Börse hui, Wirtschaft pfui? - BÖAG Kolumne
Zwei Überschriften standen gestern scheinbar im Widerspruch: „OECD senkt Wachstumsprognose für Deutschland drastisch“, titelte das Handelsblatt über die auf nur noch 0,3 Prozent halbierten Wachstumsaussichten für das deutsche 2024er Bruttoinlandsprodukt. Im G20-Kreis der größten Industrie- und Schwellenländern sind die konjunkturellen Aussichten nur in Argentinien noch schlechter. „Dax erklimmt nächstes Allzeithoch“, vermeldet die Börsen-Zeitung am gleichen Tag, notiert als neuen Rekordstand in der Spitze 17.049,52 Punkte und freut sich über den erstmaligen Schlussstand oberhalb der 17.000 Punkte-Marke. Die gute Stimmung an den US-Märkten scheint ansteckend zu sein.
Das Narrativ von demnächst zu erwartenden Zinssenkungen wurde durch Aussagen nach den letzten Notenbanksitzungen eigentlich entkräftet, aber das stört die Bullen wenig. Stattdessen lassen sich die Märkte von den Börsengiganten motivieren: Microsoft und Apple sind zeitweise gleichzeitig mit je mehr als 3 Billionen USD bewertet; Tesla zeigte letzte Woche den bisher größten Tages-Kurssprung mit über 204 Mrd. USD plus nach Veröffentlichung der Quartalszahlen.
„Size matters“, scheint das Motto zu sein, denn die Gewinner-Aktien sind in der Regel Weltmarkt-Champions. Die DAX40-Werte sind zwar in Deutschland beheimatet, machen den wesentlichen Umsatz aber international. Bei SAP, dem an der Börse mit ca. 205 Mrd. EUR wertvollsten deutschen Unternehmen, waren es zuletzt ca. 85 Prozent. Doch in der zweiten und dritten Börsenliga ist es zu Rekordhöhen noch ein weiter Weg: Der MDax notiert knapp 30 Prozent unter seinem Hoch im Spätsommer 2021 und dem SDax fehlen derzeit rund 20 Prozent auf die Spitze im Herbst 2021. Die Luft ganz oben ist dünn.
Autor: Thomas Strelow, Börse Düsseldorf
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