WILEX: Nach dem „house keeping“ kommen verstärkt Gespräche mit Investoren
Turbulente Wochen liegen hinter WILEX – und wohl auch noch vor dem Unternehmen. Die Süddeutschen müssen drastische Kostenkürzungen umsetzen und die Ausgaben senken, denn das Ende des Liquiditätspolsters ist in Sicht. Konkrete Pläne für eine Kapitalerhöhung hat man trotz vorbereitender Beschlüsse auf der jüngsten Hauptversammlung aber nicht, sagt Wilex-Chef Jan Schmidt-Brand im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de. Doch noch ist es nicht so weit: „Wir werden wieder verstärkt Gespräche mit Investoren führen, wenn wir unser house keeping nahezu erledigt haben und wir eine überzeugende Equity Story präsentieren können“, sagt der Manager. Wie weit man damit ist, ist Thema dieses Interviews.
www.4investors.de: Wie weit sind sie mit den Kostensenkungen und Restrukturierungen, die Ende Januar angekündigt wurden?
Schmidt-Brand: Wir haben unser Team in München an die verbleibenden Aufgaben angepasst und werden die neue Sollstärke im Wesentlichen bis Ende Juni erreichen.
Die beiden letzten klinischen Studien (WX-554 und WX-037) wurden beendet. Die Abschlussberichte werden in den kommenden Wochen erstellt und die Verträge mit dem Studiendienstleister („CRO“) und mit den Prüfzentren gekündigt. Mit UCB haben wir, wie mitgeteilt, eine Aufhebungsvereinbarung der relevanten Lizenzverträge abgeschlossen. UCB hat sich in diesem Kontext bereit erklärt, auf die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens in Höhe von 2,5 Millionen Euro nach vollständigem Transfer der Daten und Dokumente zu verzichten. Das nimmt nicht nur eine große bilanzielle Last von uns, sondern auch jährliche Zinsbelastungen von ca. 150.000 Euro.
UCB bleibt uns als wichtige Aktionärin von WILEX AG erhalten.
Daneben wurden weitere Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen, wie die Überprüfung, Anpassung und ggf. Beendigung laufender Dienstleistungs- und Beraterverträge in allen Unternehmensbereichen.
Durch die Beendigung der Lizenzverträge mit Prometheus (2013) und IBA haben wir die Handlungsfähigkeit für unsere Projekte zurückerlangt. Damit haben wir die Möglichkeit erhalten, nach einem neuen Finanzierungs- und Entwicklungspartner zu suchen. Auf der anderen Seite konnten wir Verpflichtungen abbauen, die uns kurz- und mittelfristig hohe Aufwendungen abverlangt hätten. Dabei haben wir in keinem Fall Rückzahlungen an die Partner leisten müssen, sondern Abschlusszahlungen für unsere Arbeiten erhalten.
Wir arbeiten intensiv an der Neuvermietung bzw. Untervermietung unserer Büro- und Laborflächen in München. Dies ist sehr wichtig für die Kostensenkung bis zum Auslaufen des Mietvertrages Ende 2016 und würde die Gesellschaft erheblich entlasten.
www.4investors.de: Die Cashreserven von WILEX reichen letzten Angaben zufolge nur noch etwas mehr als ein Jahr. Wie sieht die aktuelle Liquiditätslage nun kurz vor Ende des zweiten Quartals 2013/2014 aus, hat sich etwas Entscheidendes geändert?
Schmidt-Brand: Die Angabe zur finanziellen Reichweite ist Bestandteil unserer „Guidance“. Diese wird angepasst, sobald sich die Einschätzung nachhaltig ändert. Die Zuflüsse aus den Abschlusszahlungen von IBA und UCB haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Guidance.
„Wir planen derzeit keine konkrete Kapitalerhöhung“
www.4investors.de: Auf der Hauptversammlung haben ihre Aktionäre über die Zusammenlegung von Aktien abgestimmt. Dies muss man als Vorbereitung einer Kapitalerhöhung verstehen. Wann und in welchem Umfang ist mit einem solchen Schritt zu rechnen?
Schmidt-Brand: Die HV hat mit über 99 Prozent dieser aus technischen Gründen notwendigen Kapitalmaßnahme zugestimmt. Wir planen derzeit keine konkrete Kapitalerhöhung, wollten aber den Zeitpunkt der Hauptversammlung vor dem Hintergrund des aktuellen Aktienkurses nutzen, um der WILEX grundsätzlich das Instrument einer Kapitalerhöhung wieder an die Hand zu geben. Kapitalerhöhungen sind bei einem Aktienkurs unter 1 Euro und damit unter Nominalwert gesetzlich ausgeschlossen.
