Wirecard Aktie: Es ist an der Zeit, dass vom Unternehmen Klarheit geschaffen wird!
In den letzten Tagen dürfte die Wirecard Aktie vom noch rund einen Monat bestehenden Leerverkaufsverbot der BAFin vor einem neuen Kursabsturz gerettet worden sein. Zwar kam die Aktie immer wieder durch neue Veröffentlichungen unter Druck, doch der große Abverkauf wollte sich bisher nicht einstellen. Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass den Leerverkäufern bei dem Papier die Spekulation auf fallende Aktienkurse bei Wirecard mindestens massiv erschwert wurde und nur noch über Umwege möglich ist, statt sich direkt die Aktien zu leihen und leer zu verkaufen. Dennoch kam das Papier gestern unter Druck, spätestens als im „Handelsblatt” Neuigkeiten zu den Ermittlungen der Behörden in Singapur auftauchten.
Eine indische Tochter von Wirecard ist inzwischen Teil der Ermittlungen, die gegen die DAX-Gesellschaft in Singapur laufen. Bei den Untersuchungen in Singapur geht es unter anderem um Geldwäsche und Dokumentenfälschung. Wie genau die indische Gesellschaft darin involviert sein könnte, ist unklar. Allerdings wird seit längerer Zeit spekuliert, an wen und wie die Kaufsumme damals geflossen ist. Das „Handelsblatt“ berichtet zudem, wie auch andere Medien, dass Mitarbeiter von Wirecard sich bei den Durchsuchungseinsätzen der Behörden unkooperativ verhalten hätten. Demnach werfen die asiatischen Behörden Mitarbeitern von Wirecard vor, „eine legitime Ermittlung zu beeinflussen und die Kräfte der Polizei zu ersticken“. Wirecard hat zuletzt versucht, beschlagnahmte Dokumente gerichtlich zurückzufordern. Damit hatte man jedoch keinen Erfolg. Zugleich wurde von Unternehmensseite immer betont, dass man mit den Ermittlungsbehörden kooperiere.
Wie bei so vielen anderen Dingen im „Fall Wirecard” lässt sich auch hier kein wirklich sinnvolles Bild aus den ganzen Informationen zusammen setzen - und genau das sorgt für den Druck auf Wirecards Aktienkurs. Dass der Konzern bisher in seiner Informationspolitik keine gute Figur abgibt, kommt hinzu. Nur ein jüngstes Beispiel: Warum man nicht von sich aus von Anfang an darauf hingewiesen hat, dass der Hauptbeschuldigte in der Singapur-Zentrale von Wirecard freigestellt wurde, bleibt das Geheimnis des Unternehmens. Dass der Bericht einer externen Untersuchung der Vorfälle durch die Anwaltskanlzlei Rajah & Tann immer noch auf sich warten lässt, kommt hinzu. Nun heißt es, der Bericht werde in Kürze vorgelegt. Doch schon Anfang Februar hieß es von Wirecard, dass die Arbeiten an dem Report zum großen Teil fertig seien. Dass es, wie „Spiegel Online” berichtet, im Laufe der Arbeiten an dem Bericht zu einem Personalwechsel beim Team der Kanzlei, die den Fall untersucht, gekommen sein soll, wirft auch mehr Fragen als Antworten auf.
Der „Fall Wirecard” bleibt höchst undurchsichtig - und das ist das Problem. Es wird Zeit, dass mindestens der Konzern hier für mehr Transparenz und für Klarheit sorgt - man ist es den Aktionären schuldig. Wie offen Wirecard mit dem anstehenden Untersuchungsbericht umgeht, wird ein erster Gradmesser sein, wie ernst es dem DAX-Konzern mit Aufklärung und transparenter Information der Anleger ist.
Neuer Kursrutsch bei der Wirecard Aktie voraus?
Doch nicht alles, was zuletzt gemeldet wurde, ist wirklich neu. So war schon seit dem Start der Berichtsserie in der „Financial Times” zu den fragwürdigen Geschäftsvorfällen in Wirecards Asien-Aktivitäten klar, dass nicht nur die Tochter in Singapur betroffen ist, sondern Aktivitäten im asiatisch-pazifischen Raum - darunter Indien, ebenso Hongkong und Malaysia. Auch eine andere Meldung, die gestern durch die Börse geisterte, war nichts substanziell Neues: Eine interne Untersuchung von Wirecard habe den beschuldigten Mitarbeiter entlastet, hieß es da - doch das war schon Anfang Februar die Aussage des Konzerns. Die neuen berichte insbesondere im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Ermittlungsbehörden in Singapur belasten die Wirecard Aktie dennoch. An der Börse bleibt die Unsicherheit vorhanden, dass an den Vorwürfen, in Asien habe es illegale Aktivitäten zur Aufblähung der Geschäfte gegeben, etwas dran ist - egal wie deutlich Wirecard bisher dementiert hat, dass dies nicht zutreffe.
Die Unsicherheit sorgt nun für charttechnische Verkaufssignale, die die Unsicherheit weiter verstärken könnten. Am Freitagmorgen notieren die Indikationen für die Wirecard Aktie nur noch bei 109,50/110,20 Euro. Schon gestern gab es nach der „Handelsblatt”-Meldung einen Kursrutsch, den XETRA-Handel hatte der DAX-Wert noch mit 115,10 Euro (-3,03 Prozent) beendet. Damit werden nun charttechnische Unterstützungen zwischen 111,80 Euro und 114,40/115,50 Euro unterschritten. Die obere der beiden Marken war in den letzten Tagen noch die untere Begrenzung der Tradingspanne, die seit dem 25. Februar die Kursentwicklung bei der Aktie weitgehend geprägt hat.
Wir hatten gestern vor den möglichen Risiken eines Shortsignals bei der Wirecard Aktie gewarnt. Auch in Abwesenheit der Leerverkäufer sind aus technischer Sicht weiter deutliche Verluste möglich - vor allem, wenn weiter belastende Berichte in den Medien auftauchen. Selbst ein Sturz zurück an das Tief des „Financial Times Crashs” bei 86 Euro wäre da nicht ausgeschlossen. Mit den Verkaufssignalen kommen nun aber erst einmal weitere Unterstützungsmarken zwischen 106,10/107,85 Euro und 104,25/105,10 Euro ins Visier der Trader. Kommt es zu weiteren Verkaufssignalen, erstrecken sich im Bereich zwischen 98,80/99,85 Euro und 101,10 Euro sowie bei 95,30/97,00 Euro die nächsten Unterstützungszonen. Viele Rückzugsorte vor einem Test des Crash-Tiefs hat die Wirecard Aktie also nicht mehr.