicht ausschließen.
Bereits während der Erwerbsfrist können sowohl Anleihegläubiger als auch Dritte Kaufangebote für Aktien abgeben, die nicht von den Anleihegläubigern bezogen werden. Im Übrigen hat sich die Ekotechnika Holding dazu verpflichtet, ein bestimmtes Volumen an Aktien zu beziehen, die nicht verwertet wurden. Der Gesamtbetrag für die Erwerbsverpflichtung ist jedoch auf eine Summe von 2 Millionen Euro begrenzt.
www.4investors.de: Auf der Gläubigerversammlung im Mai wurde der Entry Standard als voraussichtliches Marktsegment genannt, in dem die Ekotechnika-Aktie gehandelt werden soll. Was hat nun den Ausschlag für den Düsseldorfer Aktienmarkt gegeben?
Bläsi: Wir haben die verschiedenen Optionen geprüft. Die Gespräche mit der Börse Düsseldorf haben uns davon überzeugt, dass der Primärmarkt gut zu uns passt. Hinzu kommt, dass die Abwicklungsstelle, die WGZ Bank, Partner der Börse Düsseldorf ist und wir die Verbindung nutzen wollten.
www.4investors.de: Wie hat sich das russische Embargo für Lebensmittel aus der EU und den USA, mit dem das Land offiziellen Aussagen zufolge ja die eigene Agrarwirtschaft stützen wollte, generell auf die Nachfrage nach Landmaschinen tatsächlich ausgewirkt?
Bläsi: Im Landmaschinengeschäft wirken sich vor allem die westlichen Sanktionen für die russischen Banken aus. Gerade die Staatsbanken haben relativ viele Projekte in der Landwirtschaft finanziert. Durch die eingeschränkten Refinanzierungsmöglichkeiten der russischen Banken an den internationalen Kapitalmärkten und aufgrund des anhaltend niedrigen Ölpreises ist innerhalb Russlands viel weniger Liquidität vorhanden als zuvor. Das spüren auch die Landwirte, wenn sie neue Landmaschinen finanzieren möchten.
www.4investors.de: Für das Ende September abgeschlossene Geschäftsjahr 2014/2015 haben sie 110 Millionen Euro Umsatz und einen Verlust von rund 25 Millionen Euro gemeldet. Worauf müssen sich Anleger im laufenden Geschäftsjahr angesichts der sehr schwierigen Rahmenbedingungen einstellen?
Bläsi: Grundsätzlich hängt die weitere Geschäftsentwicklung der Ekotechnika stark von externen Faktoren, wie der Währungs- und Zinsentwicklung in Russland ab. Deshalb tun wir uns mit Prognosen generell schwer. Positiv zu bewerten ist, dass russische Landwirte ein gutes Jahr hatten, ebenso haben wir von der Landwirtschaftsmesse Agritechnica Mitte November in Hannover viele positive Impulse mitgenommen. Insofern gehen wir davon aus, dass die Talsohle erreicht und weitgehend durchschritten ist. Wann wir eine Erholung sehen und wie dynamisch diese sein wird, ist allerdings noch nicht zu beantworten.
www.4investors.de: Zuletzt hat Claas mit Russland eine Absichtserklärung für eine Investitionsvereinbarung abgeschlossen, die Claas den Rang eines „russischen Herstellers“ bringen soll. Bedeutet dieses Abkommen mittelfristig für Ekotechnika steigende Konkurrenz im Markt, oder wie wird dies ihr Geschäft beeinflussen?
Bläsi: Claas hat in den letzten Jahren umfangreiche Investitionen in ein Werk in Krasnodar getätigt. Dort werden zunächst Erntemaschinen produziert, nach meiner Kenntnis keine Traktoren. Ziel der Erlangung des Status „russischer Hersteller“ ist, dass die Käufer der Maschinen in den Genuss staatlicher Zuschüsse kommen. Heute gibt es einen russischen Hersteller (Rostzelmash), der aufgrund dieser Zuschüsse eine dominierende Stellung auf dem Markt hat – Claas wäre der zweite Anbieter. Viel wichtiger ist für uns allerdings das Traktorengeschäft und in diesem Bereich gibt es noch keinen ernstzunehmenden Wettbewerber, der das Siegel „Made in Russia“ hält. Generell werden die Hersteller sich weiterhin mit der lokalen Produktion von Maschinen auseinandersetzen müssen und tun das auch mit unterschiedlichen Ansätzen.
www.4investors.de: Befürchten sie, dass die russische Regierung stärker protektionistisch im Markt für Landmaschinen agieren wird, zum Beispiel über Importzölle für Maschinen aus dem Ausland?
Bläsi: Es gab und gibt bereits verschiedene Mechanismen zur Marktsteuerung. Im für uns relevanten Traktorenmarkt herrscht hier wie gesagt keine Ungleichheit, da alle relevanten Großtraktoren von ausländischen Herstellern importiert werden. Vor diesem Hintergrund erwarte ich hier keine Entwicklung, die unsere Situation im Vergleich zu der der Wettbewerber verschlechtert.
www.4investors.de: Fassen sie eine Expansion in zusätzliche Länder ins Auge, um die Abhängigkeit vom russischen Markt zu verringern?
Bläsi: Nein, eine Ausweitung des Geschäftsgebietes in andere Länder ist nicht vorgesehen. Wir sehen trotz der derzeit schwierigen Rahmenbedingungen auch in Zukunft sehr viel Potenzial in der russischen Landwirtschaft.