Deutschland: Exporte in EU-Länder brechen ein - VP Bank
Schwache Exporte zum Jahresbeginn: Die deutschen Exporte fallen im Januar um unerwartet deutliche 2.8 % gegenüber dem Vormonat. Diese Zahlen sind eine herbe Enttäuschung. Eigentlich war mit einem deutlichen Plus zu rechnen gewesen, schien es doch so, dass die Versorgung mit Vorprodukten und Rohstoffen besser war als noch vor einigen Monaten.
Der Export in andere EU-Länder brach regelrecht ein. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes fielen die Ausfuhren in die EU um 9.6 % gegenüber dem Vormonat. Die Zahl hinterlässt gewisses Rätselraten, denn das Wachstum in Frankreich oder auch in Italien verlief im Gegensatz zu Deutschland im Schlussquartal 2021 sehr erfreulich.
Im Aussenhandel mit der Russischen Föderation, der noch nicht durch Sanktionen eingeschränkt war, sind die Exporte und die Importe im Januar gegenüber Dezember 2021 deutlich gestiegen. Die Exporte lagen 14.4% über dem Vormonat.
Erste Indikationen zeigen, dass es im Februar vermutlich wieder besser lief. Der Krieg in der Ukraine könnte aber bereits im März wirtschaftliche Bremsspuren hinterlassen. Die Lieferkettenproblematik verschärft sich mit der kriegerischen Auseinandersetzung schlagartig.
Die Ukraine ist für die deutsche Automobilindustrie ein zentrales Zulieferland. Kabelbäume stehen dabei im Mittelpunkt. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) verweist darauf, dass neben Tunesien vor allem die Ukraine die europäischen Hersteller mit diesem Produkt beliefert. Die Automobilhersteller sind deshalb gezwungen, ihre Produktion zu drosseln oder sogar teilweise einzustellen. Das wird auf der Industrieproduktion und in weiterer Folge auch auf den Exporten lasten.
Der Krieg in der Ukraine zeigt einmal mehr, wie komplex die Produktionsprozesse in der Industrie sind. Die Ukraine mag aus gesamtwirtschaftlicher Sicht für Deutschland keine grosse Rolle spielen, doch kommen von dort Schlüsselbauteile für die Autobauer. Fehlen sie, stehen Fliessbänder in einer der zentralen deutschen Industrien still.
Der Blick auf das gesamtwirtschaftliche Datenmaterial verschleiert die tatsächlichen Abhängigkeiten. Gerade deshalb werden in den kommenden Wochen die Wachstumsprognosen für Deutschland für das laufende Jahr empfindlich nach unten revidiert werden.
Gemäss Nachrichtenagentur Bloomberg liegt die Konsensprognose für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) derzeit bei 3.6 %. Vermutlich wird die Zahl schon bald im Bereich von 2 % liegen. Die Erholung wird sich also fortsetzen aber mit angezogener Handbremse. Der hohe Auftragsbestand in der deutschen Industrie wird sich auch im laufenden Jahr nicht in barer Münze auszahlen.
Autor: Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
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