Commerzbank: EZB wartet mit Anleihekaufprogramm von 1.140.000.000.000 Euro auf
Nach langen Wochen der unablässigen Vorbereitung war bei der gestrigen EZB-Ratssitzung nur noch die Frage offen, wie denn das quantitative Lockerungsprogramm aussehen wird. Hinsichtlich des Volumens übertraf die EZB die Markterwartungen, und wohl auch hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der sie dieses umsetzen will. Im März will sie mit Kauf von Anleihen im Monatsvolumen von 60 Mrd. Euro beginnen. Sie beabsichtigt, die Käufe bis September 2016 beizubehalten, jedenfalls aber solange, bis die Inflationsrate sich auf einem Pfad in Richtung der Zielmarke von „unter, aber nahe 2%“ bewegt. De facto heißt das: Das Kaufprogramm, das sich über den „intendierten Zeitraum“ auf insgesamt 1,14 Billionen beläuft, kann im Prinzip verkürzt, aber was wahrscheinlicher ist – nochmals aufgestockt werden. Mit dem neuen Kaufprogramm wird die EZB vor allem – und das ist neu – Staatsanleihen erwerben, wobei sich die Länderaufteilung der Kaufvolumina nach dem Kapitalschlüssel der Notenbank bemisst – also rund 26% davon Bundesanleihen wären. Mit zum neuen Kaufprogramm zählen darüber hinaus die bereits laufenden, aber relativ spärlich dotierten Kaufprogramme für forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset Backed Securities, ABS) sowie für „gedeckte Anleihen“ (Pfandbriefe). Die technische Umsetzung (sprich die Wertpapierkäufe) wird durch die jeweiligen nationalen Notenbanken erfolgen. Die nationalen Notenbanken tragen auch im Verlustfalle das Hauptrisiko, zumindest was die Staatsanleihekäufe angeht. 8% von deren Kaufvolumen übernimmt die EZB und nur für diesen Anteil gilt damit die Gemeinschaftshaftung. 12% der Wertpapierkäufe sollen auf Emissionen europäischer Institutionen (z.B. EIB) entfallen, und für diese gilt ebenfalls die Gemeinschaftshaftung – zusammen also für 20% der Käufe. Der ökonomische Nutzen des Programms ist nach unserem Dafürhalten zweifelhaft. Doch gestern war für die Märkte nicht der Zeitpunkt, solche Fragen zu stellen.
Zinsen und Anleihen
Im Vorfeld der mit Spannung erwarteten EZB-Ratssitzung stiegen gestern die Renditen von Staatsanleihen im frühen Handel weiter an. Bei Beginn der EZB-Pressekonferenz drehte jedoch die Stimmung. Da das Anleihekaufprogramm der EZB von der Höhe des Volumens von insgesamt 1,14 Bio. Euro (siehe auch „Im Blickpunkt“) überraschte, gingen die Renditen wieder zurück. Die EZB übertraf aber auch mit der geplanten Geschwindigkeit der Käufe, nämlich vom März 2015 bis September 2016 (monatlich 60 Mrd. EUR), die Erwartungen. Per Saldo erzielten Bundesanleihen Kursgewinne; die Rendite 10-jähriger schloss bei 0,45% nahe dem Rekordtief. Noch stärker als erstklassige Staatsanleihen profitierten Staatsanleihen der EWU-Peripherie, am meisten die Griechenlands. 2-jährige spanische Staatsanleihen rentieren gerade noch bei 0,24%, die ihrer italienischer Pendants bei 0,30%. Erstaunlicherweise drehte nach der EZB-Pressekonferenz auch der US-Rentenmarkt; auch dort gingen die Renditen im Laufe der Pressekonferenz der EZB merklich zurück; per Saldo schlossen sie aber fast unverändert. Größere Wirkungen gab es auch bei den Wechselkursen. Der EUR wertete sich in der Breite ab. Ggü. dem USD sank der EUR unter 1,14 USD, das ist der niedrigste Kurs seit Mitte 2003. Innerhalb Europas gab es Aufwertungen fast aller Währungen ggü. dem EUR, wie z.B. der Norwegischen Krone, der Schwedischen Krone, des Schweizer Franken, des britischen Pfunds und des Polnischen Zloty. Heute werden nach der richtungsweisenden EZB-Sitzung die Einkaufsmanagerindizes im Euroraum im Fokus stehen. Wir rechnen mit einer leichten Verbesserung.
Aktien
Die europäischen Aktienmärkte standen gestern ganz im Zeichen der EZB-Entscheidung. Vor der Sitzung herrschte entsprechend eine abwartende Haltung, die zu leichten Minuszeichen führte. Nach der Entscheidung ging es dann recht volatil hin und her, bevor sich dann eine klar positive Tendenz einstellte und die Indizes durch die Bank mit deutlichen Gewinnen aus dem Handel gingen. Die weiter sinkenden Zinsen und der schwächere Euro sorgten für eine positive Stimmung. Am stärksten konnten die Märkte in Italien (+2,4%) und Spanien (+1,7%) zulegen. Der marktbreite Stoxx600 hat damit seit dem 14. Januar gut 7% zugelegt. Der Euro Stoxx 50 verzeichnete ein Sechs-Jahres-Hoch. Auf Branchenseite waren zyklische Sektoren (Autos +3,1%) gefragt. Der Bankensektor (+2,2%) verzeichnete großes Kaufinteresse, was aber auch daran lag, dass Investoren ihre Short-Positionen eindeckten. Unterdurchschnittlich entwickelten sich Titel aus dem Gesundheitsbereich (- 0,2%) der als einziger Sektor im Minus schloss. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten setzte sich auch am US-Markt eine sehr positive Stimmung durch, die bis zum Handelsschluss anhielt. Der wieder sinkende Ölpreis belastete die Stimmung diesmal nicht und auch die Berichtssaison konnte trotz einer Vielzahl von Berichten in der Breite keine Impulse setzen. Trotz der gestrigen Verbesserungen fallen die Gewinnausweise bisher eher unterdurchschnittlich aus. Die EZB sorgte auch in Asien für Kauflaune und steigende Kurse. Dabei half auch der etwas besser aus-gefallene HSBC/Markit Einkaufsmanagerindex für China (49,8), dessen Wert allerdings weiter unter der „Expansionsschwelle“ bleibt. Heute können gute Einkaufsmanagerindizes dafür sorgen, dass die Rally noch weitergeht und der Dax die 10.500 Punktemarke in Angriff nimmt.