Hessen: Finanzminister Schäfer buhlt um britische Banken
Seit dem Brexit-Votum buhlen die europäischen Finanzmetropolen um die Gunst britischer Banken, die einen Wechsel aufs europäische Festland erwägen. Nun sorgte Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) mit seinem Vorschlag für Aufregung, als Anreiz den Kündigungsschutz für Topverdiener zu lockern.
In den Gesprächen mit den Briten werde das deutsche Arbeitsrecht immer wieder kritisch erwähnt, so Hessens Finanzminister Thomas Schäfer in einem Gespräch mit dem Finanzdienst Bloomberg. Insbesondere das deutsche Kündigungsschutzgesetz ist deutlich strikter als das in Großbritannien. Immer wieder wird dieses von britischer Seite daher als Hindernisgrund signalisiert. Man habe Angst vor den deutschen Verträgen, heißt es. Wenn man während eines Booms Topverdiener einstelle, müsse man die Anzahl der Manager in Krisenzeiten auch wieder reduzieren können, so die Banken.
Hessens Finanzminister Schäfer zeigt sich verständnisvoll für diese Bedenken. Sein erklärtes Ziel ist es, so viele britische Banken und damit Arbeitsplätze nach Frankfurt zu holen, wie nur möglich. Sein Vorschlag sieht vor, den Kündigungsschutz für Topverdiener mit einem Jahresgehalt von mehr als 300.000 Euro zu lockern. In dieser Gehaltsklasse sei es zu verkraften, über einen flexibleren Vertrag beschäftigt zu sein, so Schäfer.
Frankfurt, Paris, Dublin und Amsterdam buhlen um Banken
Der Hintergrund dieser Offensive: Nach dem Verlassen der EU könnte der Finanzplatz London massiv an Bedeutung verlieren. Wesentliche Geschäftsteile wie der Devisenhandel und das Clearing würden vermutlich in der EU verbleiben. Einige Banken haben daher bereits angekündigt, erhebliche Teile ihrer Mitarbeiter auf das europäische Festland zu verschieben. Dabei geht es um Zehntausende Banker, die eine neue Bleibe suchen – für die anderen europäischen Finanzplätze eine einmalige Chance, ihre Bedeutung enorm zu steigern.
Städte wie Amsterdam, Dublin und Paris buhlen daher mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Mitteln um die Londoner Banken. Direkt nach dem Brexit-Votum meldete sich der französische François Hollande persönlich zu Wort und kündige Steuersenkungen an, um Paris als Bankenstandort attraktiver zu machen. Allerdings gilt Frankreich traditionell nicht als besonders finanzfreundlich – vorübergehend wurden hier Managergehälter ab einer Million Euro mit 75 Prozent besteuert. Gute Karten im Wettbewerb hat Dublin mit seinen äußerst niedrigen Unternehmenssteuern. Allerdings scheint dieser Vorteil seit dem Brüsseler Urteil zur milliardenschweren Steuernachzahlung von Apple stark ins Wanken zu geraten.
Änderung im Kündigungsschutz beträfe ganz Hessen
In Steuerfragen kann Deutschland also durchaus mit seinen europäischen Mitbewerbern mithalten – bleibt das leidige Arbeitsrecht. Auf Nachfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hieß es dazu aus dem Finanzministerium, der Vorschlag des Finanzministers sei nur einer von vielen Fragen, die in den Gesprächen mit Großbritannien erörtert würden. Von einer Initiative zu sprechen, sei hier noch verfrüht.
Denn einen Schönheitsfehler hat der Vorschlag: Die Gesetzesänderung müsste auf Landesebene vorgenommen werden und für ganz Hessen gelten. Für die britischen Banken oder den Standort Frankfurt einen Ausnahmefall zu schaffen, ist gesetzlich nicht möglich, die Änderung hätte also direkte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im Finanzbereich und die Beschäftigung im Topmanagement allgemein. Um das zu bewerkstelligen, müsste die hessische CDU die Arbeitsministerin auf ihre Seite bekommen – Sozialdemokratin Andrea Nahles. Diese hat bereits kommentiert, eine Änderung im Kündigungsschutzgesetz sei nicht geplant.