Sind wir nicht alle ein bisschen FinTech? - ARTS Kolumne
Die digitale Revolution in der Finanzbranche und im Asset Management hat eigentlich schon im vergangenen Jahrtausend begonnen. Die Digitalisierung hat in den vergangenen Jahren die Finanzbranche kräftig durcheinandergewirbelt. Start-ups, die Finanzdienstleistungen auf Basis von Finanztechnologie anbieten, sogenannte FinTechs, sind in aller Munde. Traditionelle Geschäftsmodelle der Bank-, Versicherungs- und Investmenthäuser werden durch innovative und dynamische FinTechs immer mehr gefordert. Auch im Bereich der Fondsverwaltung haben sich immer mehr Start-ups etabliert und bieten einem breiten Zielpublikum die Möglichkeit der digitalen Geldverwaltung.
Bei genauerem Hinsehen kann man aber feststellen, dass Technologie und Digitalisierung bereits vor dem gegenwärtigen FinTech-Boom Einzug in die Finanzbranche gehalten haben. Im Fondsmanagement setzte sich mit dem quantitativen Asset Management schon vor rund 20 Jahren der Computer durch. Es gibt zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen dem „neuen“ Robo-Advisory und dem computergestützten quantitativen Ansatz.
Die quantitativen Asset Manager haben schon früh den Wert von Daten an sich und vor allem auch von großen Datenmengen erkannt. Um eine breite Masse an Daten zu analysieren, setzen sie auf die Rechenleistung des Computers. Die eigene Interpretation der Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Handlungsanweisungen bei der Anlage werden in mathematische Modelle übersetzt, die die Investmentstrategie automatisiert und konsequent umsetzen.
Quantitative Asset Manager lassen sich je nach ihrer Strategie weiter unterteilen. Eine Strategie, die zudem als eine der am häufigsten wissenschaftlich untersuchten gilt, ist die Momentum-Strategie. Dabei wird in Sektoren und Regionen, die in der jüngeren Vergangenheit die relativ stabilsten Aufwärtstrends im Vergleich zu allen anderen Märkten hervorgebracht haben, investiert. Diese Sektoren und Regionen werden nach der Momentum-Strategie mit erhöhter Wahrscheinlichkeit weiterhin zu den Top-Performern zählen. Das Handelssystem von ARTS Asset Management, das dieser Strategie folgt, wertet dabei Daten von rund 10.000 Fonds und ETFs, die über 80 Sektoren und Regionen abbilden, aus. Pro Monat werden so rund 1,5 Millionen Datensätze verarbeitet. Die computerbasierte Auswertung von Daten bietet gegenüber der traditionellen Anlage durch einen Fondsmanager den Vorteil, dass eine viel größere Datenmenge ausgewertet und somit eine viel fundiertere Anlageentscheidung getroffen wird. Während ein menschlicher Fondsmanager nur eine begrenzte Auswahl von Daten bewerten kann, sind die technischen und zeitlichen Ressourcen des Computers unbegrenzt. Dadurch kann der Computer ein realistischeres Bild der Marktlage liefern und auch Trends identifizieren, die dem menschlichen Fondsmanager verborgen bleiben.
Ein weiterer Vorteil des quantitativen Investmentansatzes ist, dass Emotionen bei der Anlageentscheidung keine Rolle spielen. Vor allem in volatilen Zeiten ist es selbst für erfahrene Anlageprofis schwer, die Nerven zu bewahren und die weitere Marktentwicklung einzuschätzen. In solchen Zeiten einen kühlen Kopf zu bewahren, scheint fast unmöglich. Werden Handelssysteme hingegen von Algorithmen gesteuert, werden alle Investmententscheidungen emotionslos und rein quantitativ getroffen. Durch ein regelbasiertes Risikomanagement werden risikoreiche Anlageklassen bei Bedarf bzw. entsprechender Marktlage konsequent abgebaut und es wird in defensivere Bereiche umgeschichtet.
Was definiert im Vergleich dazu einen Robo-Advisor? Wie die Bezeichnung Robo-Advisor schon verdeutlicht, werden menschliche Einflüsse bei der Anlageentscheidung hier in aller Regel ebenfalls ausgeblendet. Der Mensch entwickelt nur die Algorithmen. Durch ein ansprechendes Frontend in Form von beispielsweise Apps haben einige Robo-Advisor es geschafft, neue (digitalaffine) Zielgruppen zu erschließen und damit die Digitalisierung des Asset Managements weiter voranzutreiben. Der Robo-Advisor orientiert sich beispielsweise am Risikoprofil des Anlegers, um eine Anlagestrategie aufzustellen, die dann mittels Algorithmen standardisiert umgesetzt wird. Doch nicht immer wird das Portfolio der Marktlage automatisch angepasst. Die Mehrzahl der Robo-Advisor verfolgt eine einfache Buy and Hold-Strategie, sodass Anleger Börseneinbrüche gegebenenfalls aussitzen und schlimmstenfalls Jahrzehnte lang warten müssen, bis ihre Verluste wieder kompensiert werden.
Letztendlich hat die digitale Revolution in der Vermögensverwaltung schon lange vor den „FinTechs“ begonnen. Ihr Verdienst ist es aber, dass sie die digitale und Computer- bzw. Algorithmus-basierte Geldanlage in der Breite etabliert haben. Am Ende wird für den Anleger aber immer der Anlageerfolg entscheidend sein und nicht die Technik im Frontend. Technologie kann einen entscheidenden Beitrag leisten, um eine regelbasierte und emotionsfreie Investmentsystematik umzusetzen und damit ein überlegenes Rendite-Risiko-Profil für Investoren zu schaffen.
Zum Autor: Leo Willert ist Gründer und Head of Trading bei ARTS Asset Management.