Corona-Virus: Anleger in Sorge um die Auswirkungen auf die Wirtschaft - Börse München Kolumne

Coronavirus belastet stark: Die deutschen Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche deutliche Kursverluste verzeichnet. Hauptursache dafür war die erhebliche Ausbreitung der Lungen-Viruskrankheit Corona in China, aber auch außerhalb des Landes. Dass dies trotz teilweise drastischer Maßnahmen Chinas möglich war, sorgte zunehmend für Verunsicherung. Zugleich verflüchtigte sich die Hoffnung etlicher Marktteilnehmer, dass sich die Lage rasch entspannen werde, zunehmend fürchteten die Anleger vielmehr weitreichende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Zusätzliche Belastung brachten einige schwach ausgefallene Konjunkturdaten wie das Ifo-Geschäftsklima und teilweise enttäuschende Unternehmenszahlen. Erholungsphasen der Börsen blieben ohne lange Dauer.
Der Deutsche Aktienindex (Dax), der in der vorangegangenen Woche noch ein neues Rekordhoch markiert hatte, rutschte wieder unter die Marke von 13.000 Punkten. Im Wochenvergleich sackte der Index um 4,4 Prozent auf 12.981,97 Zähler ab. Gegen den allgemeinen Trend deutlich zulegen konnten die Titel der Deutschen Bank. Die Quartalszahlen des Geldinstituts kamen bei Analysten wie Anlegern gut an. Der MDax verlor im Wochenvergleich 2,8 Prozent auf 27.984,32 Punkte. Eine Berg- und Talfahrt vollzog der Kurs des Indexwerts ThyssenKrupp. Während die Hoffnung auf einen Verkauf des Aufzuggeschäfts für Auftrieb sorgte, drückten Äußerungen des Managements im Rahmen der Hauptversammlung auf die Stimmung. Der Tec-Dax büßte im Wochenvergleich 5,1 Prozent auf 3.061,72 Punkte ein. Technologiewerte litten wegen der hohen Bedeutung Asiens für sie besonders stark unter den Corona-Ängsten. Der m:access All-Share gab um 0,5 Prozent auf 2.653,35 Zähler nach.
An den deutschen Anleihemärkten haben die Kurse in der vergangenen Woche ihre Aufwärtsbewegung der Vorwoche fortgesetzt und weiter zugelegt. Die Sorgen über die Auswirkungen des Coronavirus auf die chinesische wie die globale Wirtschaft machten die als sicher geltenden Bundespapiere weiterhin gefragt. Einige mit Enttäuschung aufgenommene europäische Konjunkturdaten trugen ebenfalls zur Attraktivität der Bundestitel als gefühlt sicherer Hafen bei. Im Wochenvergleich sank die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe von -0,34 auf -0,44 Prozent. Die Umlaufrendite verzeichnete einen Rückgang von -0,33 auf -0,42 Prozent.
In den USA ging es für die wichtigsten Aktienindizes in der vergangenen Woche bergab, auch hier verdarb die Ausbreitung des Lungenvirus und die Einstufung als gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite durch die Weltgesundheitsorganisation den Investoren die Stimmung. Der Dow-Jones-Index fiel im Wochenvergleich um 2,5 Prozent auf 28.256,03 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index reduzierte sich um 2,1 Prozent auf 3.225,52 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100-Index ging um 1,6 Prozent zurück auf 8.991,51 Punkte.
Ausblick
Die Nachrichten um das Coronavirus dürften die Entwicklung an den deutschen Aktienbörsen auch in der aktuellen Woche maßgeblich beeinflussen. Dabei steht vor allem die Frage im Raum, inwieweit die Krankheit und die wegen ihr ergriffenen Maßnahmen die chinesische und in der Folge die globale Wirtschaft beeinträchtigen werden. Hierzu gehen die Prognosen der Experten derzeit noch stark auseinander, so dass vieles davon abhängen wird, welche Interpretation letztlich am schlüssigsten ist und das meiste Gehör findet. Während letzteres ein etwas längerer Prozess sein könnte, dürften kurzfristig vor allem die Nachrichten zur Zahl der Neuinfektionen und der Weiterverbreitung in anderen Staaten Einfluss auf die Marktstimmung haben.
Neben diesem aktuellen Hauptbelastungsfaktor könnten aber auch erneut aufgekommene Konjunktursorgen, die nicht im Zusammenhang mit der Viruskrankheit stehen, zu Druck auf die Kurse führen. Bereits in der vergangenen Woche hatten einige Wirtschaftszahlen enttäuscht und Marktteilnehmer zu der Einschätzung gebracht, dass die wirtschaftliche Stabilisierung doch weniger weit fortgeschritten sein könnte als zuletzt erhofft. Wie es in dieser Hinsicht weitergeht, dürfte auch von den anstehenden Konjunkturdaten abhängen, von denen es in den nächsten Tagen etliche hochkarätige gibt. Hierzu zählen aus den USA neben dem wichtigen Arbeitsmarktbericht und den Industrieaufträgen die ISM-Indizes, auch aus Europa und China kommen Einkaufsmanagerindizes. Zudem stehen hierzulande unter anderem Daten zur Industrieproduktion auf der Agenda.
Ebenfalls eine ganze Menge an Zahlen steht im Rahmen der Berichtssaison an. In den USA legte eine Vielzahl von Unternehmen ihre Ergebnisse und Prognosen vor, von den hiesigen Börsenschwergewichten lassen sich beispielsweise Infineon und Siemens in die Bücher blicken.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 03.02.: Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland und der Eurozone; ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe in den USA; Konstruktionsausgaben in den USA; Gesamte Fahrzeugverkäufe in den USA
Dienstag, 04.02.: Erzeugerpreise in der Eurozone; Werkaufträge in den USA
Mittwoch, 05.02.: Dienstleistungsindizes für Deutschland und die Eurozone; Einzelhandelsumsätze in der Eurozone; ISM-Index für das nicht-verarbeitende Gewerbe in den USA; Markit PMI Gesamtindex (USA); ADP-Arbeitsmarktbericht (USA); US-Handelsbilanz
Donnerstag, 06.02.: Werksaufträge in Deutschland; Wachstumsprognose der europäischen Kommission; Arbeitsproduktivität außerhalb der Landwirtschaft in den USA
Freitag, 07.02.: Industrieproduktion in Deutschland; Handelsbilanz Deutschlands; US-Arbeitsmarktbericht; Verbraucherkredite in den USA; Handelsbilanz Chinas
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG
Hinweis auf Interessenskonflikt(e): Der / die Autor(in) oder andere Personen aus der 4investors-Redaktion halten unmittelbar Positionen in Finanzinstrumenten / Derivate auf Finanzinstrumente von Unternehmen, die in diesem Beitrag thematisiert werden und deren Kurse durch die Berichterstattung beeinflusst werden könnten: Deutsche Bank.