Private Equity, eine verkannte Anlageklasse

Wenn die Rede vom Thema Private Equity ist, winken viele Anleger reflexartig ab. Zu komplex, zu intransparent, ausschließlich etwas für institutionelle Investoren, sagen sie. Dabei hat Private Equity als Anlageklasse in den vergangenen Jahren einen enormen Boom erlebt. Grund genug, sich mit dem Thema einmal etwas genauer auseinanderzusetzen.
Laut Definition ist Private Equity eine Anlageform, im Rahmen derer sich der Investor außerhalb des geregelten Börsenhandels (außerbörslich) an Unternehmen beteiligt, oft in Form von Eigenkapital oder verwandten Finanzierungsformen. Private-Equity-Unternehmen nehmen ihre Investitionen in der Regel über Fonds vor, die sich ein konkretes Anlageziel mit befristeter Laufzeit gesetzt haben, und bringen mitunter ihre eigene Expertise in die Unternehmung ein. Ein bekanntes Segment von Private Equity ist das Venture Capital, also die Finanzierung in einer frühen Phase des jeweiligen Unternehmens. Allerdings kann sich Private Equity durchaus auch an etablierte, florierende Gesellschaften aus dem Mittelstand wenden, etwa in Form von Management Buyouts oder Leveraged Buyouts.
Private Equity, das zu den alternativen Investments gezählt wird, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten peu à peu weiterentwickelt. Heute stellt es eine viel beachtete, etablierte Anlageklasse mit enormem Zukunftspotenzial dar. Das zeigt nicht zuletzt das rasant gewachsene Interesse von Seiten namhafter Versicherungen, Pensionskassen, Family Offices und Staatsfonds, die Private Equity als wichtigen Baustein der Kapitalanlage nutzen. Private Equity ist vor dem Hintergrund seines Wachstums mittlerweile zur Mainstream-Anlageklasse geworden.
Der Boom und vor allem das enorme Potenzial wird beim Blick auf die Anlagevolumina schnell sichtbar: Im Jahr 1995 betrug das weltweit in Private-Equity-Fonds angelegte Kapital rund 200 Milliarden US-Dollar. Seitdem hat es sich auf aktuell etwa 2,5 Billionen Dollar mehr als verzehnfacht – trotz zweier großer Finanz- und Wirtschaftskrisen und Börsencrashs. Das ist keine unerwartete Entwicklung: Angesichts des andauernden Niedrigzinsumfeldes führt für Investoren, die mehr als die reine Geldmarktrendite realisieren möchten, eigentlich kein Weg an alternativen Anlageklassen vorbei – und als ein Teilsegment weist die Anlageklasse Private Equity eine gute Rendite- sowie Risikostruktur auf. Katalysator des Booms ist auch das Wachstum des globalen Kapitalvolumens. Zudem erhöhen bestehende Investoren die Private-Equity-Quote. Und nicht zuletzt wenden sich immer neue Investorengruppen der Anlageklasse Private Equity zu. Vor diesem Hintergrund könnte im Jahr 2025 das Gesamtvolumen der Assets under Management in diesem Segment weltweit zehn Billionen US-Dollar erreichen.
Argumente für Private Equity
Die Vorteile von Private Equity als Investitionsmodell sind vielfältig. Es handelt sich um Unternehmensbeteiligungen, die ein aktives Management zulassen, zudem bringen sie die volle Informationstransparenz und eine Harmonisierung der Interessen mit sich. Eines der entscheidenden Argumente ist allerdings die Abkopplung vom Aktienmarkt: Anders als bei Public Equity, also den klassischen börsennotierten Wertpapieren, mit denen der Investor einer hohen Volatilität des Marktes ausgesetzt ist, stellt sich bei Private Equity der Einfluss von Marktschwankungen gering dar. Und das ist genau das, was viele Investoren suchen: erhöhtes marktunabhängiges Renditepotenzial unter Berücksichtigung moderner Portfolioüberlegungen. Oder mit anderen Worten: Überrenditen von guten Private-Equity-Managern gehören immer noch zu den wenigen Konstanten in einer unsicherer werdenden Finanzwelt.
Was Private Equity nicht von anderen Anlageklassen unterscheidet, ist die Notwendigkeit einer strengen Diversifikation. Hier bietet das Segment einige Optionen. So kann das Engagement über einen Pool von Zielfonds die Ausfallrisiken auf ein minimales Niveau senken – bei gleichbleibend hohen Renditeaussichten. Dabei hat der Investor eine große Auswahl: Allein in Europa bieten sich ihm mehr als 80 Dachfonds und rund 2.500 Primärfonds, hinzu kommt eine vergleichbare Anzahl an US-amerikanischen Akteuren.
