EZB steht bereit weiter zu lockern und wenn notwendig, alle Instrumente anzupassen - Commerzbank Kolumne

Die EZB gibt sich mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung im Euroraum weniger pessimistisch als bei der letzten Sitzung. So seien die Wachstumsrisiken zwar groß, aber weniger ausgeprägt wie zuletzt. Das Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU, der Start der Corona-Impfprogramme und die Entwicklung der globalen Wirtschaft seien ermutigend. Gleichzeitig dämpfte EZB-Chefin Lagarde den Optimismus. Die Unsicherheit bleibe hoch, die Inflation sehr niedrig und es sei weiterhin eine großzügige geldpolitische Unterstützung notwendig.
Auf ihrer letzten Sitzung im Dezember hatte die EZB ein umfassendes Lockerungspaket beschlossen. Sie erhöhte das Volumen des PEPP-Anleihekaufprogramms um 500 Mrd. Euro auf 1.850 Mrd. Euro und verlängerte die Laufzeit bis mindestens März 2022. Außerdem beschloss sie eine neue Serie gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte für Banken (TLTRO). Nach dieser Lockerung war es wahrscheinlich, dass die EZB nun eine abwartende Haltung einnehmen würde. Lagarde betonte, dass eine Aufstockung des Ankaufvolumens auch noch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne. Die EZB sei jederzeit bereit, alle Instrumente anzupassen.
Der Euro stieg gestern – auch während der EZB-Pressekonferenz – ggü. dem US-Dollar deutlich an. Das Vertrauen in den Euro ist wohl auch deswegen gestiegen, weil die EZB beim Kaufprogramm PEPP vom Kapitalschlüssel abweicht und damit größere Spreadsausweitungen verhindert. Sie verfolgt dabei wohl aber keine Spreadziele, worüber zuletzt spekuliert wurde. Zum digitalen Euro sagte Lagarde, dass gerade Rückmeldungen ausgewertet werden und im Frühjahr entschieden werde, ob mit dem Projekt fortgefahren wird. Neben einem digitalen Euro würde es aber immer noch Banknoten geben.
Anleihen
Japan: Verbraucherpreise (Dez), 00:30 Uhr
Deutschland: Einkaufsmanagerindizes (Jan), 9:30 Uhr
Euroraum: Einkaufsmanagerindizes (Jan), 10:00 Uhr
USA: Verkäufe bestehender Häuser (Dez), 16:00 Uhr
Im Vorfeld der gestrigen EZB-Sitzung war darüber spekuliert worden, dass sich Frau Christine Lagarde zu Fortschritten bei der Entwicklung eines digitalen Euros äußern würde. Entsprechende Erwartungen hat sie nicht erfüllt. Erst in der Fragerunde wurde der digitale Euro angesprochen. Ganz offensichtlich war Frau Lagarde daran gelegen, hohe Erwartungen zurückzuschrauben. Sie verwies darauf, dass zahlreiche Fragen ungeklärt seien und das man von einer Einführung noch Jahre entfernt sei. „For some“ sei dies ein faszinierendes Projekt. Sie scheint sich persönlich von dem Projekt zu distanzieren. Bislang war unser Eindruck, dass sie das Projekt aus eigener Überzeugung vorantreiben würde. Von dem Thema „digitaler Euro“ abgesehen gab es wenig Neues von der Presskonferenz zu erfahren. Lagarde machte noch einmal deutlich, dass man das Kaufprogramm PEPP sowohl ausweiten als auch verkleinern kann – um günstige Finanzierungsbedingungen für Kreditnehmer zu gewährleisten (vergleiche „Im Blickpunkt“). Die in den USA gemeldeten Konjunkturdaten zeichnen ein positives Bild vom Wohnungsbau: Saisonbereinigt legten sowohl die Baugenehmigungen wie auch die Baubeginne nach ebenfalls guten Novemberzahlen um Dezember weiter zu. Der Stimmungsindikator der Philadelphia Fed – sprang nach schwachen Vormonatszahlen wieder nach oben von 9,1 auf 26,5 Punkte. Gestört wurde das positive Bild jedoch erneut von schwachen Arbeitsmarktdaten. Die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung lagen bei 900.000 nach 926.000 in der Vorwoche. Da wohl kaum ähnlich viele neue Stellen im gleichen Zeitraum geschaffen wurden, dürfte insgesamt die Zahl der Arbeitslosen im Januar weiter ansteigen.
Aktien
Schlumberger, Ergebnis Q4
Am 20. Januar 2021, dem Tag der Amtseinführung von Joe Biden, kletterten die US-Leitindizes auf neue Rekordhochs. Auch hierzulande erzielten der MDax und der SDax neue Bestmarken. Die weltweite Risikorally setzt sich also weiter fort. Für Kauflaune sorgen dabei unter anderem die Hoffnung, dass sich nach dem Machtwechsel in den USA die internationalen Beziehungen wieder verbessern werden. Zudem schielen die Börsianer natürlich auch vor allem auf das US-Konjunkturpaket, das neben der unverändert expansiven (globalen) Geldpolitik und dem Mangel an renditeträchtigen Anlagealternativen der wichtigste Treibstoff für die Aktienmärkte bleibt. Die jüngste Fondsmanagerumfrage der Bank of America belegt, dass der Anteil der befragten Investoren, die aktuell ein höheres Risiko eingehen als üblich, rekordhohe 20% beträgt. Am stärksten übergewichtet sind dabei Aktien aus den Regionen der Schwellenländer sowie der Eurozone. Sektoral weisen die Bereiche Industrie und Rohstoffe eine unüblich hohe Positionierung auf. Der sogenannte „Most Crowded Trade“ ist augenblicklich der Bitcoin, der heute Morgen im asiatischen Handel zeitweise unter die Marke von 30.000 USD fiel. Die europäischen Aktienmärkte tendierten gestern nach Gewinnmitnahmen am späten Nachmittag überwiegend leichter. Der Dax verlor 0,1%. Tagesgewinner waren die Aktien von Delivery Hero (+3,6%) und VW (+2,8%). MTU Aero Engines verlor dagegen 4,6%. Auf europäischer Sektorenebene waren vor allem IT-Werte gesucht (+1,6%; Immobilien: -1,5%). Die Börsen in den USA tendierten seitwärts. Lediglich IT-Werte (+1,3%) legten deutlicher zu. Dagegen büßten Energieaktien als Tagesverlierer rd. 3,4% ein. Die Aktie von Intel gewann nach Vorlage guter Zahlen 6,5%. Neue Lockdown-Ängste (u.a. in Hongkong und China) belasteten die Börsen in Asien (Nikkei 225: -0,4%).