Commerzbank: Wie tief können die Ölpreise noch sinken?
Die Ölproduktion sprudelt überreichlich, die Lagerbestände sind auf Rekordniveau, der milde Winter drückt die Nachfrage und auch der Abbau von Long-Positionen zum Jahresultimo setzt die Preise unter Druck. Das Ölangebot bleibt wohl auch mittelfristig hoch, die Nachfrage konjunkturell und strukturell (Klimaschutzabkommen) belastet und an den Finanzmärkten besteht immer noch ein Kaufüberhang, der einen gewissen Optimismus widerspiegelt. Dies ist eine Konstellation, die leicht zu noch wesentlich niedrigeren Ölpreisen führen kann und im Unterschied zu 2009 einer raschen Trendwende entgegensteht. Dennoch besteht kurzfristig, nach der Fed-Entscheidung und der Überwindung des Jahresultimos, wohl eine gute Erholungschance.
Zinsen und Anleihen
Endlich ist es soweit: Heute wird die US-Notenbank zum ersten Mal seit Juni 2006 die Leitzinsen erhöhen. Den Zielkorridor für die Federal-Funds-Rate dürfte sie von bislang 0%-0,25% auf 0,25%-0,50% anheben. Zu diesem Zins leihen sich die US-Banken untereinander Geld. Während die Europäische Zentralbank nur indirekt (z.B. über Auktionsgeschäfte) in diesen Geldmarkt eingreift, ist dagegen die US-Notenbank deutlich aktiver. Sie interveniert regelmäßig, wenn die Federal-Funds-Rate zu stark von der Mitte des Zielkorridors abweicht. Die US-Notenbank ändert ihre Geldpolitik, obwohl die Inflation zurzeit noch sehr niedrig ist. So zeigten die gestern gemeldeten Verbraucherpreise nur einen Anstieg um 0,5% zum Vorjahr. Jedoch liegt dies, erstens, maßgeblich an den weiter fallenden Energiepreisen. Ohne Energie und Nahrungsmittel liegt die Inflationsrate aktuell bei 2%, während sie zu Jahres-beginn bei nur 1,6% lag. Zweitens verbilligt der starke Dollar die Preise von importierten Waren. D.h. der Preisauftrieb bei im Inland produzierten Waren und Dienstleistung ist stärker als in den Inflationszahlen zum Ausdruck kommt. Und Drittens steigen die Löhne kontinuierlich. Das ist kein Problem solange die Wirtschaft nicht voll ausgelastet ist und die zusätzliche Nachfrage befriedigt werden kann. Mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit wächst jetzt die Gefahr, dass die zusätzliche Nachfrage vor allem zu Preisanstiegen führt. Die Zinswende kommt daher sicher nicht zu früh. In Deutschland blicken die vom ZEW-Institut befragten Analysten wieder etwas zuversichtlicher in die Zukunft: Die Erwartungskomponente des ZEW-Index stieg deutlich an, während aber die Lagekomponente nur leicht zulegte.
Aktien
Der gestrige Handelstag zeigte, dass die Aktienmärkte neben der heutigen wahrscheinlichen US-Zinserhöhung und insbesondere anschließender Hinweise zur weiteren Zinspolitik ebenso die Ölpreisentwicklung im Auge behalten, die als Konjunkturindikator angesehen wird. Mit dem gestrigen leichten Ölpreisanstieg erholten sich daher auch die Aktienmärkte vom Vortag, in Europa noch deutlicher als in den USA, da hier ein Teil der US-Erholung im späten Montagshandel nachgeholt wurde und der gestiegene US-Dollar unterstützte. In Europa legte damit auch der Energiesektor (+3,9%) am stärksten zu. Aber auch alle anderen Sektoren verbuchten robuste Zuwächse. Selbst das Schlusslicht unter den Branchen (Construction & Materials) verbuchte noch ein Plus von knapp 1,6%. Im deutschen Leitindex DAX führte Lufthansa (+5,1%) die Kurstabelle an. Die Aktie der Deutschen Post (+4,7%) profitierte von einer Votenheraufstufung. Auch Schlusslicht Munich Re (+1,2%) schloss im positiven Terrain. Die Kurserholung des US-Aktienmarktes war insbesondere getragen von der Ölpreiserholung. Dementsprechend gehörten Ölwerte mit ExxonMobil (+4,5%) und Chevron (+3,8%) zu den größten Gewinnern. Qualcomm (+2,5%) wehrt sich gegen Aufspaltungsforderungen eines Großaktionärs und erhöhte die Gewinnprognose. Der Mischkonzern 3M (-6%) musste dagegen mit Blick auf die schwierige weltwirtschaftliche Lage abermals seine Prognose reduzieren. Auch die asiatischen Aktienmärkte vollziehen die guten Vor-gaben aus den USA und Europa heute weitgehend nach. Japan profitiert dabei auch von einem schwächeren Yen. Hongkong kann dem folgen, während das Kursplus im binnenmarktlastigeren Shanghai bescheidener ausfällt.