Auftragseingänge in der deutschen Industrie enttäuschen – trotz Anstieg - Commerzbank-Kolumne
Die Auftragseingänge der deutschen Industrie haben sich im Mai von der schwachen Entwicklung des Vormonats erholt, allerdings geringer als erwartet (+1,0% anstatt +1,9%). Der deutliche Rückgang im Vormonat fällt mit -2,2% zudem etwas höher aus als zunächst ermittelt (-2,1%). Der Auftragszuwachs kam im Mai überwiegend aus dem Ausland, von dort gab es 3,1% M/M mehr Aufträge. Im Inland gingen die Bestellungen dagegen um 1,9% M/M zurück. Somit können die „harten Zahlen“ die in den meisten Umfragen (Einkaufsmanagerindex oder Ifo-Geschäftsklima) zum Ausdruck kommende sehr gute Unternehmensstimmung weiterhin nicht bestätigen.
Zinsen und Anleihen
Deutschland: Industrieproduktion (Mai), 8.00 Uhr
Frankreich: Industrieproduktion (Mai), 8.45 Uhr
USA: Arbeitsmarktdaten (Juni) 14.30 Uhr
Die Rentenmärkte standen gestern abermals unter Druck; die Renditen 10jähriger Bundesanleihen zogen auf 0,56% an und erreichten damit den höchsten Stand seit Januar 2016. Damit ist die Trendwende bei den Renditen 10jähriger Bundesanliehen wohl final bestätigt. Der Renditeanstieg speist sich aus einer ganzen Melange von Faktoren: Zuvorderst freilich der simplen Einsicht, dass die unorthodoxe Geldpolitik nicht ewig dauern werde, wie es gestern der Chef der Banque de France, Villeroy de Galhau, formulierte und welche die Märkte seit Mario Draghis Rede vor anderthalb Wochen umtreibt. Zu dieser Einschätzung passte die Meldung, dass die EZB in den vergangenen Monaten bei ihrem Anleihekaufprogramm vom Kapitalschlüssel abgewichen ist, um bei Ländern wie Deutschland, den Niederlanden und Finnland die nahende Erwerbsgrenze von 33% einer Emission nicht so schnell zu erreichen; zur „Kompensation“ wurden dagegen mehr italieni-sche Anleihen erworben. Dieses Faktum belegt, dass das QE-Programm der EZB auch aus „technischer“ Sicht allmählich an Grenzen stößt: Die Frage ist nur, wie schnell die Käufe in 2018 reduziert werden, zumal die feste Konjunktur dafür ohnehin grünes Licht gibt. In dieser trüben Stimmungslage stieß die Emission einer 30jährigen französischen Staatsanleihe auf mäßige Nachfrage; jedenfalls war sie weit weniger überzeichnet als voriges Mal. Sowohl im Euroraum als auch in den USA wurde die Zinskurve steiler.
Konjunkturdaten wie die schwächer als erwartete Erholung der deutschen Auftragseingänge im Mai (+1,0% M/M nach -2,2% M/M), schwächere ADP-Beschäftigungsdaten aus den USA und ein solider Service-ISM-Index spielten nur eine Statistenrolle. Im Fokus heute: der US-Arbeitsmarktbericht.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Die europäischen Aktienmärkte verbuchten am gestrigen Donnerstag bis auf zwei Ausnahmen (Spanien: +0,7%; Österreich: +0,2%) Verluste. Die Leitindizes büßten bis zu 0,8% ein. Verantwortlich für die Gewinnmitnahmen zeichneten vor allem zwei Faktoren. Zum einen sorgen sich die Börsianer um eine mögliche Eskalation des Konflikts zwischen Nordkorea und den USA. US-Präsident Trump hatte bei seinem Besuch in Warschau gesagt, man werde dem Land (Nordkorea) auf seine ständigen Raketentests „sehr stark“ antworten. Zum zweiten zog die Rendite für die 10jährige deutsche Staatsanleihe gestern sehr stark an. Sie nahm damit die charttechnisch wichtige Hürde von 0,5%, an der sie zuvor einige Male abgeprallt war. Beide Faktoren führten entsprechend zu einer Zunahme der Risikoaversion. Der Dax verlor in diesem Umfeld 0,6%, konnte seine Verluste gegen Handelsende aber etwas eingrenzen. Tagesgewinner waren erneut Bankaktien (Commerzbank: +3,3%; Deutsche Bank: +2,1%), die insbesondere von den steigenden Renditen profitierten. Auch Versicherungstitel (Allianz: +0,3%) konnten in dem schwachen Umfeld leicht zulegen. Die Kehrseite steigender Zinsen zeigte sich bei Immobilienwerten wie Vonovia (-1%), die - wie auch schon in den Vorwochen - stärker unter Beschuss standen. Die Aktie von Volkswagen (+1,8%) profitierte v.a. von einer Votenanhebung. Auf europäischer Sektorenebene führte der Bankensektor die Performancerangliste mit einem Plus von 0,7% an. Am schwächsten notierten dagegen Bauwerte, die im Schnitt 1,8% verloren. Die Börsen in den USA tendierten nach gemischten Konjunkturdaten schwächer. Auf Sektorenebene (S&P 500) notierten alle Branchen im Minus. Den kräftigsten Verlust wiesen Telekommunikationswerte auf (-2,3%). Die schwachen Vorgaben belasteten heute Morgen auch die Börsen in Asien. Die Verluste hielten sich aber zumeist in engen Grenzen.