Wir haben es daher als unsere unternehmerische Pflicht angesehen, die Hauptversammlung über eine Kapitalherabsetzung entscheiden zu lassen. In den nächsten Wochen werden wir an der Umsetzung des Beschlusses arbeiten und das neue Grundkapital bis voraussichtlich Ende Juli im Handelsregister eingetragen haben. Ob und wann es eine Kapitalerhöhung geben wird, können wir schlichtweg nicht sagen, weil es dazu im Moment keine Pläne gibt.
www.4investors.de: Nach den vielen Fehlschlägen dürfte es nicht einfach werden, Investoren zu überzeugen, sich bei WILEX zu engagieren. Was sind ihre Argumente, warum sie es doch tun sollten?
Schmidt-Brand: Im WILEX-Konzern steckt weiterhin Potenzial aus den klinischen Projekten und aus der neuen Technologie Plattform der Heidelberg Pharma.
Zunächst wäre MESUPRON zu nennen, für das wir für den chinesischen Raum einen Lizenzvertrag mit LinkHealth Ende März abschließen konnten. Gespräche über die Auslizenzierung von MESUPRON im Rest der Welt sollen mit Interessenten geführt werden – daran arbeiten wird.
Sehen Sie sich unser Diagnostikum REDECTANE an. Hier gibt es für die noch notwendige Phase-III Studie bereits ein von der FDA genehmigtes Special Protocol Assessment. Wie bereits mit der von uns durchgeführten Phase-III Studie gezeigt, kann REDECTANE bösartigen Nierenkrebs von anderen, auch gutartigen Tumoren unterscheiden.
Aber auch RENCAREX, das aufgrund der ermutigenden Subgruppendaten zwar nur einer kleineren Patientengruppe dienen würde, ist für uns immer noch ein Produktkandidat, den man mit dem richtigen Partner weiterentwickeln könnte. Dieser müsste dann die Entwicklung und Finanzierung übernehmen, wir würden IP und Know-how liefern.
Unser großer Hoffnungsträger ist die innovative ADC-Technologieplattform unserer Tochtergesellschaft Heidelberg Pharma. Wir arbeiten daran, dass das Projekt mit Roche gut vorankommt und diese Kooperation nicht die einzige in diesem Umfang bleibt.
Fazit: Ich denke, wir haben eine Reihe von Abwertungsgewittern hinter uns und unsere Bewertung ist auf einem sehr niedrigen Niveau. Bei all den Risiken, die uns die Branche jeden Tag vor Augen führt, haben wir auch reelle Chancen, die es zu verwirklichen gilt.
www.4investors.de: Wollen sie eher gezielt Großinvestoren bei einer Kapitalerhöhung ansprechen oder den Aktionären Bezugsrechte einräumen?
Schmidt-Brand: Da wir derzeit keine Pläne für eine Kapitalerhöhung haben, stellt sich die Frage derzeit nicht für uns. WILEX war und ist immer offen für interessante Alternativen, egal ob „Große“ oder der geschätzte „Kleinaktionär“. Wir werden wieder verstärkt Gespräche mit Investoren führen, wenn wir unser house keeping nahezu erledigt haben und wir eine überzeugende Equity Story präsentieren können.
„Allein die ADC-Technologie ist eher ein Magazin als eine Patrone...“
www.4investors.de: Mit welcher Unterstützung ist bei der anstehenden Refinanzierung von ihren Großaktionären dievini bzw. Dietmar Hopp und UCB zu rechnen?
Schmidt-Brand: Wir werden zu Plänen unserer Aktionäre keine Angaben machen.
www.4investors.de: Würden und werden sie sich als Vorstand von WILEX an einer Kapitalerhöhung beteiligen?
Schmidt-Brand: Grundsätzlich ja, aber das hängt immer von der persönlichen Situation zum Zeitpunkt einer Maßnahme ab. Und natürlich müssen wir immer überprüfen, über welche Informationen wir als Vorstand verfügen, die uns einen Handel im Hinblick auf Insiderregeln verbieten.
www.4investors.de: WILEX setzt nun verstärkt auf Heidelberg Pharma, deren Pipeline aber auch nicht gerade umfangreich ist. Das klingt etwas nach „letzte Patrone im Magazin von WILEX“. Trifft das zu?
