Nord LB – ZEW-Umfrage: Trump kann dem Optimismus (noch?) nichts anhaben
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hat vor wenigen Minuten die Ergebnisse seiner monatlichen Umfrage unter rund 350 Volkswirten, Analysten und Fondsmanagern für den Berichtsmonat November veröffentlicht. Demnach sind die auf die wirtschaftliche Verfassung in sechs Monaten gerichteten Konjunkturerwartungen für Deutschland überraschend deutlich auf 13,8 Punkte gestiegen. Die gegenwärtige Lage wird mit 58,8 Punkten nahezu unverändert positiv beurteilt. Die heutigen Zahlen dokumentieren überaus eindrucksvoll, dass die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten dem Konjunkturoptimismus in Deutschland bisher nichts anhaben konnte.
Interessanterweise haben sich auch die Konjunkturerwartungen für die USA nicht eingetrübt, sie verblieben in etwa auf dem Niveau der beiden Vormonate und prophezeien der größten Volkswirtschaft einen robusten Aufschwung. Waren die mindestens zu Verunsicherung, wenn nicht gar zu Besorgnis Anlass gebenden Äußerungen von Trump also nur Wahlkampfgetöse? Schaut hinter der schrillen Maske des Kandidaten nun ein geläuterter und besonnener Präsident hervor?
Nach Einschätzung der meisten Teilnehmer der ZEW-Umfrage ist das an den Finanzmärkten offenbar gespielte Szenario einer expansiven schuldenfinanzierten Fiskalpolitik mit steigenden Inflationsraten und einer zügigeren Rückkehr der US-Notenbank zu einem neutraleren Kurs durchaus plausibel. Dies zeigt sich auch daran, dass die Experten für alle betrachteten Volkswirtschaften, insbesondere aber für die USA von einem merklichen Anziehen der Inflation und von steigenden kurz- und langfristigen Zinsen ausgehen. Die lauten protektionistischen und neomerkantilistischen Töne Trumps konnten hingegen wohl kaum jemanden so recht erschrecken.
Viele Beobachter hatten gespannt auf die heutigen Daten gewartet, denn mit der ZEW-Umfrage wurde soeben das erste wichtige deutsche Stimmungsbarometer veröffentlicht, dessen Indikationen mindestens teilweise bereits unter dem Eindruck des Wahlsiegs von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl stehen. Die befragten Finanzmarktexperten mussten eigentlich bis spätestens Freitag, also am dritten Tag seit Bekanntgabe der Wahlergebnisse ihre Einschätzungen übermitteln. Innerhalb einer Nachfrist waren sogar noch bis gestern Rückmeldungen möglich. So mancher wird dabei bewusst die Wahl abgewartet haben, um die Bewertung der augenblicklichen und vor allem zukünftigen wirtschaftlichen Situation explizit vor diesem Hintergrund abzugeben.
Auch wenn sich die Aktien- und Devisenmärkte nach einer ersten Schockreaktion sehr schnell stabilisiert hatten und dem künftigen Präsidenten Trump nun sogar einige Vorschusslorbeeren zuerkannt haben, ist die geradezu unbekümmerte Bewertung der Finanzmarktexperten schon erstaunlich. Wir blicken angesichts der unklaren politischen Konzepte jedenfalls eher skeptisch in die wirtschaftliche Zukunft der USA und damit auch der Weltwirtschaft insgesamt. Sollte sich unsere Haltung letztlich als zu sauertöpfisch erweisen, lassen wir uns aber natürlich gern von positiven Konjunkturdaten belehren.
Fazit: Die vom ZEW erhobenen Konjunkturdaten für Deutschland und die Eurozone konnten im November überraschend deutlich zulegen und dokumentieren damit überaus eindrucksvoll, dass die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten dem Konjunkturoptimismus bisher nichts anhaben konnte. Die Experten halten das an den Finanzmärkten gespielte Szenario einer expansiven schuldenfinanzierten Fiskalpolitik mit steigenden Inflationsraten offenbar für plausibel. Wir warnen vor einer allzu unbekümmerten Haltung und blicken eher skeptisch in die wirtschaftliche Zukunft der USA und der Weltwirtschaft.