Börse am Morgen, u.a. Hella, Öl-Nachfrage, Kupfer, Getreidepreise - Nord LB

Die Anzahl der Firmenpleiten stieg im Januar zweistellig. Laut Statistischem Bundesamt hat sich die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen ggü dem Dezember um 26,2% erhöht. Schon seit Juni 2023 sind damit im Vorjahresvergleich durchgängig zweistellige Zuwachsraten zu beobachten. Auf 10.000 Unternehmen kamen in Deutschland im Monat November 2023 bspw. 4,5 Firmeninsolvenzen. Traurige Spitzenreiter sind Unternehmen aus dem Bereich Verkehr und Lagerei (9,6) gefolgt von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (7,5).
Ifo Präsident Clemens Fuest sieht eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa sowie eine pauschale Aufkündigung von Handelsbeziehungen zu autoritären Staaten kritisch. Fuest: „Es geht einerseits darum, kritische Abhängigkeiten zu begrenzen, es ist aber ebenso geboten, die immensen Vorteile internationaler Arbeitsteilung weiterhin umfassend zu nutzen.“ Zugleich sprach sich Fuest für eine strategische Unabhängigkeit der EU aus. Eine Rückverlagerung der Produktion nach Europa wäre teuer.
Nach Ansicht von Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau sollte die EZB mit der ersten Zinssenkung nicht zu lange warten. Villeroy nennt explizit drei Freiheitsgrade bei der künftigen Geldpolitik. 1. Timing der Zinssenkung, 2. Tempo der Lockerung, 3. Zielzinsniveau. EZB-Direktorin Isabel Schnabel warnt indessen davor, in Anbetracht weiterhin existierender Unsicherheit bei der Inflationsentwicklung die Zinsen in der Euro-Zone zu früh zu senken. Laut Schnabel sollte eine Stop-and-Go-Geldpolitik analog der 1970er Jahre vermieden werden.
Wochenausblick
Nachdem die aktuellen Angaben zu den Stimmungsindikatoren des ZEW nun hinreichend analysiert worden sind, wird man in der neuen Woche sicherlich vor allem auf die Februar-Zahlen zum ifo Geschäftsklimaindex zu achten haben. Daneben bleiben Reden von Notenbankern im Fokus der internationalen Finanzmärkte. Wichtig kann in diesem Kontext auch die Veröffentlichung des FOMC-Sitzungsprotokolls werden. Dieses Schriftstück mag den Anlegern dabei helfen, die Diskussionsprozesse innerhalb der US-Notenbank besser zu verstehen. Grundsätzlich ist wohl davon auszugehen, dass man zumindest keine klaren Signale in Richtung sehr zügiger Zinssenkungen durch die Fed erwarten sollte!
Renten- und Aktienmärkte
Die Wirtschaftsdaten sprechen eine andere Sprache als der Kapitalmarkt! Die US-Notenbank muss daher wahrscheinlich doch noch länger mit ihren Zinssenkungen warten. Dies belastete Bundesanleihen und US-Treasuries.
DAX +0,42%; MDAX +0,35%; TecDAX +0,66%. Und auch die unerwartet gestiegenen US-Erzeugerpreise (+0,3% ggü. Vormonat) verhageln die Aussicht auf Zinssenkungen. Es wird ein holpriger Weg. Nicht trivial. Dow Jones -0,37%; S&P 500 -0,48%; Nasdaq Comp. -0,82%.
Unternehmen
Der Lichtspezialist und Autozulieferer Hella erwartet nach einem Rekordumsatz im vergangenen Jahr zukünftig eine Abschwächung. 2023 konnte der bereinigte Umsatz auf EUR 8,1 Mrd. gesteigert werden (die Umsatzmarge zog von 4,1% auf 6,1% an). Für 2024 wird ein Umsatz zwischen EUR 8,1 und EUR 8,6 Mrd. bei einer Marge zwischen 6,0% bis 7,0% angestrebt.
Devisen und Rohstoffe
Die Erwartung der Rohstoffanleger auf langfristig sinkenden Zinsen befeuert den Kupferpreis. Kupfer stieg am Freitag auf ein EinWochen-Hoch (USD 8.352 pro Tonne). Kupfer gilt bekanntlich als Indikator für die Gesundheit der Weltkonjunktur. Rohstoffinvestoren spekulieren darauf, dass sinkende Zinsen der Konjunktur neue Impulse verleihen werden.
Laut Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die weltweite Ölnachfrage im Jahr 2030 ihren Höhepunkt erreichen. Für 2024 antizipiert man derzeit „nur noch“ ein Nachfrageanstieg von 1,22 Mio. Barrel pro Tag (rückläufiger Wert ggü. der Vormonatsprognose). Brent reagierte auf diesen Newsflow kaum und verteuerte sich auf Wochensicht sogar um rd. 1,6%.
Die Getreidepreise bleiben unter Druck. Erstmals seit Juli 2021 fällt Weizen unter EUR 200/t (MATIF Terminmarkt Mai/2024). Die europ. Lager sind vor der neuen Ernte immer noch gut gefüllt. Verkaufsdruck aus der Region des Schwarzen Meeres dominiert die Gesamtsituation. Auch Mais und Raps sind betroffen. Der Maiskontrakt für Juni 2024 schloss bspw. bei EUR 173,75/t (niedrigster Wer seit Oktober 2020), Raps bei EUR 421,50/t (Maikontrakt 2024).
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!