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Metaversum – Warum Facebook, Google und Co. in virtuelle Realitäten investieren?

09.03.2022 15:47 Uhr - Autor: Marcus Disselkamp  auf twitter

Buchautor Marcus Disselkamp ist Gastautor von 4investors zu dem Themenkomplex der Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Digitalen Transformation. Bild und Copyright: Marcus Disselkamp.

Nicht nur Facebook, auch weitere Technologie-Giganten wie Google, Epic Games, Microsoft oder Tencent, investieren jedes Jahr Milliarden von Dollars in virtuelle Parallelwelten. Dabei geht es nicht nur um eine neue Form von sozialen Communities oder VR- (also virtuelle Realität) Spielen, sondern um eine neue Dimension digitaler Geschäftsmodelle, den sogenannten Metaverse-Geschäftsmodellen.

Facebook (WKN: A1JWVX, ISIN: US30303M1027, Chart, News) hat sich aber mit seinem neuen Holdingnamen „Meta“ gleich die Marken-Poolposition für die neuen virtuellen Parallelwelten gesichert. Denn schon 1992 hat der Autor Neal Stephenson mit seinem schon damals sehr beachteten Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ den Begriff „Metaversum“ geprägt. Hierunter verstehen wir laut Wikipedia einen „digitalen Raum, der durch die Konvergenz von virtueller, erweiterter und physischer Realität entsteht“. Der Begriff selbst ist dabei ein Kofferwort aus der Vorsilbe meta- (in der Bedeutung „jenseits“) und Universum, mit Bezug auf virtuelle 3D Realitäten, quasi als Nachfolger des Internets. Hier können Menschen dank ihrer programmierbaren Avatare in einer digitalen Welt in Echtzeit untereinander interagieren und allen möglichen Beschäftigungen nachgehen, die man auch aus der realen Welt kennt.

Schon lange vor Neal Stephensons Buch gab es mit dem Commodore C64 Netzwerkspiel „Habitat“ im Jahr 1985 ein erstes Metaversum (mit einer ähnlichen Grafikoberfläche wie später „The Sims“), gefolgt dann 2003 von dem berühmten online Spiel „Second Life“, in welchem bereits Menschen mittels Avataren miteinander interagieren. In den letzten Jahren haben sich weitere Computerspiele (wie „The Sandbox“ oder „Decentraland“) zu digitalen Parallelwelten entwickelt, in denen sogar Grundstücke und andere Objekte gehandelt und gekauft werden können.

So hat das Metaversum schon lange nichts mehr nur mit reinen Computerspielen zu tun. Gemäß Statista benutzten im letzten Jahr rund 17 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahren hin und wieder Virtual-Reality-Brillen für den Zugang zu digitalen Parallelwelten. Weitere 41 Prozent können sich vorstellen diese Technologie in Zukunft häufiger zu nutzen. Dabei kommt es vor allem zu den folgenden Anwendungen mit einer doch erstaunlich breiten Intensität verschiedener Anwendungsfälle: Videospiele (77%), Virtuelles Reisen - auch aufgrund der Reisebeschränkungen während der Pandemie (71%), Filme (56%), virtuelle Teilnahme an Musikkonzerten (39%), eigenes VR-animiertes Workout und Sport (37%), das Ansehen von Sportereignissen (20%), Bildung (16%), Wohnungs- bzw. Hausplanung (15%), Besuch von Museen, Ausstellungen oder Messen (12%) sowie zur Entspannung (9%).

All diese Anwendungen indizieren neue praktische Geschäftsmöglichkeiten dank moderner digitaler Geschäftsmodelle! So benötigt der bereits erwähnte Handel von Grundstücken oder anderen Objekten digitale Geschäftsmodelle mit neuartigen Kundennutzen (engl. Value Propositions) sowie kreativen Erlösmodellen mit (immer häufiger Blockchain-basierten) digitalen Schutzrechten und kryptischen Währungen, durch welche digitale Güter über virtuelle Marktplätze gehandelt, beworben und verkauft werden. Bei Decentraland gibt es dafür die Kryptowährung MANA, um eines der über 90.000 Grundstücke zu kaufen. Neue technologische Entwicklungen wie fungible oder nicht-fungible Tokens (NFT), Smart Contracts oder dezentralisierte Apps (dApps) werden auch hier weitere wichtige Impulse für neue Geschäftsmöglichkeiten geben.

Diese Wirtschaftssysteme repräsentieren zudem immer mehr die schon in früheren Blogs erwähnte vierte Generation digitaler Plattformen, den sogenannten digitalen Ökosystemen. In ihnen entsteht die Erbringung von Leistungen erst durch das Zusammenspiel der einzelnen voneinander unabhängigen Partner, die sich nicht alle direkt, sondern lediglich über Knotenpunkte kennen müssen. Es geht um die gemeinsame Wertschöpfung und Innovation dank stabiler Netzwerke und einem kooperativen Verhalten auf Basis einer zentralen Plattform.

