BIP Deutschland: 2019 war nicht einfach, 2020 wird nicht viel besser - Nord LB Kolumne
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat heute eine erste Schätzung zur Entwicklung des BIP für das Jahr 2019 veröffentlicht. Am Ende reichte es demnach immerhin für eine Wachstumsrate von 0,6%. Dies bedeutet dennoch das schwächste Jahr seit 2014.
Das Jahr 2019 war kein einfaches für die deutsche Wirtschaft. Die Unsicherheit über die Handelskonflikte, den Brexit, aber auch der Konjunkturzyklus der globalen Wirtschaft, drückten die Auslandsnachfrage und die Industrie in die Rezession. Immerhin blieben vor allem der Binnenkonsum und die Bauwirtschaft eine stabile Säule. Die schwierige Situation der Produzenten übertrug sich bislang nicht in andere Sektoren. Dies verhinderte aber nicht, dass Deutschland in der Eurozone neben Italien die rote Laterne hochhält und unterdurchschnittlich wuchs.
Die große Frage ist nun, wie es im laufenden Jahr wird. Leider sind die Perspektiven nicht wesentlich besser als im vergangenen Jahr. So sieht es immer noch nicht danach aus, als dass die Industrie die Trendwende schafft. Aber es scheint zumindest eine gewisse Bodenbildung zu geben. Die große Gefahr ist, dass sich die Schieflage der Produzenten nicht mehr durch andere Sektoren aufgefangen werden kann und etwa über den Arbeitsmarkt negative Effekte entfaltet. Der ifo-Index konnte sich immerhin im Dezember verbessern. Die Auftragseingänge der Produzenten waren im November zwar negativ, sehen aber ohne die Großaufträge deutlich besser aus und vieles spricht dafür, dass es im Dezember/Januar besser werden könnte. Immerhin sind zwei Unruheherde – Brexit und Handelskrieg zwischen China und USA – seit Dezember partiell vom Tisch und dies dürfte global für eine deutlich bessere Stimmung sorgen.
Aber: Die Konflikte sind weiter präsent. Das Handelsabkommen mit Großbritannien muss erst verhandelt werden. Die Friktionen ab 31. Januar sind schwer vorherzusehen. Die Teileinigung zwischen USA und China steht zwar, die Maßnahmen sind aber noch nicht gänzlich rückabgewickelt und zudem ist nicht klar, ob Donald Trump nicht doch die EU als nächstes Ziel auf der Agenda hat. Aber auch die Ereignisse im Iran, Irak und Libyen zeigen, dass auch die Geopolitik spannender bleibt, als einem lieb sein kann.
Zudem steht die deutsche Wirtschaft vor mehreren Herausforderungen. Die Autoindustrie hat mit Absatzproblemen zu kämpfen und steht vor einem Strukturwandel. In der Politik wird intensiver über Investitionen in die Zukunft und die Schuldenpolitik diskutiert. Hier gibt es viele Baustellen worauf mehrere Wirtschaftsinstitute schon verwiesen haben. Im laufenden Jahr gilt es nun, wichtige Weichen zu stellen um auch in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.
Eine sehr interessante Nachricht am Rande der Veröffentlichung: Künftig will das Bundesamt die erste Schätzung für die BIP-Statistik zwei Wochen früher veröffentlichen.
Fazit: Die deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2019 nur noch um 0,6% gewachsen. Dies ist der schwächste Wert seit 2014. Im letzten Quartal des Jahres hat das Wachstum anscheinend wieder etwas Fahrt aufgenommen. Die Perspektiven für 2020 sind weiter gedrückt, eine größere Trendwende zeichnet sich aktuell nicht ab. Deutschland steht vor größeren strukturellen Voraussetzungen und befindet sich in einem international komplizierten Umfeld. Gefragt ist nun auch die Regierung, die Weichen zu stellen, dass die Zukunftsfähigkeit gesichert ist.