Commerzbank: US-BIP überrascht im 2. Quartal positiv - Ausblick bleibt günstig
Gestern gab das US-Statistikamt nicht nur die BIP-Daten für das 2. Quartal bekannt, sondern wie üblich Ende Juli auch die revidierte BIP-Statistik der vergangenen 3 Jahre. Wichtigste Erkenntnisse sind: Im 2. Quartal ist die US-Wirtschaft um 4,0% (annualisiert) und damit stärker als erwartet gewachsen. Zudem war der Einbruch im 1. Quartal 2014 laut neuester Daten et-was mäßiger, das Wachstum im Schlussquartal 2013 indes stärker als bisher ausgewiesen. Unterstellt man bei dieser veränderten statistischen Ausgangsbasis für die zweite Jahreshälfte 2014 dieselbe Wachstumsprognose wie bisher (knapp 3% ann.), dann ergibt sich rein rechnerisch für das laufende Jahr ein jahresdurchschnittlicher BIP-Anstieg von gut 2% - auf der „alten“ Datenbasis waren es ca. 1,6%. Die Komposition der Daten gibt wenig Anlass, am zuversichtlichen Ausblick Abstriche zu machen. Der private Verbrauch trug 1,7 Prozentpunkte zum Wachstum bei, der private Wohnungsbau 0,2 und die Unternehmensinvestitionen 2,6 Prozentpunkte. Erfreulich stark erholten sich die Ausrüstungsinvestitionen, sie sind übrigens seit ihrem zyklischen Tief Mitte 2009 um durchschnittlich 9,4% p.a. angestiegen. Mit der anhaltenden Investitionstätigkeit sollte sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter verbessern, was den privaten Verbrauch unterstützen wird. Doch ist auch einzuräumen: Allein der Lageraufbau (er zählt zu den Investitionen) sorgte für einen Wachstumsbeitrag von stattlichen 1,7 Prozentpunkten. Das heißt: Die Endnachfrage stieg langsamer als die Erzeugung, die Lagerbestände sind deutlich gestiegen. Im laufenden Quartal sollte man daher allenfalls mit einem neutralen, eher noch mit einem dämpfenden Einfluss seitens der Lagerkomponente rechnen. In der Pressemitteilung zur ihrer FOMC-Sitzung beschrieb die Fed die Konjunkturlage mit einem etwas zuversichtlichen Grundton. Insgesamt sehen wir uns durch den Datenfluss in der Erwartung einer US-Leitzinswende im 2. Quartal 2015 bestätigt.
Zinsen und Anleihen
Die US-Konjunktur hat laut den neusten Meldungen des Bureau of Economic Analysis, dem statistischen Bundesamt der USA, mehr Schwung als bislang gedacht: Die erste Schätzung für das BIP-Wachstum im zweiten Quartal fiel besser als erwartet aus (vgl. „Im Blickpunkt“). Zusammen mit dem soliden Stellenzuwachs des ADP-Arbeitsmarktberichtes sorgte dies für Kursgewinne des US-Dollars ggü. den Hauptwährungen sowie für einen Anstieg der Treasury-Renditen. Anders als in den USA kommt die Konjunktur im Euroraum nicht in Fahrt: Die Nachfrage bleibt, trotz der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, deutlich hinter dem zurück, was die Unternehmen eigentlich produzieren könnten. Der Preisauftrieb schwächt sich daher immer weiter ab. Disinflation (oder auch eine leichte Deflation) ist, weil sie die reale Güternachfrage stärkt, ähnlich einem Fieber, das den Heilungsprozess unterstützt. Ähnlich wie zu hohes Fieber eine Gefahr für die Gesundheit ist, so kann auch Deflation zur Gefahr werden – wenn sie z.B. zu einem unkontrollierten Anstieg der realen Zinsen führt. Für Spanien sind die Verbraucherpreise im Juli um 0,3% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. In Deutschland sind sie um 0,8% gestiegen. Der Unterschied reflektiert die unterschiedliche Auslastung der Unternehmen in beiden Ländern. Heute wird die Entwicklung der Verbraucherpreise für den Euroraum insgesamt gemeldet. Nach den gescheiterten Verhandlungen zwischen Argentinien und Hedgefonds wird die Suche nach Auswegen aus dem Schuldenstreit nicht enden, sondern sich eher intensivieren.
Aktien
Nach deutlicheren Abschlägen im späten Handel schlossen die europäischen Aktienbörsen gestern im Minus. Während zwischenzeitlich gute Konjunkturdaten etwas beflügelt hatten, belasteten am Ende die Sorgen um eine Sanktionsspirale, eine frühere Fed-Zinswende und eine Staatspleite Argentiniens. Etliche Gewinnberichte führten zu markanten Kursbewegungen bei Einzeltiteln. So musste Infineon (-3,5%) nach etwas besser als erwartet ausgefallenen Zahlen und einer Prognoseanhebung Gewinnmitnahmen hinnehmen. Bayer (+1,5%) hingegen stand trotz leicht verfehlter Markterwartungen an der Spitze der Kurstabelle des Dax. Hier wurden der leicht angehobene Ausblick und positive Mitteilungen zu Medikamenten gut aufgenommen. In der zweiten Reihe war Airbus (+3%) nach starken Umsatz- und Gewinnzahlen bester Titel im MDax, während Osram-Aktien (-8,3%) nach schwachen Quartalszahlen und einem enttäuschenden Jahresausblick deutlich unter Druck gerieten. Im EUROSTOXX 50 standen nach enttäuschenden Zahlen von Total (-4,9%) vor allem Energiewerte (-3,3%) unter Druck. Stark präsentierten sich hingegen Technologiewerte (+1,6%). An der Wall Street zeigten sich die Leitindizes nur wenig bewegt. Auf Einzelwertebene gab es nach starken Quartalszahlen von Twitter (+20%) und US-Steel (+19%) markante Kursaufschläge. Die asiatischen Märkte verzeichnen nach der zuletzt so starken Phase heute Morgen leichte Gewinnmitnahmen. Die europäischen Börsen dürften nur wenig verändert eröffnen. Im Fokus stehen zahlreiche Unternehmensberichte.
Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne der Commerzbank. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!