Schon heute sind Apple’s IOS bzw. Google’s Android solche digitale Ökosysteme, bei denen die Leistungserbringung in einem intensiveren Miteinander und in umfänglicheren wechselseitigen Interaktionen stattfindet. Hier kann eine Unmenge von Entwicklern nicht nur ihre eigenen Softwareprodukte kreieren, sondern auch direkt eine Vielzahl von Nutzern erreichen. Sie brauchen dabei keine eigenen Abrechnungs-, Mahn- oder Marketingsysteme, da Apple bzw. Google dies übernehmen. Die Kunden begrüßen umgekehrt das immer breitere Produktangebot, welches Apple oder Google gar nicht hätte allein bereitstellen können. So kommt es zu immer neuen Innovationen und Wertschöpfungen.

Ökosysteme mit einem jetzt schon direkten Bezug auf das Metaversum sind hingegen Facebook Horizon oder das weltweit führenden Online Spiel von Epic Games „Fortnite“. Fortnite ist schon heute ein Ort, an welchem Millionen von Menschen das Gefühl erleben, nicht nur synchron und in Echtzeit, sondern auch räumlich anwesend mit anderen Menschen zu sein. Wie schon vorher bei Decentraland, verfügt auch Fortnite über eine eigene virtuelle Währung (hier namens V-Bucks). Dem Grundgedanken eines Ökosystems folgend entstehen dank Kollaborationen und Crossovers mit weiteren Unternehmen (auch Wettbewerbern!) ständig neue Nutzen für die Anwender dank weiterer Spielmöglichkeiten, Charaktere oder gar neue Anwendungen. Das gleiche gilt auch bei dem schon erwähnten Metaversum Spiel „The Sandbox“: Hier existieren Partnerschaften beispielsweise mit den Unternehmen adidas, Warner Music Group, Atari und PwC Hongkong, mit den Musikproduzenten deadmau5 oder Snoop Dogg, den Comicserien Pororo, Shaun das Schaf, The Walking Dead, den Glücksbärchis und den Schlümpfen.

Dem Initiator und Betreiber eines Ökosystems geht es aber um noch viel mehr: Dank enormer Netzwerk- und Kosteneffekte realisiert der Betreiber eines Ökosystems eine maximal intensive Kundenbindung (sog. Lock-In Effekt) mit unvorstellbaren Wettbewerbsvorteilen. Unterstützt wird dies aus unfassbaren Dateneffekten, da der Betreiber die Transaktionen und Interaktionen aller Teilnehmer (wie Entwickler/Lieferanten, Konsument, Werbepartner, Dienstleister etc.) sieht und aus ihnen maximal umfangreiches Wissen generieren und monetarisieren kann.

Kommen wir noch einmal auf Facebook zurück: Nachdem das Unternehmen mit seiner Stable-Coin Währung „Libra“ keinen Erfolg hatte, baut man nun mit „Meta“ ein noch viel intensiveres Ökosystem auf. Hier geht es um den zentralen Berührungspunkt (engl. Touchpoint), über den jeder Nutzer gehen muss und seine Datenspuren hinterlässt. Wer diesen „Single Point of Contact“ beherrscht, kontrolliert das gesamte Wirtschaftssystem seiner Anwender und Nutzer, hat als einziger den gesamten Marktüberblick und kann maximalen Gewinn ziehen.

Schauen wir noch kurz in die nahe Zukunft, so ergeben sich neben den bereits oben aufgeführten Anwendungen noch viele weitere praktische Geschäftsmöglichkeiten dank digitaler Geschäftsmodelle, wie in den Bereichen eLearning, eHealth, eGovernment, eCollaboration oder eConstruction. Es bleibt an uns und unseren Firmen, rechtzeitig neue Ideen für digitale Metaversum-Geschäftsmodelle zu entwickeln, um sie dann entweder über die US-amerikanischen Ökosysteme anzubieten oder noch besser auf zukünftig virtuellen, pan-europäischen Parallelwelten zu vermarkten.

Marcus Disselkamp ist unser Gastautor zu dem Themenkomplex der Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Digitalen Transformation. Gerade erschien sein neuestes Buch mit dem Titel: Digital Leaders – Prinzipien um mit der Digitalisierung Geld zu verdienen. Mehr über ihn und sein Business Coaching finden Sie unter www.disselkamp.com. Alle Blogbeiträge von Marcus Disselkamp zum Themenkomplex der Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Digitalen Transformation finden Sie auf seiner Blog-Seite auf 4investors: hier klicken!



Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne von Marcus Disselkamp. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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