Commerzbank Börsencompass - Enttäuschende US-Auftragseingänge
Die US-Auftragseingänge für langlebige Güter (Juli) haben zweifellos stark enttäuscht. Zwar war nach den guten, von Flugzeugaufträgen überzeichneten Vormonatsdaten eine Korrektur erwartet worden, nicht aber ein Rückgang um satte 7,3% M/M (bzw. -0,3% J/J; nach +3,9% M/M und +10,9% J/J im Juni). Wichtiger noch: Auch die um die volatilen Flugzeug- und Militärgüter bereinigten Kernaufträge, die seit März ebenso stetig wie zügig angestiegen waren, erlitten mit einem Minus von 3,3% M/M einen deutlichen Dämpfer; er ließ sie auf den Stand von April absinken. Mag sein, dass es bei dieser Datenreihe Probleme bei der Saisonbereinigung gibt, die die Aussagekraft einzelner Monatsdaten schmälern. Auch stehen die Daten in gewissem Widerspruch zu den Umfragen aus dem Verarbeitenden Gewerbe, die durchweg deutlich über dem Stand des Vorquartals liegen. Wie dem auch sei: Die Auftragsdaten zählen wie die Baubeginne und Konsumentenstimmung und zu den Nachrichten, mit denen die Fed es rechtfertigen könnte, nicht bereits im September mit der Reduzierung der Anleihekäufe zu beginnen. Welches Timing sie wählt - hier scheint die Frage lediglich ob September oder Dezember - wird ganz wesentlich von der Entwicklung am Arbeitsmarkt abhängen. Am 6. September steht der nächste offizielle monatliche Arbeitsmarktbericht an, zuvor folgen der nationalen ISM-Indizes. Um den Märkten eine klarere Orientierung angesichts des zuletzt vielstimmigen FOMC-Chors zur Ausstiegsthematik zu geben, ist Fed-Chef Bernanke bei der kommenden FOMC-Sitzung und Pressekonferenz (17./18.9.) entsprechend stark gefordert.
Konjunktur und Rentenmärkte
Überraschend schwache Auftragseingänge in den USA sorgten gestern für Kursgewinne bei Bundesanleihen und US-Treasuries. Zu wirklichen Konjunkturängsten führte der enttäuschenden Orderzahlen jedoch nicht. Die Zahlen nährten vielmehr die Hoffnungen mancher Marktteilnehmer, dass die US-Notenbank erst zum Jahresende hin ihre Anleihenkäufe zurückfährt. Die Kurse an den Aktienmärkten hielten sich daher zunächst stabil und verloren in den USA erst im späten Handel an Boden. Wichtiger für die Entscheidung der Fed werden aber der nächste ISM-Index (3. September) sowie der Arbeitsmarktbericht (6. September) sein. Die Auftragsstatistik ist zwar etwas für Zahlen-Gourmets, da sie nach Bereichen gegliedert eine Fülle von Informationen z.B. über Lagerbestände liefert, die Statistik ist aber auch schwer saisonzubereinigen und notorisch volatil. Der Rückgang von 7,3% ggü. Vormonat sollte daher nicht überbewertet werden (vgl. Top Thema). Der heute anstehende Ifo-Geschäftsklimaindex ist einer der wenigen deutschen Konjunkturdatenpunkte, die international an den Märkten Beachtung finden. Dem Gesamtindex fehlt derzeit eine klare Richtung. Sowohl der Lage- als auch der Erwartungsindex des Ifo-Institutes tendieren zurzeit seitwärts. Die von Bloomberg befragten Volkswirte erwarten einen leichten Anstieg des Gesamtindikators und seiner Komponenten. Der aktuell überdurchschnittliche Indexstand wäre aber mit einem beschleunigten Wachstum im Einklang.
Aktienmärkte
Die europäischen Aktienmärkte tendierten gestern uneinheitlich. Während die Börse in London feiertagsbedingt geschlossen hatte, verlor der Leitindex in Italien 2,1%. Verantwortlich hierfür zeichnete vor allem die Furcht vor einer neuen Regierungskrise, die v.a. Medien- und Banktitel stärker unter Druck brachte. Auch die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen zogen kräftig an. Auf die allgemeine Stimmung drückten auch die beunruhigenden Entwicklungen in Syrien; hier verdichten sich Spekulationen über einen Militärschlag. Für ein wenig Erleichterung sorgten dagegen schwache Auftragsdaten aus den USA. In diesem Umfeld gewann der Dax 0,2%. Tagesgewinner war die Aktie von K+S, die um 4,3% zulegte. Auslöser für den Kurssprung war die überraschende Festnahme des Uralkali-Chefs in Weißrussland. Die Notierung von Telefonica Deutschland gewann 2,9%. Sie profitierte von der Zustimmung des KPN-Großaktionärs Slim in Bezug auf die geplante Fusion zwischen O2 und E-Plus. Auf europäischer Sektorebene setzten sich Pharma- und Technologiewerte mit durchschnittlichen Aufschlägen von 0,4% an die Performancespitze. Aktien aus dem Sektor Banken büßten im Schnitt als Tagesverlierer rd. 0,8% ein. Die US-Börsen schlossen schwächer (Dow Jones: -0,4%). Für Gegenwind sorgten enttäuschende Makrodaten (Industrie) sowie die Krise in Syrien. Die Microsoft-Aktie büßte nach dem Höhenflug am Freitag zu Wochenbeginn 1,8% ein. Auf Sektorebene gaben Telekomtitel (-1,3%) am stärksten nach (Pharma: +0,1%). Die Börsen in Asien tendierten überwiegend schwächer. Der Nikkei 225 verlor 0,7%. Stärkere Kursverluste gab es v.a. in Indonesien und auf den Philippinen. Auch die Währungen kamen unter Druck.
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