Schmidt-Brand: Richtig ist, dass die Heidelberg Pharma für den WILEX-Konzern für die zukünftige Planung eine ganz entscheidende Rolle spielt. Allein die ADC-Technologie ist eher ein Magazin als eine Patrone, wenn Sie das Bild bemühen wollen. Wir sprechen hier über eine Plattformtechnologie, die eine Vielzahl von Kooperationen ermöglicht, mit einer Vielzahl von sogenannten Amanitin Targeted Antibody Conjugates – oder kurz ATACs. Das heißt, verschiedene Antikörper könnten über unterschiedliche Linker mit unserem Toxin kombiniert werden und bei der Bekämpfung von Krebszellen wirksamer werden. Unsere Partnerschaft mit Roche, einem der führenden Unternehmen auf dem Gebiet ADC, läuft sehr zufriedenstellend und hat Potenzial auf signifikante Meilenstein- und Lizenzzahlungen, wenn wir erfolgreich zusammenarbeiten.
www.4investors.de: Ist der „Rest“ von WILEX für die Entwicklung bei Heidelberg Pharma eher ein Hindernis, oder worin besteht der Sinn, die verschiedenen Bereiche zusammen zu halten?
Schmidt-Brand: Nein, das kann man so nicht sagen. Es bietet eine Reihe von Optionen. Die kommerzielle Verwertung der klinischen Projekte kann für den WILEX-Konzern Wert schaffen und liquide Mittel generieren. Erinnern Sie sich bitte, wir hatten mit RENCAREX über 45 Millionen US-Dollar nur für den amerikanischen Markt eingenommen.
Das verbleibende WILEX-Team hat hervorragende Kenntnisse und Erfahrungen. Das Kernteam in München kümmert sich um alle verbleibenden Aufgaben der WILEX AG, insbesondere im Hinblick auf Finanzberichterstattung, Transparenzrichtlinien aufgrund der Börsennotierung, Recht, Personal und Patente und Lizenzen, unterstützt auch beim Abschluss von Lizenzverträgen etc. Diese Aufgaben könnten von dem Team in HDP nicht übernommen werden.
www.4investors.de: Sie haben Ende April gemeldet, dass die Redectane-Rechte an WILEX zurückgehen. Wie sind hier die weiteren Pläne, was die Entwicklung und Partnersuche angeht?
Schmidt-Brand: Die Entwicklungsaktivitäten für REDECTANE bei der WILEX AG sind eingestellt und werden auch nicht wieder aufgenommen. Es ist unser Ziel, dass wir REDECTANE auslizensieren, denn nunmehr verfügen wir wieder über die weltweiten Rechte. Der Partner könnte die Entwicklung auf Basis unserer vorliegenden Daten aus der REDECT I-Studie und dem vorliegenden ausgearbeiteten Studienprotokoll für die REDECT II-Studie fortführen.
WILEX könnte von Meilensteinzahlungen und bei erfolgreicher Zulassung an Lizenzzahlungen (engl. Royalties) partizipieren. Das wäre nicht nur für uns und die Aktionäre eine schöne Entwicklung, sondern auch eine gute Nachricht für die Ärzte, die auf dieses Produkt zur Diagnostik des klarzelligen Nierenzellkarzinoms warten, und Patienten, die dadurch eine verbesserte Therapieempfehlung erhalten können.
Aber so ein Deal fällt leider nicht vom Himmel und es bedarf großer Anstrengungen, um ans Ziel zu kommen.
www.4investors.de: Mit welchen Nachrichten ist als nächstes aus China zu rechnen, wo sie Ende März eine Partnerschaft für die Mesupron-Entwicklung mit Link Health abgeschlossen haben? Was wurde bislang unternommen?
Schmidt-Brand: Der Abschluss mit einem chinesischen Partner war eine nicht alltägliche Herausforderung für uns. Derzeit ist LinkHealth damit beschäftigt, den Vertrag und die diesem unterliegenden Patente bei den chinesischen Behörden zu registrieren. Wir arbeiten parallel an dem Daten- und Dokumententransfer nach China. LinkHealth muss teilweise die Dokumente übersetzen, um bereits generierte Daten für die Vorbereitung der klinischen Entwicklung von MESUPRON in China nutzen zu können. Sie wissen vielleicht, dass asiatische Behörden aus Sicherheitsgründen die komplette klinische Entwicklung – beginnend mit Phase I – vor Ort mit einheimischen Patienten sehen möchte. Auch wenn wir nicht in Kürze klinische Daten aus China sehen werden, so haben wir Vertrauen, dass MESUPRON unter Verantwortung unserer chinesischen Partner in China eine gute Entwicklung nehmen kann.