Neben Dachfonds und Primärfonds eröffnen insbesondere so genannte Secondary-Fonds dem Anleger die Möglichkeit eines Investments. Durch die Investition in Secondary Fonds verfügt er über ein diversifiziertes Portfolio von Private-Equity-Fonds verschiedener Jahrgänge, Regionen und Stile und kann seinem Portfolio vergangene Jahrgänge von Fonds beimischen, die auf dem Primärmarkt nicht mehr verfügbar sind.
Diese „Secondaries“ bieten darüber hinaus den Vorteil, dass sie bei einer Performance, die fast an die eines Einzelfonds heranreicht, dank der hohen Zahl der in ihnen „gebündelten“ Unternehmen das Risiko deutlich minimieren und zugleich eine schnellere Rückführung des Kapitals gewährleisten. Sie können den Reifeprozess von Private-Equity-Programmen von üblicherweise vier bis fünf Jahren beschleunigen. Zudem wird das Kapital schneller abgerufen als bei Primaries – das forciert den NAV-Aufbau. Grundsätzlich können Secondaries-Investoren frühere Rückflüsse erwarten. Last but not least sparen sie die Management Fee der ersten ein bis fünf Jahre der Primärfonds – bei mitunter deutlicher Outperformance gegenüber Primärfonds.
Die Secondary-Fondsmanager kaufen keine Black Box, sondern können die unterliegenden Assets gut bewerten. Dadurch können Risiken reduziert werden. In diesem Zusammenhang sollte man aber eines wissen: Es gibt kaum eine andere Anlageklasse, in der die Kluft zwischen den Besten und dem Rest so groß ist wie in der Anlageklasse Private Equity.
Zwei Seiten des Universums
Grundsätzlich lassen sich innerhalb des Private-Equity-Markts tektonische Verschiebungen wahrnehmen. Eine systematische Benachteiligung der Private-Equity-Investitionen durch die Regulierungsbehörden der USA und Europas in der Folge der Finanzkrise hat vor allem kleinere Anbieter getroffen – obwohl Private Equity gar nicht der Auslöser der Krise war. Strengere Auflagen machten sich an steigenden Kosten bemerkbar, eine Entwicklung, die sich in Form von Übernahmen und Fusionen zeigt. Größere Gesellschaften, die weitere Geschäftsbereiche neben Private Equity entwickelten, waren die Folge. Als die Großen der Branche dann an die Börse gingen, entfernten sie sich noch weiter vom ursprünglichen Private-Equity-Gedanken: Der Fondsmanager wurde zum Diener zweier Herren – dem Investor in die einzelnen Fonds auf der einen und dem Aktionär der die Fonds verwaltenden Gesellschaften auf der anderen Seite. Dem gegenüber stehen kleinere Fonds, die auf das „People Business“ der Fondsmanager setzen, die sich wiederum mit eigenen, mitunter signifikanten Kapitalbeträgen an den Fonds beteiligen.
In der Konsequenz ergeben sich zwei Richtungen, in denen sich das Segment bewegt. Zum einen bieten sich dem Anleger Mainstream-Investments in Form der wenigen großen und milliardenschweren Blue-Chip-Fonds, die stabile, konsistente, aber eher moderate Rendite versprechen. Der Aufwand für Investoren gestaltet sich überschaubar, zudem kann er Kapitalbeträge in fast beliebiger Größenordnung unterbringen.
Zum anderen können sich Investoren in ausgewählten Fonds aus dem Angebot an 5.000 klassischen ungelisteten Private-Equity-Fondsmanagern engagieren. Diese bewegen sich oft in Nischen, allerdings liegt gerade darin auch ihr Vorteil. Die Fondsmanager bringen genau das richtige Rüstzeug mit: Sie haben einen guten Zugang zu vielversprechenden Zielunternehmen und verfügen über ein umfassendes Know-how sowie eine entsprechende Marktkenntnis, um Unternehmen erfolgreich zu entwickeln und weiterzuverkaufen. Mit gut ausgewählten Fonds aus dem klassischen Private-Equity-Universum lässt sich zwar nicht immer, aber oft eine deutliche Outperformance erzielen – auch wenn die Identifikation der vielversprechendsten Fonds und die Sicherstellung des Zugangs zu diesen oft zugangsbeschränkten Managern mit einem großen Selektions- und Analyseaufwand verbunden ist.
Teil 2 der Mini-Reihe beschäftigt sich mit der Frage, wie Privatanleger in Private Equity investieren können.