Börse am Morgen: VW, MAN Energy Solutions, Künstliche Intelligenz und Evergrande - Nord LB
Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im September kaum noch verschlechtert. Dennoch bleiben viele Fachleute skeptisch, ob in diesem Jahr eine Rezession überhaupt noch vermieden werden kann. Das wichtigste Barometer für die Wirtschaft, das Ifo-Geschäftsklima, sank zwar im September den 5. Monat in Folge - allerdings überraschend nur noch minimal um 0,1 auf 85,7 Zähler, wie das Ifo-Institut zu seiner Umfrage unter rund 9.000 Führungskräften mitteilte. Die Firmen waren mit laufenden Geschäften unzufriedener, bewerteten ihre Aussichten allerdings weniger skeptisch als zuletzt. "Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle", sagte Ifo-Präsident Fuest. Ökonomen hatten mit einem stärkeren Rückgang gerechnet, sehen aber trotz der unerwartet guten Daten keinen Grund zur Entwarnung.
Der flächendeckende Einsatz Generativer Künstlicher Intelligenz könnte der deutschen Wirtschaft einer Studie zufolge einen kräftigen Wachstumsschub verleihen. Setze mindestens die Hälfte der hiesigen Unternehmen Programme wie ChatGPT ein, könne dies die Wirtschaftsleistung um 330 Mrd. EUR steigern, hieß es in einer veröffentlichten Erhebung von IW Consult im Auftrag des Internet-Konzerns Google. Dies entspricht fast 10% des deutschen Bruttoinlandsproduktes im vergangenen Jahr. Eine zuvor veröffentlichte Umfrage des Digitalverbands Bitkom nährt allerdings Zweifel an einem KI-Wirtschaftswunder, da sie große Widerstände bei der Nutzung dieser Technologie offenbart.
Heute
Nachdem man am Morgen den Worten des EZB-Chefvolkswirten Philip Lane gelauscht haben mag, stehen im weiteren Tagesverlauf nur noch am Nachmittag einige Veröffentlichungen von US-Konjunkturdaten an. So darf auf die beiden Indikatoren zum Immobilienmarkt – der S&P/Case Shiller Hauspreisindex und die Neubauverkäufe – geschaut werden wie auch auf den Richmond Fed Index und auf das Verbrauchervertrauen des Conference Boards. Es sind wirklich alles keine 1-a Indikatoren, aber dennoch können auch aus diesen Tendenzen die einen oder anderen Hinweise für die zu erwartenden Entwicklungen in den untersuchten Sektoren abgeleitet werden.
Renten- und Aktienmärkte
Die Kurse deutscher Bundesanleihen gaben zum Wochenstart nach. Im Gegenzug stieg die Rendite für z.B. zehnjährige Bundesanleihen bis auf 2,8% und damit auf das höchste Niveau seit 12 Jahren. Bereits seit einiger Zeit bewegen sich die Zinsen an den Rentenmärkten nach oben. Hauptgrund ist die Geldpolitik großer Notenbanken, die zwar auf den Zinsgipfel zusteuern, weitere Zinsanhebungen aber nicht ausschließen.
Der deutsche Leitindex wiederholte das Bild der Vorwoche. Es ging erneut gen Süden. Hauptgründe sind die Sorgen, dass es weiter zu Zinserhöhungen kommen kann und dass die Zinsen vorerst auf einem hohen Niveau verharren könnten. Auch der chinesische Immobilienriese Evergrande belastet wieder einmal die Stimmung am Markt. Der Konzern hatte mitgeteilt, er könne wegen einer anhaltenden staatlichen Untersuchung keine neuen Kredite aufnehmen. Dies schürte Ängste vor weitergehenden Maßnahmen der Pekinger Regierung gegen den Sektor. DAX -0,98%; MDAX -1,53%; TecDAX -0,94%.
Die Wall Street präsentierte sich ebenfalls zunächst mit tief roten Notierungen. Zum Handelschluss schüttelten die Anleger jedoch ihre Zinssorgen ab und die Vorzeichen drehten ins positive Terrain. Dow +0,13%; S&P 500 +0,40%; Nasdaq Comp. +0,45%.
Unternehmen
Die Bundesregierung nimmt den Verkauf einer Volkswagen-Tochter nach China genauer unter die Lupe. MAN Energy Solutions bestätigte, dass das Bundeswirtschaftsministerium eine vertiefte Prüfung des Verkaufs der Gasturbinen-Sparte an die staatliche chinesische CSIC Longjiang GH Gas Turbine Co (GHGT) eingeleitet habe. GHGT gehört zum Werftenkonzern China State Shipbuilding Corporation (CSSC), der den chinesischen Schiffbau dominiert. Das Unternehmen baut u.a. Kriegsschiffe für die chinesische Marine (die größte Flotte der Welt).
Devisen und Rohstoffe
Der Euro präsentierte sich zum Wochenstart niedriger. Druck kam v.a. durch den stärkeren USD. Der wiederum erhielt Auftrieb durch die trübe Stimmung an den Aktienmärkten.
Bei den Ölpreisen nichts Neues: Es geht weiter nach oben. In der vergangenen Woche hatten sie die höchsten Stände seit vergangenen November markiert, seit Anfang Juli sind die Notierungen um rund 25% gestiegen. Hauptgrund ist das knappe Angebot durch große Förderländer wie Saudi-Arabien und Russland bei gleichzeitig robuster Nachfrage.
Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Nord LB. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!